Gekränkte Männer?
Magdeburg, New Orleans … Allerorten gekränkte Männer, die im Namen der großen Sache Amok laufen. Oder im Männlichkeitswahn? Wie dagegen anzugehen wäre, entschlüsselt Alice Schwarzer: Was wirft solche Männer aus der Bahn? Das kann vieles sein. Der soziale Abstieg. Eine Frau, die geht. Eine Umwelt, die ihr berechtigtes oder wahnhaftes Anliegen nicht ernst nimmt. Prägungen im Krieg: Veteranen, die gelernt haben, an der Front legal zu töten, und die Gewalt dann auch an der Heimatfront für ein Herrenrecht oder eine Konfliktlösung halten. Und zuguterletzt auch so manches Mal unbehandelte, weil unbemerkte neurologische Probleme. Kurzum: Es kann fast jeder Mann in so eine Situation geraten. Und dann ist es eine Frage seiner Sozialisation und seines Umfeldes, wie er reagiert: selbstkritisch oder aggressiv. Es hat weltweit noch keine Frau gegeben, die eine solche Tat begangen hätte. Es handelt sich also um eine Männersache. Um den Männlichkeitswahn. Und den wird der Staat nicht mit noch mehr Absperrungen und Waffen und Polizisten eindämmen können. Im Gegenteil. Der kommt von innen, ganz tief innen. Es hat weltweit noch keine Frau gegeben, die eine solche Tat begangen hätte. Es handelt sich also um eine Männersache. Um den Männlichkeitswahn. Und den wird der Staat nicht mit noch mehr Absperrungen und Waffen und Polizisten eindämmen können. Im Gegenteil. Der kommt von innen, ganz tief innen. Diesmal müsste es eine echte gesellschaftliche Zeitenwende sein. Ein Wertewandel zu einer anderen Zeit. Eine Zeit, in der zum Beispiel keine epidemische, allgegenwärtige Pornographie den Zusammenhang zwischen sexueller Gewalt und erotischem Begehren propagiert. Eine Zeit, in der das Demonstrieren karikaturaler „Männlichkeit“ - Muskeln, Breitbeinigkeit, Gewalt - nicht cool, sondern lächerlich ist. Eine Zeit, in der „Weiblichkeit“ nicht gleichgesetzt wird mit aufgeblasenen Gummipuppen-Lippen und gesundheitsgefährdenden, obszönen Silikonbusen. Eine Zeit, in der Mitgefühl angesagt ist und „Opfer“ kein höhnisches Schimpfwort, sondern ein Hilferuf ist. https://www.emma.de/artikel/gekraenkte-maenner-341525