Viele ehemalige Zeugen Jehovas beschäftigen sich auch nach ihrem Ausstieg weiterhin mit ihrer früheren Glaubensgemeinschaft nicht, weil sie innerlich zerrissen wären oder „ihre Sünden nicht unterdrücken“ könnten, wie es in der Frage von vermutlich aktiver Seite unterstellt wird, sondern aus ganz anderen, nachvollziehbaren Gründen.

Gründe warum Menschen die Zeugen Jehovas verlassen (Link):

https://www.gutefrage.net/frage/was-ist-der-grund-warum-betroffene-personen-bei-den-zeugen-jehovas-aussteigen-oder-der-hauptgrund#answer-585363376

Die Zeugen Jehovas prägen ihre Mitglieder oft über viele Jahre hinweg tief , nicht nur im Denken, sondern auch emotional. Die Gemeinschaft beansprucht für sich absolute Wahrheit, isoliert ihre Mitglieder sozial von der Außenwelt und lehrt sie, alles außerhalb als die „böse Welt von Satan“ zu betrachten. Dieser jahrelangen geistigen und emotionalen Manipulation zu entkommen, ist ein intensiver Prozess, der häufig ein religiöses Trauma hinterlässt.

Nicht ohne Grund gibt es weltweit Hilfsorganisationen, die sich speziell um die Aufarbeitung religiöser Traumata ehemaliger Mitglieder solcher Gruppen kümmern.

Wenn Menschen eine solche geschlossene Gemeinschaft verlassen, kämpfen sie oft mit tiefen Verlusten: Familie und Freunde brechen den Kontakt ab, der sogenannte „Kontaktabbruch“ oder „Schuldabwendung“ ist bei den Zeugen Jehovas fest vorgeschrieben, das eigene Weltbild zerbricht, und die Betroffenen müssen sich eine neue Identität und einen neuen Platz im Leben aufbauen.

Das Bedürfnis, sich weiterhin mit der ehemaligen Glaubensgemeinschaft auseinanderzusetzen, entsteht daher nicht aus Schuld oder angeblichen „Begierden“, sondern aus dem tiefen Wunsch nach Aufarbeitung, Heilung und Verständnis, ähnlich wie bei Menschen, die andere Formen schwerer Traumatisierung erlebt haben.

Entgegen der Behauptung, dass der Ausstieg auf "Sünden" zurückzuführen sei, berichten die meisten ehemaligen Zeugen Jehovas, dass gerade ihr Wunsch nach Aufrichtigkeit, Wahrheit und einem ehrlichen Glauben sie dazu brachte, die Organisation zu hinterfragen und zu verlassen. Wäre es lediglich um "Sünde" gegangen, könnten viele einfach verdeckt weiterhin Mitglied bleiben, doch das Gewissen und das Streben nach Wahrheit lassen dies nicht zu.

Zudem geht es vielen ehemaligen Zeugen Jehovas heute darum, Aufklärung zu leisten: Sie möchten der einseitigen Selbstdarstellung der Organisation etwas entgegensetzen, Missstände sichtbar machen und verhindern, dass andere Menschen in dieselbe Falle tappen.

Dieser Wunsch nach Aufklärung ist kein spezielles Phänomen bei den Zeugen Jehovas auch Aussteiger aus anderen sektenartig organisierten Gemeinschaften engagieren sich häufig für Information und Schutz anderer.

Das Auseinandersetzen mit der früheren Glaubensgemeinschaft entspringt nicht innerer Schwäche, sondern ist ein Ausdruck von Stärke, Selbstbestimmung und dem tiefen Wunsch nach Aufarbeitung, Aufklärung und Verantwortungsübernehme.

Mein tiefer Respekt für jeden der das geschafft hat und heute Verantwortung übernimmt.

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Ja, absulut, der Ausspruch „Wir sind in der Wahrheit“ ist bei den Jehovas Zeugen auch heute noch gebräuchlich. Er betont ihre Überzeugung, dass sie die einzig wahre Religion vertreten, die die richtige Auslegung der Bibel bietet. Allerdings gibt es einen bemerkenswerten Widerspruch in diesem Konzept:

Die „Wahrheit“ wird als absolut und unerschütterlich angesehen, außer wenn es um die Führung „leitende Körperschaft“ geht, die diese Wahrheit vermittelt.

Klingt komisch, ist aber so, denn die Fuhrung darf sich irren, obwohl sie gleichzeitig als die einzigen auf der Welt gelten, die den „wahren“ Gotteswillen kennen. Diese widersprüchliche Haltung, dass die „Wahrheit“ selbst unveränderlich ist, aber die Führung Fehler machen kann, führt zu einer gewissen Absurdität. Trotzdem bleibt der Grundgedanke der Zeugen Jehovas bestehen, dass nur sie in der „Wahrheit“ sind und das nur ihre Führung diese bestimmen darf/kann.

Ein wichtiger Punkt, den man aber nicht übersehen sollte:

Alle Religionen, besonders monotheistische, beanspruchen einen Wahrheitsanspruch, da sie glauben, die „richtige“ Deutung des Göttlichen oder der religiösen Lehren zu vertreten. Der Unterschied zum absoluten Wahrheitsanspruch der Jehovas Zeugen liegt jedoch in der Art und Weise, wie dieser Anspruch umgesetzt wird. Bei den Jehovas Zeugen wird die „Wahrheit“ nicht nur als ihre eigene Interpretation der Bibel verstanden, sondern als die einzig wahre und unveränderliche Wahrheit auf der ganzen Welt. Im Gegensatz zu vielen anderen religiösen Gruppen, die ihre Lehren an die Zeit und die Gegebenheiten anpassen oder offen für Diskussionen und Entwicklungen sind, wird bei den Jehovas Zeugen jede Abweichung von der offizellen Lehre ihre Führung als „falsch“ betrachtet, nur die Führe durfen das "Licht heller" werden lassen.

So bleibt der Wahrheitsanspruch der Jehovas Zeugen im Vergleich zu anderen Religionen besonders rigide und dogmatisch, da er das Bild einer allwissenden und unfehlbaren religiösen Führung aufrechterhält, während in anderen Glaubensgemeinschaften die Vorstellung von „Wahrheit“ flexibler und eher im Kontext der kontinuierlichen Suche nach Verständnis und Wahrheit verstanden wird.

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Historisch gesehen sind die Sieben-Tags-Adventisten den Jehovas Zeugen am nächsten, besonders, weil die Zeugen Jehovas direkt aus einem Umfeld hervorgegangen sind, das von den Milleriten beeinflusst wurde, einer religiösen Bewegung, die eng mit den Anfängen der Adventisten verbunden war. Doch wenn es um die aktuellen Praktiken geht, kommen die Shincheonji-Lehren den Zeugen Jehovas besonders nahe. Es gibt Hinweise darauf, dass Shincheonji (die Kirche Jesu Christi, Tempel des Zeltes des Zeugnisses) sich in gewisser Weise von den Jehovas Zeugen inspirieren ließ, insbesondere in Bezug auf bestimmte Glaubenspraktiken und organisatorische Merkmale. Darüber hinaus gibt es auch Parallelen zu den Christadelphians, einer religiösen Gruppe, die in ihrer Lehre von Jesus Christus und dem Endzeitgedanken ähnliche Vorstellungen wie die Zeugen Jehovas verfolgt. Alle diese Gruppen teilen eine starke Apokalyptik, einen exklusiven Wahrheitsanspruch und eine Betonung auf strikte Gemeinschaftsregeln, was sie von anderen christlichen Denominationen unterscheidet.“

1.) Shincheonji (Kirche Jesu, Tempel des Zeltes des Zeugnisses)

https://de.wikipedia.org/wiki/Lee_Man-hee_(Shincheonji)

https://www.gutefrage.net/frage/was-ist-die-schlimmste-sekte-die-es-gibt#answer-554551751

Parallelen zu Jehovas Zeugen:

  • Exklusiver Wahrheitsanspruch: Wie Jehovas Zeugen behauptet auch Shincheonji, die einzige wahre religiöse Bewegung zu sein, durch die Gottes Wille heute auf Erden verkündet wird.
  • Apokalyptisches Denken: Beide glauben an das nahe bevorstehende Ende der Welt und die Errettung der "wahren Gläubigen".
  • Autoritäre Führung: Beide haben eine starke, zentrale Führung. Shincheonji wird von Lee Man-hee, der als "der verheißene Pastor" gilt, geführt, während Jehovas Zeugen von der "leitenden Körperschaft" geführt werden.
  • Abgrenzung von anderen Kirchen: Beide lehren, dass andere religiöse Gruppen in die Irre führen und Teil von „Babylon die Große“ (dem Symbol für die falsche Religion) sind.
  • Missionierung: Beide Gruppen betreiben aktive Missionierung, wobei Shincheonji eine verdeckte Rekrutierung betreibt, ähnlich wie Jehovas Zeugen.

