Zitat Bedeutung (von Friedrich Nietzsche)?
„Der Besitz der Wahrheit ist nicht schrecklich, sondern langweilig, wie jeder Besitz.“
Was könnte er damit gemeint haben?
2 Antworten
Mit Wahrheit, Katrina432, meinen wir Menschen ja wohl eine unverrückbare Aussage über ein Ding oder ein Geschehen in der uns sprachlich zugänglichen Welt.
Vor dem Hintergrund, dass unsere Empfindungen, Wahrnehmungen und auch Vermutungen schon immer sozial geprägt sind, es also eine absolute, von sprachlich vermittelten Prägungen unabhängige Wahrheit nicht geben kann, behauptet Nietzsche ja auch provokativ, dass Wahrheit Lüge sei.
In diesem Zusammenhang kann man sich ja gut vorstellen, was Nietzsche von Menschen hielt, die von sich behaupteten, die Wahrheit zu besitzen. Dies ist eine Anmaßung, die an der Wirklichkeit zerbrechen muss! Wer es sich aber mit den gerade gängigen Wahrheit bequem macht, naja, der ruht sich auf einer Illusion aus, was ziemlich langweilig ist, "wie jeder Besitz". -
Gut fände ich es, wenn diese kritische Sicht auch den „Wahrheitsbesitzern“ unserer Tage geläufig wäre. Was früher einmal die Priester waren, sind in meinen Augen heute diejenigen Wissenschaftler, die sich im Besitz der Wahrheit wähnen.
Hören wir nicht gerade heute viel von "Wahrheitsbesitzern"? ;-)
Ich vermute, dass Nietzsche mit Sympathie den Ausspruch vom Nobelpreisträger Linus Pauling zur Kenntnis genommen hätte:
"Wissenschaft ist Irrtum auf den letzten Stand gebracht."
Die Wahrheit – wir können sie nie besitzen. Aber wir ringen um sie ein Leben lang.
Also misstraute Nietzsche den Leuten, welche behaupten, sie wüssten die Wahrheit?
Ich vermute mal, dass Nietzsche heute z.B. jene Wissenschaftler kritisieren würde, die vorgeben genau zu wissen, wie es sich mit dem Virus verhält.
Die Virologen haben nicht die Wahrheit gefunden, sondern äußern ihre Vermutungen auf der Grundlage der heute verfügbaren Kenntnisse, die morgen schon wieder ganz andere sein können.
Kritisiert wird nicht nur von Nietzsche die von vielen Religionen vertretene Auffassung, dass es eine einzige, heilige Wahrheit gibt, die dann von religiösen Würdenträgern an die Gläubigen weitergegeben wird.
Und - wie gesagt - für mich ähneln heute all jene den religiösen Würdenträgern oder den von ihnen abhängigen Gläubigen, die wissenschaftliche Ergebnisse für unumstößliche Wahrheit halten.
Wir sollten uns - so meine ich - wissenschaftlichen Aussagen nicht verschließen. Z.B. im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Aber die Suche nach der Wahrheit bleibt eine stets offene Herausforderung für uns Menschen.
Wenn man die Wahrheit lediglich "hat", um sie in eine Vitrine zu stellen, um sie ab und zu anzuschauen und sich am Besitz zu erfreuen, ist sie nichts weiter als ein Stück Nippes, hat aber keine wirkliche Bedeutung für mich.
Als was sieht Nietzsche die Aufgabe der Wahrheit?
Nietsche deutet damit an, dass einem eine Wahrheit über etwas oder jemanden zwar „schön“ sein kann, aber sie geteilt und erzählt werden muss, damit die Menschen „aufwachen“?
Stimmt das so?
Ja, das stimmt mit dem Übrigen seiner Aussagen überein.
Andererseits wünscht er sich an einer Stelle auch, dass seine Mitmenschen seine Erkenntnisse nicht teilen würden - "warum wollt ihr es ebenso schwer haben wie ich?"
So schwer haben? Er will ihnen Schmerzen ersparen, weil er den Schmerz Anderer nur schwer erträgt. Wie in so Vielem widerspricht er sich hier selbst - vorausgesetzt, er meint es wirklich als bare Münze und nicht nur als Denkmöglichkeit und Wunsch.
sollte es heißen...