Was haltet ihr vom Kollektivismus?
[...] [B]ei der Beschreibung heutiger gesellschaftlicher Strukturen [wird] oft [der] Begriff des Kollektivismus [verwendet]. Kollektivismus beschreibt die Vorstellung und die daraus abgeleitete politische Ideologie, dass Gruppen von Menschen (beispielsweise Ethnien oder “das Volk”) oder bestimmte, nicht mit einem freien Willen ausgestattete Entitäten (beispielsweise die Nation, das Gemeinwohl) eigene Rechte besäßen, welche durch einen Prozess organisierter Gewalt (beispielsweise durch Gesetzgebung) jene Rechte des Individuums, besonders auf sein Eigentum, aushebeln. In Deutschland drückt sich dies beispielsweise in Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes aus, welcher das Gemeinwohl und damit de facto den Staat zum Erstentscheider über das Recht auf Eigentum macht.
[...] Individualisten und Verteidiger angeborener, gleicher, individueller Rechte. [...] lehnen die Vorstellung genauso ab, dass der Staat Rechte schaffe, wie die, dass Gruppen von Menschen inherente Rechte besäßen, aus welchen sie die Herrschaft über andere Menschen ableiten. Gesellschaftliche Strukturen, welche diese Vorstellung zur Grundlage haben (bspw. der Sozialstaat oder die Demokratie), werden von [Individualisten und Verteidiger angeborener, gleicher, individueller Rechte] aus diesem Grund kritisiert und abgelehnt, wenn diese auf Herrschaft von Menschen über Menschen fußen. Legitim sind solche Strukturen aus [freiheitlicher] Sicht nur dann, wenn sie auf der Freiwilligkeit der Mitglieder gründen. Aus [freiheitlicher] Sicht existieren nur Naturrechte, welche da sind, die Rechte auf Leben, Freiheit und Eigentum. Naturrecht beschreibt den Umstand, dass diese Rechte nicht verliehen werden (bspw. vom Staat), sondern sie von Menschen dann entdeckt werden, wenn sie ihr Zusammenleben nützlicher gestalten wollen.
Ferner ist besonders seit den Forschungen zum Thema des Totalitarismus (Totalitarismus-Theorie), wie sie beispielsweise von der deutsch-jüdischen politischen Theoretikerin Hannah Arendt (*1906 – †1975) betrieben wurde, bekannt, dass der Kollektivismus als politische Ideologie und seine gesellschaftliche Organisation Grundlage für die Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts in Europa und Asian war. [Freiheitliche] sind daher genauso kompromisslose Gegner des Sozialismus und Kommunismus, wie der Vorstellung, dass der Staat über den Rechten des Individuums stünde und eine Art göttliche Naturkonstante sei, die erst das soziale Leben ermögliche (Etatismus). Aus ihrer Ablehnung des Kollektivismus leiten [freiheitliche] Organisation auch ihre Kritik bis Ablehnung der Idee des Staates als Gewaltmonopolisten ab. Gleichzeitig sind [freiheitliche] jedoch auch Voluntaristen (Prinzip der Freiwilligkeit), was bedeutet, dass sie niemanden absprechen eine Gesellschaft kollektivistisch zu begründen, sofern sie dies nicht zu Lasten Dritter tun, die dem nicht ausdrücklich und willendlich zustimmten.
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Quelle : https://die-libertaeren.de/faq/
2 Antworten
Das hängt ganz davon ab, in welchem Bereich wir davon sprechen. Und in welchem Ausmaß.
Im Bezug auf ein gewisses sozialstaatliches Bewusstsein teile ich das. Oder im Bezug auf eine Nation als eine Gemeinschaft der Ähnlichen entgegen dem relativen, liberalen Ansatz.
Ich finde es hier aber extrem wichtig Abgrenzungen und Abstufungen zu machen und teilweise auch nach Einzelfall zu entscheiden - je nach Umstand und Sachlage.
Ich sehe da auch meistens eher ,,Rechte" die sich aus Notwendigkeit zum Erhalt gebildet haben und eben oftmals von einer Gemeinsamkeit (zb ethnische Nation) gegeben waren - aber nicht automatisch determiniert waren oder sind. Muss man eben je nach Thema finde ich gesondert betrachten - vor allem wie ,,radikal" man das hier sieht. Je nach Thema sind da Grenzen zum Extremen fließend.
Der Mensch ist ein widersprüchliches Tier – er verachtet gleichzeitig andere, kann aber nicht ohne sie. Er lebt in Gruppen, weil er muss, und belügt sich mit Idealen wie Vernunft und Moral, um seine Abhängigkeit zu verschleiern. Kollektivismus ist der größte dieser Schleier: ein Mythos, der vorgibt, die Masse sei mehr als die Summe ihrer Teile. Dabei ist es nichts als die Flucht vor der schmerzhaften Realität, dass Autonomie Verantwortung bedeutet – und dass die meisten daran scheitern. Lieber ergibt man sich der Herde, lässt sich treiben, als die Konsequenzen eigener Entscheidungen zu tragen. Der Kollektivismus tötet nicht nur die Freiheit, sondern auch den Respekt vor dem Einzelnen, indem er alles dem Phantom des 'Gemeinwohls' unterordnet. Doch ein radikaler Individualismus ist genauso naiv. Der Mensch braucht andere, um zu überleben, aber was er wirklich braucht, ist ein Eingeständnis dieser Abhängigkeit – ein Liberalismus, der die Bindungen des Lebens anerkennt, ohne sie zu Fesseln zu machen. Alles andere ist zum Scheitern verurteilt.