Größte Unterschiede zu Jehovas Zeugen:

  • Zentrale Prophetengestalt: Shincheonji hat einen lebenden „Propheten“ (Lee Man-hee), der direkt die „Wahrheit“ empfängt und interpretiert, was bei Jehovas Zeugen nicht der Fall ist. Jehovas Zeugen lehnen die Idee eines lebenden Propheten ab und betonen aber die Autorität ihrer leitenden Körperschaft.
  • Die Interpretation der Bibel: Shincheonji legt großen Wert auf eine spezifische Deutung der biblischen Offenbarung und glaubt, dass sie ein „neues“ Verständnis der Bibel hat, das Jehovas Zeugen nicht teilen.

2.) Adventisten (Sieben-Tags-Adventisten)

https://de.wikipedia.org/wiki/Adventisten

Parallelen zu Jehovas Zeugen:

  • Apokalyptisches Denken: Beide Gruppen glauben, dass das Ende der Welt bevorsteht und dass nur ihre Anhänger gerettet werden.
  • Betonung des Sabbats: Beide haben besondere religiöse Praktiken, die sie von anderen christlichen Gruppen unterscheiden. Die Adventisten betonen den Samstag als den heiligen Tag der Ruhe, während Jehovas Zeugen den Sonntag ablehnen, jedoch keinen spezifischen Tag für den Sabbat betonen, sondern generell einen höheren ethischen Lebensstil predigen.
  • Strikte Verhaltensregeln: Beide Gruppen haben strenge ethische und moralische Verhaltensregeln, die das tägliche Leben ihrer Mitglieder bestimmen, darunter Diätvorschriften und ein starkes Ablehnen von Konsumgewohnheiten, die als ungesund oder sündhaft angesehen werden.
  • Exklusivität: Beide Gruppen behaupteten, dass nur sie die wahre, unverfälschte Lehre der Bibel vertreten.

Ursprung und Lehren: Jehovas Zeugen entstanden direkt aus einer Abspaltung der Adventisten, insbesondere aus dem Umfeld der „Milleriten“ in den 1870er Jahren. Die Zeugen Jehovas haben jedoch die Lehren und Schriften von Charles Taze Russell und später der „leitenden Körperschaft“ entwickelt, während Adventisten ihre Lehren hauptsächlich auf die Schriften von Ellen G. White stützen.

Größte Unterschiede zu Jehovas Zeugen:

  • Christologische Unterschiede: Adventisten glauben an die traditionelle christliche Dreifaltigkeit (Vater, Sohn, Heiliger Geist), während Jehovas Zeugen die Dreifaltigkeit ablehnen undesus nur als „geschaffene“ Figur ansehen.
  • Zukunftsperspektive: Adventisten setzen einen größeren Fokus auf den „zweiten Advent“ Christi und weniger auf die Vorstellung von einem völlig neuen, abgeschlossenen irdischen Paradies, das die Zeugen Jehovas predigen.

Die Sieben-Tags-Adventisten haben sich in den letzten Jahrzehnten stark geöffnet und modernisiert, sowohl in ihrer theologischen Haltung als auch in ihrer Beziehung zu anderen religiösen Gruppen und zur Gesellschaft. Diese Öffnung und Flexibilität stellt einen markanten Unterschied zu den Jehovas Zeugen dar, die weiterhin eine strikte Trennung von der Welt und einen konservativen, dogmatischen Ansatz in Bezug auf ihre Lehren und Praxis verfolgen.

3.) Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage)

https://de.wikipedia.org/wiki/Mormonen

Parallelen zu Jehovas Zeugen:

  • Exklusiver Wahrheitsanspruch: Mormonen und Jehovas Zeugen glauben, dass ihre Gemeinschaft die einzige wahre „Kirche“ oder „Organisation“ Gottes auf Erden ist.
  • Gesetzestreue: Beide Gruppen verlangen von ihren Anhängern eine strenge Lebensweise und ein konsequentes Halten von religiösen Gesetzen.
  • Missionierung: Mormonen und Jehovas Zeugen sind bekannt für ihre umfangreiche Missionstätigkeit und versuchen, die Welt zu bekehren.

Größte Unterschiede zu Jehovas Zeugen:

  • Schriften und Offenbarung: Mormonen glauben an das Buch Mormon und andere heilige Schriften (wie die Lehren und Bündnisse), die von Joseph Smith verfasst wurden, während Jehovas Zeugen nur die Bibel als heiliges Buch anerkennen, wenn auch in ihrer eigenen Übersetzung.
  • Christologische Unterschiede: Mormonen glauben an ein völlig anderes Verständnis von Gott und Jesus Christus, insbesondere, dass Gott der Vater ein irdischer Mensch war, der später „vergöttlicht“ wurde, was bei Jehovas Zeugen eine Ketzerei ist. Zeugen Jehovas haben eine starke Ablehnung der Mormonen-Lehren über Gott.
4.) Christadelphians (Christadelphen)

https://de.wikipedia.org/wiki/Christadelphian

Parallelen zu Jehovas Zeugen:

  • Exklusiver Wahrheitsanspruch: Wie Jehovas Zeugen glauben auch die Christadelphians, dass ihre Gemeinschaft die wahre Kirche Gottes ist und dass andere religiöse Gruppen falsch sind.
  • Apokalyptisches Denken: Beide Gruppen glauben, dass das Ende der Welt bevorsteht und dass nur ihre Mitglieder gerettet werden.
  • Ablehnung der Trinität: Christadelphians und Jehovas Zeugen lehnen beide die klassische christliche Lehre der Trinität ab und vertreten die Ansicht, dass der Heilige Geist keine eigenständige Person innerhalb der Gottheit ist.
  • Missionierung: Beide Gruppen sind für ihre aktive Missionstätigkeit bekannt und versuchen, Mitglieder zu gewinnen und die Welt zu bekehren.

Größte Unterschiede zu Jehovas Zeugen:

  • Christologie: Christadelphians lehren, dass Jesus Christus der Sohn Gottes und der Messias ist, aber sie glauben, dass er ein Mensch war, der durch den Heiligen Geist gesalbt wurde, im Gegensatz zu Jehovas Zeugen, die die Göttlichkeit Jesu auf eine „geschaffene“ Figur beschränken.
  • Verhältnis zur Bibel: Christadelphians halten eine strikte und wortgetreue Auslegung der Bibel für wichtig, während Jehovas Zeugen eine eigene Bibelübersetzung (die Neue-Welt-Übersetzung) verwenden und deren Interpretation von den Leitlinien der „leitenden Körperschaft“ bestimmt wird.
  • Eschatologie: Während beide Gruppen apokalyptische Vorstellungen haben, setzen die Christadelphians den Fokus eher auf das bevorstehende Königreich Gottes und die Erneuerung der Erde, während Jehovas Zeugen den Fokus stärker auf ein irdisches Paradies nach der Vernichtung der Ungläubigen legen.
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Es gibt keine repräsentativen Statistiken darüber, wie viele Menschen, die einen sogenannten „Bibelkurs“ bei den Zeugen Jehovas beginnen, diesen tatsächlich bis zum Ende durchlaufen oder vorzeitig abbrechen. Was es jedoch gibt, sind zahlreiche subjektive Erfahrungsberichte , sowohl von aktiven als auch von ehemaligen Zeugen Jehovas.

Diese „Bibelkurse“ haben mit einem klassischen Bibelstudium nur wenig gemein. Die Bibel spielt darin eine untergeordnete Rolle: Sie wird nicht im Gesamtzusammenhang gelesen oder kritisch reflektiert, sondern dient hauptsächlich als Zitatquelle, um ausgewählte Verse zur Bestätigung der bereits vorgegebenen Lehren heranzuziehen.

