In was wohnt ihr?
32 Stimmen
7 Antworten
Ziemlich weit weg und trotzdem nah dran. Einöde wär mir noch lieber, aber ich find nix passendes zur Zeit. Abstand zu Nachbarn mindestens zweihundert Meter, das wäre mein Traum: Zwischen mir und den nächsten Menschen nur Bäume, Rehe und Wiesenblumen. Mein Ziel: Brandenburg oder Mecklenburg. Geht aber erst in fünf Jahren....
Ich wohne in einer Kleinstadt mit 9000 Einwohnern. Mein Wohnort nennt sich auch Grafenstädtchen, und es gibt ein reges Kulturleben. Unter anderem gehören wir auch der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte an. Ausserdem findet jedes Jahr ein weit über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Jazzfestival und der Christkindlimärt statt. Neben einer historischen Altstadt thront auf einem Hügel auch ein mittelalterliches Schloss, und bekannt wurde mein Wohnort auch durch die hier fabrizierten Willisauer Ringli.
Mein Dorf ist klein, ruhig und geprägt von einer älteren Bevölkerung, die über Jahrzehnte hinweg ihre eigenen Vorstellungen und Überzeugungen gefestigt hat. Traditionen sind hier stark verankert, und Veränderungen – insbesondere gesellschaftliche – brauchen Zeit. Vor allem das Thema Homosexualität war für viele Bewohner etwas Fremdes, etwas, das sie nicht wirklich verstanden oder sogar falsch einschätzten. Begriffe wie „Gay“ waren ihnen nicht geläufig, und oft wurden Homosexuelle in Gesprächen am Stammtisch oder in der Wirtschaft mit negativen Klischees belegt. Besonders schockierend war für mich, dass einige ältere Menschen Homosexualität mit Pädophilie in Verbindung brachten oder behaupteten, dass homosexuelle Menschen in der Nähe von Kindern nicht sein sollten. Ich hatte das alles nie wirklich mitbekommen oder mir Gedanken darüber gemacht – bis ich eines Tages direkt damit konfrontiert wurde.
Es begann damit, dass mich ein Rentner, den ich nur flüchtig kannte, bat, kurz auf sein Baby aufzupassen, da er seinen Geldbeutel zu Hause vergessen hatte. Ohne groß darüber nachzudenken, willigte ich ein – für mich war es eine einfache, alltägliche Geste der Hilfsbereitschaft. Als er zurückkam, bedankte er sich und sagte etwas, das mir besonders in Erinnerung geblieben ist: „Vernünftige Leute wie dir kann man schon vertrauen.“ In diesem Moment erkannte ich die Chance, ein Gespräch anzustoßen, das vielleicht die festgefahrenen Meinungen in meinem Dorf ändern könnte. Ich sagte ruhig, aber bestimmt: „Ja, ich bin homosexuell. Und wie du siehst, ist nichts passiert – dein Kind ist sicher, und es gibt absolut keinen Grund, Menschen wie mich anders zu behandeln.“
Die Stille, die danach folgte, war fast greifbar. Ich konnte sehen, wie seine Worte und meine Offenheit die anderen Stammtischgäste zum Nachdenken brachten. Es war, als würden sie zum ersten Mal ihre eigenen Vorurteile hinterfragen. Ich erwartete ablehnende Kommentare oder Diskussionen, aber stattdessen wurde das Thema einfach nicht weiter angesprochen. Seit diesem Tag bin ich in meinem Dorf als homosexuell bekannt, doch zu meiner Überraschung hat sich nichts an der Art geändert, wie die Menschen mich behandeln. Ich werde genauso freundlich gegrüßt wie vorher, es wird nicht weiter darüber geredet, und es ist kein Thema. Das zeigt mir, dass sich Meinungen manchmal nicht durch endlose Diskussionen ändern, sondern durch einfache, alltägliche Begegnungen, die Vorurteile unbewusst widerlegen.
Meine Geschichte mag nur ein kleiner Schritt sein, doch sie beweist, dass sich festgefahrene Ansichten durch persönliche Erfahrungen verändern können. Manchmal braucht es nur einen Moment des direkten Konfrontierens mit der Realität, um jahrzehntelange falsche Annahmen zu brechen.
Obwohl man nicht merkt, dass es eine Großstadt ist…
In einer Megastadt würde ich gar nicht wohnen wollen, meine Erfahrungen dahingehend beschränken sich aber auf London und Manila.
Nicht winzig, nicht wirklich groß, aber auch nicht klein.