Sollen sehr traditionell denkende Leute, die gegen Homosexualität sind, nicht besser weg vom Ideal der Liebesheirat?
Ich habe eine Frage, zu der ich etwas weiter ausholen muss und zu der mich eure Meinungen interessieren. Jeder hier darf diese Frage herzlich gern ignorieren oder übergehen. Ich würde aber doch alle, die darauf antworten wollen, herzlich bitten, sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen,, um diesen Untertext vorher vollständig und gründlich zu lesen.
Dass es Menschen gibt, die homosexuell veranlagt sind, weiß man in unserem Kulturkreis ja ungefähr seit 150-160 Jahren. Davor dachte man, dass grundsätzlich alle, die das machen, genauso gut Sex mit dem anderen Geschlecht haben könnten. Und jeder, der was mit einer Person des eigenen Geschlechts hatte, galt als besonders ausschweifend und unmoralisch.
Noch im 19. Jahrundert, vielfach noch im 20. Jahrhundert, heirateten die allermeisten homosexuellen Menschen Partner/innen des anderen Geschlechts. Sehr wahrscheinlich haben die meisten von ihnen, um erregt genug für den Sex mit dem Ehepartner zu werden,, sich irgendwen herbeiphantasiert. Sex mit dem gleichen Geschlecht hatten sie, wenn überhaupt, nur sehr heimlich.
Das Schicksal, den Ehepartner nicht attraktiv zu finden, teilten sie mit sehr vielen Heteros. Denn auch Heteros heirateten meist nicht einfach ihre große Liebe. Vielmehr bestimmten meist die Eltern, mit wem man zusammen kam. Da ging es um Fragen der Absicherung, ebenso wie um strategische Verbindungen zwischen bestimmten Familien. Dass man sich dem Partner oder der Partnerin, an den oder an die man dann lebenslang gebunden wurde, im Herzen innig verbunden fühlte, dass man die Person attraktiv fand, dass man richtig in sie verliebt war, das galt allenfalls als ein nice to have. Aber es war keineswegs eine gesellschaftliche Erwartung. Die gesellschaftliche Erwartung war, dass man Achtung voreinander hatte.
Im 19. Jahrhundert entsteht und verbreitet sich dann zunehmend die Vorstellung, dass innige und auch erotische Liebe idealerweise die Grundlage einer jeden Ehe sein sollte.
Damit entstand natürlich zunächst ein Problem für homosexuelle Menschen, weil sie sich natürlich für eine öffentlich akzeptierte Liebesbeziehung niemanden suchen konnten, den/die sie im erotischen Sinne attraktiv fanden.
Und dementsprechend entstand ja auch in der Zeit die Erkenntnis, dass es so etwas wie eine homosexuelle Veranlagung gibt.
Ich finde, es ist keine schlechte Entwicklung, dass man heutzutage überwiegend Liebe und erotische Zuneigung, wenn auch sicher nicht als einzige, aber doch zumindest als eine wesentliche Grundlage für lebenslange Liebesbeziehungen steht. Und entsprechend finde ich es, wie die große Mehrheit in unserem Land, gut, wenn homosexuelle Menschen Beziehungen mit Personen des gleichen Geschlechts eingehen.
Nach der langen Vorrede aber nun meine Frage:
Leute, die aus religiösen Gründen Homosexuelle Beziehungen ablehnen, sollten die nicht konsequenterweise auch zurückgehen in die Zeiten, wo es das Ideal der Liebesheirat noch nicht gab? Ich erlebe manchmal das Gegenteil, dass sie das Ideal der Liebesheirat geradezu anhimmeln und queere Leute in irgendwelche nicht funktionierende und gefährliche “Konversionstherapieen” drängen.
Dabei könnten Sie es doch viel einfacher haben und wie vor 150 Jahren einfach sagen: in unseren Kreisen bindet sich ein Mann an einer Frau, völlig unabhängig davon, ob die beiden einander attraktiv finden oder nicht.
Was denkt ihr dazu?
1 Antwort
Dummerweise dürfen Frauen ja heutzutage selbst entscheiden ob sie in eine Heirat einwilligen oder nicht. In unserer westlichen Gesellschaft eine Partnerin zu finden, die den gleichen leidenschaftslosen Ansatz verfolgt halte ich zwar nicht für ausgeschlossen aber doch für schwierig.