Im Mittelpunkt steht stets ein hausinternes Begleitbuch, das in Lektionen aufgebaut ist und Schritt für Schritt die spezifische Theologie der Zeugen Jehovas vermittelt. Die Inhalte sind nicht offen zur Diskussion, sondern werden als alternativlos und absolut wahr präsentiert, es geht um Annahme, nicht um Erkenntnis.

Ein häufiger Grund für den Abbruch ist auch die soziale Erwartungshaltung:

Wer den Kurs fortsetzt, bekommt früh den Eindruck, sich auf einen klaren Pfad begeben zu müssen, hin zur Taufe und vollständigen Integration in die Gemeinschaft. Der Druck, sich nach und nach vollständig anzupassen, steigt stetig.

Stagnation, Rückzug, Zweifel oder eigenständiges Denken werden im Verlauf des Buchkurses oft als „Mangel an geistigem Fortschritt“ interpretiert. Das erzeugt subtilen, aber konstanten Anpassungsdruck, der viele früher oder später zum Abbruch bewegt.

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Ich kann dein Gefühl gut nachvollziehen und ja, viele kennen das. Es ist ein bisschen wie nach dem Ende einer toxischen Beziehung: Man weiß eigentlich, dass es einem nicht gutgetan hat, aber trotzdem gibt es diese leise Stimme im Kopf, die sagt: „Was, wenn es doch richtig war? Was, wenn ich den Fehler gemacht habe? Werde ich jetzt alleine bleiben?“

Besonders bei Gruppen wie den Zeugen Jehovas ist es schwer, weil einem von klein auf beigebracht wurde, dass alles außerhalb gefährlich, falsch oder sogar von Satan beeinflusst sei. Diese Angst sitzt tief. Und das ist keine Schwäche von dir das ist das Ergebnis gezielter, emotionaler Manipulation, die bei vielen lange nachwirkt.

Die gute Nachricht ist: Ja, es wird besser. Das Herz braucht oft länger als der Verstand, aber es holt auf. Mit der Zeit und manchmal mit professioneller Unterstützung wird dieses „Was-wenn-Gefühl“ leiser. Du bist nicht allein damit. Und es ist kein Zeichen dafür, dass du zurückmusst, sondern ein ganz normaler Schritt im Verarbeitungsprozess.

Hier ein paar Links, bei denen du Unterstützung findest und dich mit Gleichgesinnten austauschen kannst:

https://betesda-hilft.de/

https://jz.help/hilfe/

https://sekten-info-nrw.de/

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Die Frage ist natürlich berechtigt, aber ich frage mich, warum man immer gleich Superlative wie „bestialische Vernichtung“ verwenden muss. Das ist unnötig provokant und zeigt, dass die Frage wohl kaum objektiv gemeint war.

Ich verstehe, dass manche Menschen (gerade ehemalige Mitglieder) einen berechtigten Groll gegen die Gemeinschaft hegen. Auch ich werde hier im Forum regelmäßig von aktiven Zeugen Jehovas angegriffen oder provoziert und reagiere dann leider auch nicht immer freundlich. Aber wenn es um sachliche Aufklärung geht, ist so eine Formulierung meiner Meinung nach eher kontraproduktiv also lass uns doch gemeinsam daran arbeiten.

Zur Frage selbst:

Nach meiner Erfahrung verdrängen die meisten Zeugen Jehovas diesen Teil ihrer Lehre eher. Sie beruhigen sich mit Aussagen wie „Jehova schaut ins Herz“ und glauben, dass nur die wirklich bösen Menschen vernichtet werden.

Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass nicht nur Zeugen Jehovas überleben was allerdings nicht ganz der offiziellen Lehre entspricht. Wenn Jehova ohnehin nach dem Herzen urteilt, wäre der gesamte Predigtdienst eigentlich überflüssig, eine Art Beschäftigungstherapie. Aber solche Gedanken werden meist gar nicht zu Ende gedacht; da greift dann die kognitive Dissonanz.

Es gibt sicher auch Zeugen, die einen tiefen Hass auf alles außerhalb ihrer Gemeinschaft empfinden, besonders auf Menschen, die Kritik äußern. Solche Personen stellen sich womöglich ganz konkret vor, wie „schön“ Harmagedon wird.

Ich verweise da gerne auf ein JW Broadcasting-Video, in dem Anthony Morris, ein damaliges Mitglied der leitenden Körperschaft, grinsend davon spricht, wie gerne er „Abgefallene brennen sehen“ würde und zur Veranschaulichung selbst Streichhölzer entzündet. Das ist radikal und extrem erschreckend.

Aber ich glaube, das ist eher die Ausnahme. Die Mehrheit verdrängt solche Gedanken oder konzentriert sich lieber auf die Vorstellung vom eigenen „Paradies auf Erden“ danach.

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Ich denke, es gibt mehrere Szenarien.

Das, was für mich derzeit am realistischsten erscheint, ist eine Stagnation.

Die Führung die sogenannte „Leitende Körperschaft“  hält weitgehend am bestehenden System fest: absolute Autorität, keine echte Offenheit, kaum oder gar keine Reformbereitschaft.

In westlichen Ländern schrumpft die Organisation zunehmend, während sie in strukturschwachen Regionen weiter wächst durch aggressive Missionstätigkeit und das gezielte Ansprechen von Menschen in schwierigen Lebenssituationen. In den wohlhabenderen Ländern hingegen wird sie immer mehr als sektenartig, weltfremd und veraltet wahrgenommen.

Vor allem jüngere Mitglieder wenden sich langsam, aber stetig ab. Manche kehren ihr noch den Rücken, andere bleiben aus Angst oder familiären Gründen. Kurzfristig könnten globale Unsicherheiten nochmal kleinere Wachstumsimpulse bringen aber der generelle Trend bleibt stagnierend bis rückläufig.

So bleibt eine Organisation bestehen, die zwar weltweit aktiv ist, aber kulturell und geistig zunehmend isoliert wirkt.

Dieses Szenario scheint gegenwärtig das wahrscheinlichste zu sein.

Ein weiteres und das wünschenswerteste Szenario wäre eine Reformation, ähnlich wie sie in Teilen bei den Adventisten stattgefunden hat.

Einige Führungspersonen erkennen: Der bisherige Kurs ist langfristig nicht haltbar. Reformen setzen ein mehr Transparenz, ein anderer Umgang mit Kritik, eine Entstigmatisierung von Zweifeln, Kritik und Ausstieg.

Die Gemeinschaft wandelt sich zu einer moderaten, spirituellen Bewegung mit biblischer Ausrichtung, aber ohne sektenhafte Kontrolle. Das Kollektiv bleibt bestehen, aber mit einem offeneren, menschlicheren Charakter so, wie es bei vielen Adventistengemeinden heute bereits der Fall ist.

Ein weiteres Szenario wenn auch weniger wahrscheinlich, wäre das eines langsamen Ausblutens.

Es kommt weder zu großen Skandalen noch zu tiefgreifenden Reformen. Vielmehr verlaufen die Veränderungen leise durch schleichendes Abwandern, altersbedingtes Wegsterben und das Ausbleiben einer nachrückenden Generation.

Der harte Kern bleibt bestehen, aber die Substanz schwindet. Die Organisation existiert weiter  jedoch als Randgruppe mit geringer gesellschaftlicher Relevanz. So ist es auch bei Bewegungen wie den Christadelphians, den Shakern oder den Milleriten geschehen.

Solch ein Prozess könnte jedoch stark beschleunigt werden, wenn Skandale etwa weitere sexueller Missbrauch, Vertuschung, Finanzintransparenz öffentlich werden und sich gleichzeitig eine kritische Masse über Plattformen wie YouTube, TikTok und Podcasts usw. vernetzt und Gehör verschafft.

Denkbar, wenn auch aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich, wäre ein Szenario der Radikalisierung.

Die Organisation zieht sich immer weiter aus der Öffentlichkeit zurück, wird misstrauischer, autoritärer, extremer. Mitglieder kapseln sich stärker ab, leben ganz „in der Wahrheit“ und immer stärker gegen „die Welt“. Aussteiger werden strikter behandelt, Kritiker gelten als Feinde Jehovas. Die apokalyptische Rhetorik wird verschärft, um die Bindung an die Gruppe zu festigen.

