Hallo,
ich bin selbst Tf bei DB Fernverkehr, so dass ich glaube, dass ich dir deine Fragen ausreichend beantworten kann.
Bestimmt kommst du auf die Frage, weil momentan in den Medien darüber berichtet wird, dass Grube die Lokführer abschaffen will. Das ist totaler Blödsinn! Sicherlich weißt du, dass in Nürnberg eine U-Bahn-Strecke vollautomatisch betrieben wird. Das ist aber wie gesagt eine U-Bahn, die nicht mit der "richtigen" Eisenbahn vergleichbar ist. Die Strecke ist vollkommen vom restlichen Netz abgeschottet und die Züge fahren auf dieser Strecke einfach nur hin und her. Zudem ist die Strecke gegen äußere Witterungseinflüsse geschützt, z. B. kann kein Baum auf den Gleisen liegen und es gibt keine Bahnübergange etc.
Jetzt kommen wir zur Eisenbahn: Dort finden wir im Vergleich zu der Strecke in Nürnberg Mischverkehr vor, welcher aufgrund der verschiedenen Zugarten die Automatisierung erschwert. Erst vor kurzem wurden die letzten Lücken mit dem Basis-Zugbeeinflussungssystem PZB ausgerüstet und vielerorts finden wir noch Formsignale und mechanische Stellwerke vor. Das Schienennetz müsste zur Automatisierung erstmal auf Vordermann gebracht werden - und dazu fehlt das Geld. Wie sollte man denn einen autonomen Zug bezahlen? Fällt der einfach vom Himmel?
Jetzt kommen wir zu den Dingen, die ein Lokführer während der Fahrt Zutun hat: Wenn auf der Strecke nicht schneller als 160km/h gefahren wird, so finden dort in der Regel die PZB (punktförmige Zugbeeinflussung) vor. Dabei fährt der Zug signalgeführt, d. h., dass der Lokführer die an der Strecke aufgestellten Signale beachten muss. Signale in bestimmten Stellungen müssen vom Tf mit der Wachsamkeitstaste bestätigt werden, danach müssen bestimmte Bremskurven und Prüfgeschwindigkeiten eingehalten werden. Der Tf muss die Geschwindigkeiten im Fahrplan (EBuLa) und evtl. La und Befehl beachten. Er fährt vollkommen "händig", nichts passiert von selbst. PZB ist flächendeckend auf dem Netz der DB verbaut. Wenn wir auf eine Strecke fahren, die für mehr als 160km/h ausgelegt ist, werden wir im Regelfall in die LZB oder ETCS (in Deutschland nur Level 2) aufgenommen. Die beiden Zugbeeinflussungssysteme funktionieren ähnlich: Dem Lokführer werden auf den Instrumenten im Führerstand die Führungsgrößen angezeigt. Er fährt dann anzeigegeführt, was bedeutet, dass die Signale entlang der Strecke nicht für ihn gelten. Wenn man jetzt die AFB einschaltet, kann die gefahrene Geschwindigkeit automatisch an die zulässige Geschwindigkeit angepasst werden. Das mag vielleicht in der Theorie wunderbar sein, in der Realität stößt die Technik jedoch schnell an ihre Grenzen. Zudem sollte man bedenken, dass diese Einrichtung auch mal ausfallen kann (die 101er sind dafür nicht ganz unbekannt). Einem sollte auch auch klar sein, dass der Lokführer bei dieser Fahrt die volle Verantwortung trägt.
Kein Zugbeeinflussungssystem entbindet den Tf von der Streckenbeobachtung und Sifa-Bedienung! Man sollte sich auch klar machen, dass der Lokführer-Beruf nicht nur aus Züge fahren besteht - auch die Vor- und Nachbereitung gehört dazu!
Wie viele Schalter und Knöpfe ein Tf innerhalb einer bestimmten Zeit bedienen muss, kann man nicht pauschal sagen. Das ist ganz unterschiedlich.
Ich hoffe, dass ich dir einen kleinen Einblick geben konnte. Wenn du Fragen hast, kannst du mich gerne fragen. :)
Viele Grüße,
DBLokfuehrer