Ich sage direkt zu Anfang, dass ich kein Experte diesbezüglich bin und alles nur aus zweiter Hand weiß. Trotzdem versuche ich mich mal an einer Einordnung.
Was für Kosten eine Krankenkasse übernehmen muss, wird durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) festgelegt. Bis heute gibt es dabei, soweit mir bekannt, keine expliziten Richtlinien, die sich auf geschlechtsangleichende Maßnahmen und Operationen beziehen. Die Krankenkassen entscheiden die Kostenübernahme daher anhand allgemeiner Richtlinien. Demnach sind Operationen dann zu erstatten, wenn diese einen medizinisch regelwidrigen Zustand in einen regelkonformen bringen.
Wenn dein Blinddarm entzündet ist, ist das regelwidrig. Hilft eine Operation, dass der Blinddarm danach nicht mehr entzündet ist, werden die Kosten übernommen, weil man damit mit hoher Wahrscheinlichkeit einen regelkonformen Zustand erzielen kann. Bei Transmännern und -frauen folgt man dem Gedanken, dass ein Transmann ein Mann und eine Transfrau eine Frau ist. Dieser Mann oder diese Frau haben dann aber „regelwidrige“, körperliche Geschlechtsmerkmale. Also kann eine Erstattung erfolgen, weil man durch die Operationen einen regelkonformen Zustand von Mann oder Frau herstellen kann.
Du merkst aber sicherlich schon wie binär und überholt diese Ideen sind. Sie decken sich vor allem überhaupt nicht mehr mit den heute gültigen Behandlungsrichtlinien für Transpersonen im medizinischen Alltag. Entsprechend war der GBA schon längere Zeit angehalten, eine zeitgemäße Richtlinie zu erlassen. Ist aber bisher nicht passiert. Auch die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag festgehalten, dass man die Kostenübernahme gesetzlich regeln wolle. Ist aber bisher auch nichts passiert.
Haben Transmänner und -frauen häufig schon Probleme, die Kostenübernahme der Krankenkassen durchzusetzen (siehe Beitrag von Fxnn48), ist es nicht-binären Personen häufig gänzlich unmöglich. Die Krankenkassen argumentieren, dass es an einer Definition fehle, wie ein „regelkonformer“ nicht-binärer Mensch zu sein habe. Hat dieser nun eine Brust oder nicht? Man hängt da im Schubladendenken fest.
Nun hat vor einer Weile eine nicht-binäre Person auf Kostenübernahme geklagt und der Fall ging bis vors Bundessozialgericht. Die Klage wurde letztinstanzlich abgewiesen. Die Argumentation folgte aber nicht der bisherigen Praxis, sondern stellte klar, dass geschlechtsangleichende Maßnahmen bei jeglicher Person eine neue Form der Behandlung seien und nicht mit anderen Operationsformen vergleichbar seien, weshalb man die allgemeinen Grundsätze nicht einfach darauf übertragen könne. In der Folge heißt das: folgt man den modernen Behandlungsansätzen, braucht es spezielle Richtlinien für die Kostenübernahme geschlechtsangleichender Maßnahmen. Solange es die nicht gibt, müssen die Krankenkassen aktuell gar nichts übernehmen.
Das Gericht hat die Krankenkassen aufgefordert, zumindest laufende Verfahren weiter nach alten Grundsätzen fortzuführen. Weiterhin hat das Gerichtig den GBA aufgefordert, schnellstmöglich eine passende Richtlinie zu entwickeln.
Ist zur Zeit also leider eine ziemlich blöde Situation. Der Ball liegt im Spielfeld des GBA und solange können die Krankenkassen alle Maßnahmen bei allen Transpersonen ablehnen. Bleibt nur: versuche es bei deiner Krankenkasse, aber wenn die dir nicht entgegen kommen, besteht da vermutlich keine Durchsetzungsmöglichkeit. Ansonsten hilft leider nur abwarten, bis der GBA in die Pötte kommt, oder das Geld privat zusammen zu sammeln.