Ein solches Szenario wäre vergleichbar mit Entwicklungen bei Gruppen wie Scientology also ein Rückzug in die Ideologie, mit wachsender Kontrolle und zunehmender Abschottung.

Ich hoffe, dass es zu Reformen kommen wird. Die Adventisten, die historisch eng mit den Zeugen Jehovas verbunden sind, könnten ein gutes Vorbild dafür sein. Aber ohne einen gewissen Druck von außen, wird es vermutlich zu keinen größeren Reformen kommen.

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Zeugen Jehovas stellen sich ein Paradies auf der Erde vor:

Eine für sie perfekte Welt ohne Krankheit, Alter, Tod, Krieg, Umweltzerstörung. Die Menschen leben in Harmonie mit Tieren (Löwen, Lämmer, Kinder). Alle sind „gerecht“ und leben nach Gottes Maßstab. Es gibt keine bösen Einflüsse mehr, keine Kriminalität, kein Leid. Ewiges Leben.. ohne Ende? Nicht ganz…

Nur für die Dauer des 1000-jährigen Königreiches Christi. Denn danach am Ende dieser tausend Jahre wird Satan noch einmal freigelassen, um die Menschen auf die Probe zu stellen. Wer sich dann gegen Gott stellt, wird endgültig vernichtet. Erst danach folgt das endgültige Paradies:

Die vollkommene Menschheit lebt für immer auf der Erde in Frieden und Eintracht.

Aber:

Ein „universelles Paradies“, das allen gefallen soll, setzt voraus, dass alle Menschen im Kern gleich ticken. Und das tun sie eben nicht. Was, wenn jemand Freiheit, Vielfalt oder Kreativität liebt und das System im Paradies wirkt stattdessen starr, kontrolliert, eintönig?

Was, wenn ewiges Leben in einem „perfekten“ Zustand irgendwann einfach langweilig oder sogar unerträglich wird?

Die Zeugen Jehovas umgehen diesen Widerspruch oft mit dem Satz:

„Wenn du erst einmal im Paradies bist, wirst du Gottes Maßstäbe vollständig übernehmen und nur noch das wollen, was gut und richtig ist.“

Aber genau das wirft tiefgreifende Fragen über Identität und freien Willen auf.

Stell dir vor, du wachst in einer perfekten Welt auf. Alles ist friedlich. Die Sonne scheint jeden Tag mild vom Himmel.

Es gibt keine Verbrechen, keine Krankheiten, keine Umweltprobleme. Alle Häuser sind weiß, mit gepflegten Gärten voller Rosen. Die Straßen sind sauber. Kein Lärm, keine Unordnung. Alle Menschen sind höflich, freundlich, ordentlich gekleidet. Man trifft sich zum Bibelstudium, singt gemeinsam Lieder. Keiner widerspricht. Niemand zweifelt. Die Natur ist da aber gezähmt. Keine wilden Wälder. Keine Insekten. Keine Überraschungen. Technologie ist reduziert. Kunst ist dekorativ, aber harmlos. Diskussionen über Politik, Religion oder Philosophie? Gibt es nicht – es gibt nur eine Wahrheit. Alle arbeiten im Garten, lesen in der Bibel. Niemand ist anderer Meinung. Keine Diskussionen....

Klingt erstmal... ruhig, oder?

Doch dann bedeutet diese „perfekte Welt“:

  • Kein Raum für deinen Selbstausdruck.
  • Keine Fehler, keine echte Entwicklung.
  • Keine Reibung = keine echte Begegnung.
  • Du darfst nicht du sein.

Identitätsverlust im Namen der Vollkommenheit.

Das eigentliche Versprechen war:

„Du wirst ewig leben.“

Aber das, was du bist, muss vorher sterben oder angepasst werden. Damit du „harmonisch“ wirst. Damit du reinpasst.

Und genau das ist der Punkt:

Ein Paradies, das nur funktioniert, wenn alle gleich werden, ist kein Paradies. Es ist ein sanftes Gefängnis mit ewiger Aussicht...

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Du hast schon mal eine ähnliche Frage gestellt

Darf man als Christ sein Vaterland verteidigen? (Christentum, Gott, Bibel) - gutefrage

Ich finde meine damalige Antwort auch für deine jetzigen Frage zutreffend:

Das ist eine sehr tiefgehende Frage, die Christen seit Jahrhunderten beschäftigt. Jesus selbst hat keine eindeutige Regel zum Kriegsdienst formuliert, aber seine Lehren tendieren stark zu Gewaltlosigkeit („Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen“ Matthäus 26,52). Dennoch gibt es im Christentum keine einheitliche Haltung zur Verteidigung des eigenen Landes oder zur Selbstverteidigung.

Kirchenvater Augustinus von Hippo formulierte die Lehre vom gerechten Krieg, die besagt, dass Krieg unter bestimmten Bedingungen etwa zur Verteidigung, ethisch vertretbar sein kann.

Würde man sich verteidigen, wenn jemand mit Gewalt das eigene Haus und Hab und Gut nehmen möchte? Würde man seine Frau und Kinder mit Gewalt schützen?

Nicht weit von hier, in der Ukraine, ist diese Frage tägliche Realität.

Versetzt man sich selbst in diese Lage: Ein anderes Land greift deine Heimatstadt an, Soldaten besetzen dein Haus, nehmen dir alles, was du hast, und vergewaltigen vielleicht sogar deine Frau und Kindern.

Wenn es niemanden gäbe, der bereit wäre, sein Heimatland zu verteidigen, dann wäre ein solches Szenario auch in unserer westlichen Welt tägliche Realität. Wenn niemand bereit ist, seine Heimat zu schützen, öffnet das Tür und Tor für Unterdrückung, Gewalt und Zerstörung.

Wenn ein Land keine eigene starke Verteidigung hat, läuft es leider Gefahr, von einer fremden Macht dominiert oder besetzt zu werden. Es wäre schön wenn es anderes wäre aber leider ist das die Realität.

Einige Christen lösen dieses Dilemma für sich, indem sie sagen: "Ich diene nicht aus Hass oder Aggression, sondern um andere zu schützen." Das ist ein gewaltiger Unterschied. Die Intention, mit der man handelt, ist entscheidend.

Der Frieden, in dem wir leben, ist nicht selbstverständlich. Vielleicht sind es gerade jene Menschen, die bereit sind zu schützen, die diesen Frieden letztlich ermöglichen.

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Jesus sagt das im Kontext seines Verhörs vor Pilatus, also gegenüber einem römischen Machthaber. Er macht damit klar: Ich bin keine Bedrohung für die weltliche Ordnung, mein Reich funktioniert auf einer anderen Ebene.

Es geht nicht um Gewalt, Macht oder Waffen, sonst hätten seine Jünger für ihn gekämpft. Das Zitat aus Johannes 18,36 – „Mein Königreich ist kein Teil dieser Welt...“ zeigt sehr deutlich:

Jesus kam nicht, um ein politisches oder militärisches Reich aufzubauen. Sein Reich ist geistlicher Natur, es geht um das Herz, das Gewissen und die persönliche Beziehung des Menschen zu Gott, nicht um irdische Herrschaftssysteme. Darum sollten Staat und Religion auch immer voneinander getrennt agieren.

Gerade für Christen bedeutet das bis heute: Sie sollen sich nicht in Gewalt, Krieg oder politische Machtspiele verwickeln lassen, sondern Gottes Maßstäbe leben, unabhängig vom System der Welt.

Allerdings: Jesus zog sich nicht aus der Welt zurück.Er wirkte mitten unter den Menschen, heilte, tröstete, stellte soziale und religiöse Missstände infrage.

Er sagte auch:

„Ihr seid das Licht der Welt… So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“
(Mt 5,14–16)

Christen sollen also sehr wohl einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben, sichtbar und aktiv. Jesus macht klar: Sein Reich hat keinen Ursprung in der gefallenen Weltordnung. Es ist kein Reich von Macht, Gewalt oder Unterdrückung.

Aber er sagt nicht, dass seine Nachfolger sich aus allem zurückziehen sollen.

„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst.
Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Wie du mich in die Welt gesandt hast, habe auch ich sie in die Welt gesandt.“
(Joh 17,15–18)

Das widerspricht jeder Form von Abschottung, dem Meiden jeglichen Kontakts zur „Welt“ oder der Entziehung von Mitverantwortung. Jesus betet bewusst dafür, dass seine Jünger in der Welt bleiben, aber anders handeln als die Welt.

Politische Neutralität im Sinne von Gewaltlosigkeit und Gerechtigkeit ist sicher richtig aber bedeutet sie automatisch totale Passivität gegenüber Ungerechtigkeit oder gesellschaftlichem Engagement? Ganz sicher nicht.

Wenn man „kein Teil dieser Welt“ zu wörtlich versteht, kann das schnell zu einer Haltung führen, bei der man sich aus allem zurückzieht und dabei vergisst, für andere da zu sein.

Für alle, nicht nur für Mitglieder der eigenen Gemeinschaft oder Religion.

(Lukas 5,30–32)
„Warum esst ihr mit Zöllnern und Sündern?
Jesus antwortete: Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken.
Ich bin gekommen, Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht Gerechte.“

Echte Nachfolge Jesu bedeutet eben nicht nur „neutral bleiben“, sondern aktiv Gutes tun auch und gerade in dieser Welt.

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Ich finde, man kann sich über theologische Lehren durchaus uneins sein – das gehört zu einem offenen Diskurs einfach dazu. Als peinlich würde ich theologische Auslegungen aber nicht bezeichnen, schließlich glauben viele Menschen aufrichtig daran und verknüpfen diese Lehren eng mit ihrer eigenen Identität, dies ist grade bei so geschlossen Sondergemeinschaften wie den zeugen Jehovas der Fall.

Zudem ist es ganz normal, dass Religionen ihre Lehren und Dogmen im Laufe der Zeit anpassen oder überdenken. Problematisch wird es allerdings dann, wenn eine Glaubensgemeinschaft regelmäßig falsche Vorhersagen oder Auslegungen macht, sich dabei aber selbst als einzige wahre Religion und als alleinigen Kanal Gottes darstellt. Wer so hohe Ansprüche an andere stellt, sollte sich selbst auch an denselben Maßstäben messen lassen. Leider ist das bei den Zeugen Jehovas oft nicht der Fall.

Andere Religionen werden von ihnen scharf kritisiert und als Teil von „Satans System“ bezeichnet, das angeblich bald vernichtet werden soll. Sie selbst sehen sich als die einzig wahren Diener Gottes. Doch wenn sich ihre eigenen Lehren oder Prophezeiungen als falsch herausstellen, wird das schnell relativiert, heruntergespielt oder auf die „menschliche Unvollkommenheit“ geschoben. Das ist schon eine ziemlich offensichtliche Doppelmoral.

Aber kommen wir zur eigentlichen Frage zurück: Ich möchte wie gesagt gar nicht zu sehr auf einzelne theologische Lehren eingehen, aber eine Lehre empfinde ich tatsächlich als fast schon eine Beleidigung der Intelligenz ihrer eigenen Mitglieder: die sogenannte „Lehre von der überlappenden Generation“.

Jahrzehntelang verkündete die Führung der Zeugen Jehovas (die sogenannte „Leitende Körperschaft“), dass die Generation, die 1914 lebte, „nicht vergehen“ werde, bevor Harmagedon kommt. Mittlerweile ist allerdings niemand mehr am Leben, der 1914 bewusst miterlebt hat. Um das ursprüngliche Narrativ dennoch aufrechterhalten zu können, wurde eine neue Theorie eingeführt: die „überlappende Generation“.

Dabei handelt es sich um eine kreative, aber völlig unbiblische Konstruktion, bei der sich zwei Generationen , die eine mit Menschen, die 1914 lebten, und eine jüngere, die mit diesen „überlappt“ , zeitlich überschneiden. Dadurch kann man das Ende immer weiter hinausschieben. Eine Art Endzeit-Gummiband, das sich beliebig dehnen lässt.

Diese Theorie erinnert entfernt an das „Overlapping Generations Model“ aus der Volkswirtschaft , nur dass hier weder der Zusammenhang noch die Anwendung Sinn ergibt. Das Erklärvideo von David Splane, einem Mitglied der Leitenden Körperschaft, wirkt dabei schon recht hilflos. Man fragt sich unweigerlich: Glaubt das wirklich jemand? Oder klingt das eher wie eine Notlösung, um eine längst überholte Prophezeiung künstlich am Leben zu halten?

Das eigentliche Problem liegt tiefer: Die Organisation muss am Jahr 1914 festhalten, weil sich daraus ihr gesamter Anspruch auf göttliche Legitimation ableitet. Nur mit der Berechnung rund um 1914 kommt man zum Jahr 1919 dem Jahr, in dem sie sich selbst als den „treuen und verständigen Sklaven“ (also Gottes Sprachrohr auf Erden) eingesetzt sehen.

Deshalb wurde diese absurde Theorie der „überlappenden Generation“ erfunden. Praktischerweise kann man sie beliebig erweitern: die überlappende Generation, die die überlappenden überlappt hat, die wiederum von einer weiteren überlappt wird ... und so weiter. Bibeltreue Auslegung sieht jedenfalls anders aus.

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Erstmal: Ja, es wird seitens der Zeugen Jehovas ganz klar versucht, gutefrage.net als Propagandaplattform zu nutzen. Verglichen mit ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sind hier auffällig viele aktive Mitglieder der Gemeinschaft unterwegs. Das legt nahe, dass gezielt daran gearbeitet wird, dieses Forum für missionarische oder imagepflegende Zwecke einzusetzen.

Ob das zentral von der Organisation koordiniert ist oder sich einfach Einzelpersonen bzw. lose Gruppen zusammengetan haben, lässt sich als normaler User schwer sagen. Ich glaube allerdings nicht, dass gutefrage.net bewusst mitwirkt oder diese Tendenz absichtlich fördert. Im Rahmen der Meinungs- und Religionsfreiheit ist es extrem schwierig, Beiträge zu löschen, selbst wenn sie manipulativ oder einseitig sind.

Zum Glück gibt es auf dieser Plattform auch viele ehemalige Zeugen Jehovas und kritische Stimmen , mich eingeschlossen. Ohne diesen Gegenpol würde hier ein sehr einseitiges, durchgehend positives Bild der Zeugen Jehovas entstehen. Genau deshalb sind solche öffentlichen Foren so wichtig: Damit sowohl gute als auch schlechte Erfahrungen geteilt werden können.

Die Organisation der Zeugen Jehovas selbst ist intern völlig intolerant gegenüber Kritik. Widerspruch ist unerwünscht, abweichende Meinungen werden unterdrückt daher versuchen sie auch hier, die Deutungshoheit zu gewinnen. Ein Mittel dafür ist auch das systematische Melden kritischer Beiträge, um diese löschen zu lassen.

Aber auch die Gegenseite verhält sich nicht immer besser. Mittlerweile nutzen beide Seiten sogenannte Lock- oder Fangfragen, um genau die Reaktionen zu provozieren, die sie haben wollen. Es ist oft phasenweise spürbar, welche Seite gerade „die Oberhand“ hat.

Was die Löschung von Beiträgen betrifft, wirkt das Ganze leider oft willkürlich. Es scheint stark davon abzuhängen, wer gerade moderiert und das führt leider oft zu Frust

Also, ein klares Ja zur Frage: Es wird von Seiten der Zeugen Jehovas akribisch versucht, gutefrage.net als Propagandamedium zu nutzen. Aber ich denke nicht das GuteFrage.net gezielt eher kritische Antworten, Fragen oder Kommentare löscht.

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Es gibt viele Gründe, warum die Zeugen Jehovas eine ganz eigene Wortwahl verwenden. Diese dient nicht nur der Kommunikation, sondern erfüllt eine strategische Funktion: Sie nutzen eine Vielzahl sprachlicher Mittel, die sowohl der Identitätsbildung nach innen als auch der Abgrenzung und Kontrolle dienen.

Intern wird der Name „Jehova“ übermäßig oft betont („Jehovas Organisation“, „Jehovas Diener“, „Jehovas Vorsorge“), was den Eindruck vermittelt, alles komme direkt von Gott.

Extern hingegen wird der Name oft vermieden, z. B. an Infoständen oder bei öffentlichen Kampagnen, um Ablehnung oder Vorurteile zu umgehen. Das erzeugt einen Bruch zwischen Innen- und Außenkommunikation. Dieser selektive Gebrauch des Namens „Jehova“ verhindert, dass die Gruppe nach außen arrogant oder überheblich wirkt, stattdessen soll der Eindruck demütiger Bibelforscher vermittelt werden.

Auch insiderspezifische Begriffe wie „Versammlung“, „Pionier“ oder „Königreichssaal“ werden intern verwendet. Sie stärken das Gruppengefühl und grenzen gleichzeitig Außenstehende aus, die diese Begriffe nicht verstehen oder anders deuten, so entsteht eine „Wir gegen die Welt“-Mentalität.

Die eigene Gruppe wird als „die Wahrheit“ oder „die einzige wahre Religion“ bezeichnet, während andere Glaubensrichtungen als „falsche Religionen“, „Babylon die Große“ oder „Weltreiche der falschen Religion“ abgewertet werden.

Statt einfach von „Nichtmitgliedern“ zu sprechen, wird das Wort „Weltmenschen“ benutzt, das erzeugt automatisch ein Bild von moralischer Minderwertigkeit oder Gefahr.

Kritiker und Aussteiger werden pauschal als „Abgefallene“, „vom Satan beeinflusst“ oder „Abtrünnige“ bezeichnet. Auf diese Weise wird jede inhaltliche Auseinandersetzung im Keim erstickt.

Besonders perfide ist der Gebrauch von Euphemismen und beschönigenden Begriffen: Öffentliche Demütigungen oder harte Sanktionen werden als „liebevolle Zurechtweisung“ verharmlost, Ausschluss und soziale Ächtung schlicht als „Gemeinschaftsentzug“ bezeichnet.

Hinzu kommt eine bewusste doppelte Begriffsverwendung: Wörter wie „Organisation“, „treuer und verständiger Sklave“ oder „leitende Körperschaft“ werden synonym und vage genutzt, um die tatsächliche Machtstruktur zu verschleiern. Die Hierarchie wird entpersonalisiert, Kritik daran gilt automatisch als Kritik an „Jehova“. Man kann man in fast allen Texte das Wort "Jehova" mit der Bezeichnung „Organisation“, „treuer und verständiger Sklave“, oder „leitende Körperschaft“ tauschen es würde meistens den selbe Sinn ergeben. 

Die besondere Sprache der Zeugen Jehovas ist mehr als nur Ausdruck von Glauben, sie ist ein Werkzeug zur Kontrolle. Begriffe werden bewusst umgedeutet, beschönigt oder exklusiv verwendet, um Zugehörigkeit zu schaffen, Kritik abzuwerten und die Außenwelt als gefährlich darzustellen.

Wer so spricht, denkt auch bald so, genau darin liegt die manipulative Kraft dieser Sprachstrategie.

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Zeugen Jehovas nehmen grundsätzlich nicht an politischen Wahlen teil, da sie sich als „neutral“ im politischen Sinne verstehen und davon ausgehen, dass nur Gottes Königreich echte Lösungen bringt. Das gilt weltweit unabhängig davon, ob es Wahlpflicht gibt oder nicht.

In Ländern mit Wahlpflicht z. B. Australien oder eben auch Nauru erscheinen einige Zeugen Jehovas formal zur Wahl, geben aber absichtlich einen ungültigen Stimmzettel ab, anderer Zahlen ein Bußgeld.

Was dabei allerdings stark ins Auge fällt, ist die Doppelmoral der Organisation selbst: Während normalen Mitgliedern streng verboten wird, sich auch nur oberflächlich politisch zu betätigen, was in einigen Ländern, wie z. B. Malawi, sogar zu Verfolgung, Folter und Tod geführt hat, weil man dort keine Parteikarte besitzen durfte, hat die Führung der Zeugen Jehovas selbst über Jahre hinweg aktiv gegen dieses Neutralitätsprinzip verstoßen.

Die Leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas, also das oberste Entscheidungsgremium in New York, war zwischen 1992 und 2001 als Nichtregierungsorganisation (NGO) bei den Vereinten Nationen registriert einer klar politischen Institution. Diese Mitgliedschaft wurde jährlich erneuert. Die offizielle Erklärung der Organisation lautete, man habe „nur Zugang zur UN-Bibliothek“ gewollt, was allerdings fragwürdig ist, da dieser Zugang auch ohne Mitgliedschaft möglich gewesen wäre.

Die Argumentation wirkt etwa so glaubwürdig wie:

Ich bin nur ins Bordell gegangen, weil das Bier dort so gut schmeckt.“

Besonders problematisch: Diese Entscheidung konnte nur von der Führung also der Leitenden Körperschaft selbst getroffen und unterzeichnet werden, in erster Instanz durch Lloyd Barry, stellvertretend für alle (damals) acht Mitglieder. Danach musste die Mitgliedschaft jährlich aktiv verlängert werden. Vier dieser Männer sind bis heute Teil der Führung.

Während einfache Mitglieder für eine harmlose berufliche Tätigkeit bei einer Regierungsstelle oder NGO ausgeschlossen wurden, musste keiner dieser Männer Rechenschaft ablegen. Es gab keine Entschuldigung, keine Reue – nicht einmal eine offizielle interne Aufarbeitung.

Das ist besonders bitter für jene Zeugen Jehovas, die wegen des sogenannten Neutralitätsgebots ihr Leben riskiert oder verloren haben. Für sie muss das wie ein Schlag ins Gesicht wirken.

Jesus sagte über religiöse Führer seiner Zeit (Matthäus 23:4):

„Sie binden schwere Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, wollen sie aber selbst nicht anrühren.“

Und weiter (Matthäus 23:24):

„Blinde Führer! Ihr siebt die Mücke aus, aber das Kamel verschluckt ihr!“

Auch heute noch entsendet die Führung der Zeugen Jehovas regelmäßig Vertreter zu Jahreskonferenzen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die OSZE ist als Organisation eng mit den Vereinten Nationen verbunden.

Das alles ist eigentlich nichts grundsätzlich Verwerfliches, schließlich möchte jede Organisation das Bestmögliche für sich herausholen. Verwerflich ist jedoch die Doppelmoral, mit der die Wachtturm-Gesellschaft hier vorgeht: Die einzelnen Mitglieder werden, teilweise unter Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit oder sogar ihr Leben, dazu angehalten, völlig unpolitisch zu bleiben. Bei Nichtbefolgung dieser Regel droht ihnen nicht nur Sanktion, sondern der vollständige Ausschluss aus der Gemeinschaft , was für viele einem sozialen Tod gleichkommt.

Es scheint also, als sei die Wachtturm-Gesellschaft ein sehr fleißiger Teil dieser Welt, nur eben nicht für ihre „einfachen“ Mitglieder.

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Ich kenne den Kanal von Anika Brem und finde es stark, wie offen und reflektiert sie über ihre Erfahrungen spricht. Es braucht viel Mut, öffentlich über das eigene Leben in einer Organisation wie den Zeugen Jehovas zu erzählen besonders, wenn man weiß, mit welchen Reaktionen man da oft rechnen muss.

Was sie schildert, deckt sich in vielen Punkten mit dem, was ich selbst erlebt oder von anderen Ehemaligen gehört habe:

Der enorme psychische Druck, der durch das Schwarz-Weiß-Denken entsteht, die strengen Rollenbilder (vor allem für Frauen), die Angst vor Harmagedon, der Verlust von Familie und Freunden nach dem Ausstieg, das ist für viele traurige Realität, auch wenn es nach außen oft ganz anders dargestellt wird.

Ich finde es besonders wertvoll, wie sie ihre Perspektive als Frau und Mutter einbringt. Auch wenn sie von ein paar wirklich heftigen Dingen berichtet,  die sicherlich nicht bei allen Zeugen Jehovas Alltag sind,  so sind es doch Erfahrungen, die niemand einfach abtun sollte. Ohne zu spoilern: Was sie mit ihrem (Ex-)Mann erlebt hat, ist eine sehr bewegende und harte Geschichte. Noch einmal: mein tiefster Respekt dafür, wie sie das verarbeitet und teilt.

Was ich besonders wichtig finde: Sie klärt nicht mit Hass oder pauschalen Angriffen auf, sondern mit Einblicken und Erfahrungen, die vielen anderen helfen können, sei es zum Verstehen oder zur Selbstverarbeitung.

Ob man nun selbst betroffen ist oder sich einfach kritisch mit geschlossenen religiösen Systemen auseinandersetzen will: Solche Stimmen sind wichtig. Denn je mehr öffentlich wird, desto weniger kann unter den Teppich gekehrt werden.

Man kann schon gut an einigen Reaktionen hier sehen, wie manche Menschen ticken und sie zeigen sehr deutlich, warum sich so viele von dieser Organisation distanzieren.

Statt sich ehrlich mit den geschilderten Erfahrungen auseinanderzusetzen oder Empathie zu zeigen, wird direkt mit Unterstellungen, Schuldzuweisungen und Schwarz-Weiß-Denken reagiert.

Wer die Organisation verlässt, tut das nicht, weil er „Gott nicht standhalten“ kann sondern weil er erkennt, dass vieles dort nicht mit einem gesunden, liebevollen Glaubensleben vereinbar ist. Psychischer Druck, Ausgrenzung, rigide Regeln oder fehlende Selbstbestimmung: Das ist für viele der wahre Grund zum Ausstieg.

Der Glaube an Jesus braucht keine bestimmte Organisation. Wer das Gegenteil behauptet, will Menschen in einem kontrollierten System halten. Doch echter Glaube zeigt sich nicht durch Gebäude, Vorschriften oder Unterordnung , sondern in Liebe, Aufrichtigkeit und dem Mut, für Wahrheit einzustehen. Auch dann, wenn sie unbequem ist.

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Es gibt in der Tat Hinweise darauf, dass innerhalb der Organisation der Zeugen Jehovas systematisch dazu aufgerufen wird, kritische Inhalte im Internet zu melden.

Berichten zufolge wird Mitgliedern empfohlen, kritische Videos, Erfahrungsberichte oder Kommentare als „Hassrede“ oder „Verletzung der Gemeinschaftsstandards“ zu melden, um deren Entfernung von Plattformen wie YouTube oder Facebook zu erzwingen , auch wenn die Inhalte sachlich und im Rahmen der Meinungsfreiheit formuliert sind.

Allerdings denke ich, dass viele Mitglieder dies auch ganz ohne direkten Aufruf ihrer Organisation tun, einfach deshalb, weil es innerhalb der Zeugen Jehovas keine Form von berechtigter Kritik geben darf. Aus Sicht der Lehre ist jede Form von Kritik grundsätzlich böse und stammt „aus der Welt“, die laut ihrer Überzeugung von Satan regiert wird oder direkt von Satan selbst. Eine inhaltliche Auseinandersetzung findet nicht statt, da Kritik nicht als diskussionswürdig gilt.

Die Organisation selbst reagiert besonders empfindlich auf öffentliche Kritik, vor allem, wenn diese eine gewisse Reichweite erzielt. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen YouTuber, die sich kritisch äußern und nur einige tausend Abonnenten haben, bereits Post von Anwälten der Wachtturm-Gesellschaft erhalten haben meist unter dem Vorwand von Urheberrechtsverletzungen oder Markenrechtsverstößen. Diese Taktik kann man durchaus als systematisch bezeichnen.

Man sollte sich nicht von der äußerlich harmlosen Erscheinung der Religionsgemeinschaft täuschen lassen: Hinter der Organisation steht eine straff strukturierte, juristisch und finanziell bestens ausgestattete Institution, deren geschätzte jährliche Einnahmen zwischen 800 Millionen und 1 Milliarde US-Dollar liegen. Entsprechend verfügt sie über ein ganzes Netzwerk hochkarätiger Anwälte.

Trotz dieser Machtmittel sind viele der Klagen bislang gescheitert. Gerichte stellten häufig fest, dass die geäußerte Kritik zulässig ist auch wenn sie deutlich und zugespitzt formuliert wurde. Anzeigen wegen angeblicher Beleidigung oder Volksverhetzung wurden in vielen Fällen abgewiesen, weil die Äußerungen vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt waren.

Wenn der rechtliche Weg nicht erfolgreich ist, wird häufig auf Einschüchterung gesetzt. Ein Beispiel ist die Hilfsorganisation „JW Help“, die sich für Aussteiger einsetzt und gezwungen war, sich in „JZ Help“ umzubenennen offenbar aufgrund rechtlichen Drucks wegen der Verwendung der Buchstabenkombination „JW“, die als Bestandteil der geschützten Markenbezeichnung der Zeugen Jehovas gilt.

Auch das Urheberrecht wird gezielt als Mittel eingesetzt, um unliebsame Stimmen mundtot zu machen. Ein prominenter Fall ist der des anonymen YouTubers „Kevin McFree“, der Parodien und kritische Videos veröffentlichte. Die Wachtturm-Gesellschaft versuchte, über eine DMCA-Vorladung seine Identität zu erfahren angeblich wegen Urheberrechtsverstößen. Ein US-Gericht betrachtete dies jedoch kritisch als Versuch der Einschüchterung, woraufhin die Klage zurückgezogen wurde.

Es zeigt sich deutlich: Die Wachtturm-Gesellschaft geht sehr bewusst und strategisch gegen kritische Inhalte im Netz vor, nicht durch öffentliche Gegenargumente, sondern durch systematisches Melden, juristische Schritte und Urheberrechtsansprüche. Ziel ist es offenbar, die Kontrolle über das öffentliche Bild der Organisation zu behalten und gezielt zu verhindern, dass sich kritische oder negative Darstellungen weiterverbreiten. Dass dabei keine sachliche Auseinandersetzung erfolgt, sondern gezielt versucht wird, Kritik zu unterdrücken, wirft Fragen auf, sowohl zur inneren Haltung gegenüber Meinungsfreiheit als auch zum Umgang mit Aussteigern und Betroffenen.

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Dieser Berichte, erschien ein paar Tage nach dem Attentat auf die Zeugen Jehovas am 9. März 2023 in Hamburg der Täter, ein ehemaliges Mitglied der Gemeinschaft, was das Attentat in Verbindung mit der inneren Struktur und dem Umgang der Zeugen Jehovas mit ihren Mitgliedern setzten.

So berechtigt viele dieser kritischen Stimmen auch sein mögen, die zeitliche Nähe zur Tragödie wirft ethische Fragen auf. Die Debatte über problematische Strukturen innerhalb religiöser Sondergemeinschaften muss geführt werden, aber nicht auf Kosten der Opfer und ihrer Angehörigen.

Es ist nachvollziehbar, dass Menschen wie Margit Ricarda Rolf, die selbst leidvolle Erfahrungen mit den Zeugen Jehovas gemacht haben, das Bedürfnis verspüren, über ihre Geschichte zu sprechen. Dennoch sollte gerade in der direkten Nachwirkung eines Attentats ein gewisser Abstand gewahrt werden. Öffentliche Kritik, so wichtig sie auch sein mag, wirkt sonst wie eine Instrumentalisierung des Leids und ist für ein offenen Dialog wenig Ziehführend.  

Aber unabhängig vom Zeitpunkt bleibt die Frage/Einschätzung natürlich berechtigt:

Wie gehen die Zeugen Jehovas mit ihren Mitgliedern um insbesondere mit jenen, die die Gemeinschaft verlassen wollen oder sich nicht vollständig anpassen?

Zahlreiche Erfahrungsberichte und auch wissenschaftliche Analysen zeigen, dass der Gruppendruck innerhalb der Organisation für den einzelnen sehr hoch sein kann.

Ausschluss aus der Gemeinschaft bedeutet für viele ein abruptes Ende sozialer Beziehungen „Ächtung oder Shunning““ durch die Gemeinschaft,  insbesondere, wenn auch die Familie Teil der Gemeinde ist. Dies führt nicht selten zu Vereinsamung, Depressionen oder sogar Suizidgedanken.

Wer ausgeschlossen oder „abtrünnig“ ist, wird nicht mehr gegrüßt (außer er kommt wieder/weiterhin zu den Gottesdienst) , er darf keine familiären Beziehungen mehr pflegen selbst zu Eltern oder Kindern.

Die missionarischen Aktivitäten der Zeugen Jehovas richten zudem intensiv an Menschen, die sich in psychisch labilen oder existenziellen Krisensituationen befinden. Verlust eines Angehörigen, Scheidung, schwere Krankheit oder Arbeitslosigkeit usw. all das sind Lebenslagen, in denen Menschen besonders empfänglich für Trost, Halt und Sinnsuche sind. Hier setzen Missionare oft mit der scheinbaren Gewissheit der „Wahrheit“ und einem festen Wertekanon an. Das ist natürlich eine gezielte Taktik die so auch in den Schulungen der Zeugen Jehovas (der Predigtdienstschule) ausgebildet wird.

Was auf den ersten Blick vielleicht wie eine wohltuende Struktur erscheint, kann sich jedoch bei näherem Hinsehen als schädlich erweisen,  gerade für Menschen mit instabiler Psyche. Statt therapeutischer Hilfe erhalten sie oft rigide Regeln, Schuldgefühle und sozialen Druck. Ein

Beispiel: Depressionen werden häufig spirituell gedeutet („Du hast zu wenig vertrauen auf Jehova und seine Organisation, du musst mehr in den Predigtdienst ergehen usw.“) statt medizinisch ernst genommen.

Wichtig ist: Nicht alle Mitglieder der Zeugen Jehovas sind Täter, Manipulatoren oder Fanatiker. Viele glauben aufrichtig, Gutes zu tun, und leben ihren Glauben in friedlicher, unaufdringlicher Weise. Auch erleben nicht alle Mitglieder psychische Schäden! Manche empfinden die Gemeinschaft sogar als stützend und schützend. Dennoch darf dies nicht den Blick auf systemische Gefahren verstellen, die insbesondere bei vulnerablen Menschen großen Schaden anrichten können.

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Ganz so, wie es in der Frage formuliert ist, steht es zwar nicht im Wachtturm, dennoch ist die Formulierung im Originaltext eindeutig fanatisch gefärbt. Sie zeigt ein bedenkliches Welt- und Menschenbild und öffnet, zumindest gedanklich, den Raum für Gewaltfantasien gegen Abweichler. Das ist mit christlicher Nächstenliebe unvereinbar. Da muss man gar nichts mehr belegen..

Die Tatsache, dass man es überhaupt für nötig hielt, so etwas niederzuschreiben, sagt mehr über das Innenleben und die Denkweise dieser Glaubensgemeinschaft aus, als über das Ethos, das sie nach außen hin vertreten möchte. Es offenbart einen tiefsitzenden fanatischen Hass, sicherlich nicht bei allen, aber doch bei einem Teil der Mitglieder.

Das merkt man auch hier auf GuteFrage gelegentlich, wenn sich manche Zeugen Jehovas als Richter über „Abtrünnige“ oder Kritiker aufspielen. Da ist nicht selten eine beunruhigende Portion Verachtung im Spiel.

Besonders bezeichnend fand ich übrigens einen der Zeugen-Jehovas-Broadcasts, in dem ein führendes Mitglied, süffisant grinsen, davon sprach, wie gerne er Abtrünnige verbrennen würde. Das Ganze wurde sogar mit einem brennenden Streichholz veranschaulicht. Für eine Organisation, die sich als „liebende Gemeinschaft“ darstellt, ist das erschreckend entlarvend.

„Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.“ – George Orwell
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Das Tier hat schwer Rachitis, es hat wahrscheinlich nie UV-B Licht oder Vitamin D3 bekommen. Dann ist Rachitis eigentlich zwangsläufig vorprogrammiert.

https://reptilica.de/reptilien-krankheit-rachitis/

https://reptiliendoktor.com/krankheiten/rachitis/

Das Tier muss sofort zum Tierarzt und vor allem mit UV-B Licht oder Vitamin D3 versorgt werden, falls es überhaupt noch etwas bringt. 

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Nein, sicher können nicht nur eine paar alte Männer die „Leitende Körperschaft oder Treuer Sklave“ die Bibel richtig erklären.

Die Vorstellung, dass nur eine kleine Gruppe von Männern die Bibel „richtig“ auslegen kann, widerspricht sowohl dem biblischen Geist als auch dem gesunden Menschenverstand.

Glaube darf geleitet, aber nicht kontrolliert werden!

Wer den Anspruch erhebt, allein die göttliche Wahrheit zu besitzen, muss sich fragen lassen, ob er noch dem Evangelium/Gott dient, oder sich selbst..

Der Anspruch der Zeugen Jehovas, dass nur eine kleine Gruppe von Männern die sogenannte Leitende Körperschaft, die Bibel korrekt verstehen und auslegen könne, steht im klaren Widerspruch zu mehreren biblischen Grundsätzen.

In 2. Timotheus 3,16–17 heißt es:

„Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich zur Belehrung damit der Mensch Gottes vollständig zubereitet ist.“

Da steht nichts von einer zentralen Instanz, die nötig wäre, um die Bibel zu verstehen. Vielmehr richtet sich die Bibel an den Menschen Gottes, nicht nur an eine „Führungsschicht“.

Die Bibel warnt vor solchen Machtansprüchen.

Matthäus 23,8–10 warnt Jesus selbst davor, sich geistlich über andere zu stellen: „Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder.“

Diese Aussagen sprechen klar gegen die Idee, dass es eine zentrale Instanz braucht, die allein „die Wahrheit“ autoritativ erklären kann.

Die Praxis der Leitenden Körperschaft ist oft keine „Erklärung“, sondern Systempflege.

Häufig werden Bibeltexte nicht aus dem Zusammenhang erklärt, sondern so angepasst, dass sie das bestehende Glaubensgerüst stützen, auch wenn dies offensichtlichen logischen oder historischen Widersprüchen zuwiderläuft.

Ein Beispiel dafür ist die Lehre von den „überlappenden Generationen“, die eingeführt wurde, um das seit Jahrzehnten überfällige Ende „dieses Systems der Dinge“ (nach 1914) weiter hinauszuschieben. Diese „Erklärung“ wäre in keinem theologischen wissenschaftlichen oder historischen Kontext außerhalb der Organisation haltbar, aber wenn es nicht passt muss es passend gemacht werden.

Eigenständiges Denken wird systematisch entmutigt.

Die Mitglieder der Organisation werden nicht dazu ermutigt, die Bibel selbstständig zu prüfen, sondern sogar das Gegenteil ist der Fall, sie werden angehalten, die Veröffentlichungen der Wachtturm-Gesellschaft als allein maßgeblich anzusehen. Kritik oder alternative Sichtweisen gelten schnell als Abfall oder Rebellion,  selbst dann, wenn sie sachlich oder biblisch begründet sind.

Königreichsdienst 09/2007 (Quelle Internet-Seit der Zeugen Jehovas)

Fragekasten

Billigt es „der treue und verständige Sklave“, wenn sich Zeugen Jehovas eigenständig zusammentun, um biblische Themen zu untersuchen und zu debattieren? (
Nein. Dennoch haben sich in verschiedenen Teilen der Welt einige, die mit unserer Organisation verbunden sind, zusammengetan, um eigenständig biblische Themen zu untersuchen. Einige beschäftigen sich gemeinsam mit anderen eingehend mit dem biblischen Hebräisch und Griechisch, um die Genauigkeit der Neuen-Welt-Übersetzung zu untersuchen. Andere erforschen wissenschaftliche Themen, die mit der Bibel zu tun haben. Damit Ansichten ausgetauscht und debattiert werden können, wurden Websites und Chatrooms eingerichtet. Es wurden auch Tagungen abgehalten und Veröffentlichungen hergestellt, um Studienergebnisse publik zu machen und um unsere Zusammenkünfte und unsere Literatur zu ergänzen.
Gottes Volk erhält in den Versammlungszusammenkünften und auf Kongressen sowie durch die Veröffentlichungen der Organisation Jehovas überall auf der Welt reichlich biblische Schulung und Ermunterung. Jehova sorgt dafür, dass alle seine Diener unter der Leitung seines Geistes und gestützt auf sein Wort der Wahrheit das bekommen, was sie benötigen, damit sie „in demselben Sinn und in demselben Gedankengang fest vereint“ sind und „im Glauben befestigt“ bleiben . Wir sind zweifellos für alle geistigen Gaben Jehovas in den heutigen letzten Tagen dankbar. Daher billigt der „treue und verständige Sklave“ keinerlei Literatur, keine Websites und keine Treffen, die nicht unter seiner Leitung hergestellt oder organisiert werden

 

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