Wurdet ihr im Rettungsdienst schon angepöbelt?

Probsteier  06.04.2022, 17:34

Du schreibst, das du eine Präsentation über die DLRG , dann über den Rettungsdienst schreiben möchtest.
Was ist denn richtig?

Obstsalatsosse 
Fragesteller
 06.04.2022, 17:46

Im Weitesten Sinne gehört die DLRG zum Rettungsdienst. Z.B. ist sie sogar im Rettungsdienstgesetz integriert.

Wenn das deine Frage noch nicht beantwortet, frah einfach nochmal

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich erwische mich grade schockiert, wie ich auf diese Frage völlig unaufgeregt "ja, natürlich" antworte. Traurigerweise kenne ich keinen einzigen Kollegen (sowohl Feuerwehrbeamte als auch Rettungsdienst-Angestellte, der nicht mindestens einmal in der Laufbahn bereits Opfer von Gewalt (in diesem Falle halt auch verbaler Gewalt) wurde.

Die Liste an Erfahrungen ist ellenlang:

-das geht los bei Angehörigen, deren Vorstellung eines LEBENSBEDROHLICHEN NOTFALLES wir bei Omas Rückenschmerzen nachts um drei nicht teilen,

-über Rentner, mit denen man darüber diskutieren darf, dass ein Rettungswagen auch ohne eingeschaltetes Blaulicht Sonderrechte genießt und somit die Straße blockieren darf, während wir einen Patienten mit maximaler Luftnot die Treppe runtertragen und

-endet noch lange nicht bei Angehörigen des nahöstlichen Kulturkreises, die es als "RASSISMUS" auffassen, dass seit zwei Jahren keine Angehörigen oder Kumpel im RTW mehr mit fahren dürfen und sie nicht hinter dem RTW der mit Sondersignal zum Krankenhaus fährt, hinter her fahren können.

Sehr "beliebt" sind auch besoffene jeglicher Altersgruppen, die unter Alkoholeinfluss VÖLLIG die Kontrolle verlieren und uns auf niedrigstem Niveau beleidigen ("nicht rangelassen worden, die eigene Mutter gef*****, bei der Geburt keine Luft gekriegt" usw) und auf maximale Provokation aus sind, weil wir dem Kumpel nicht den Magen auspumpen, die beste Freundin "flott spritzen" können und offen mitteilen, das "besoffen" kein Grund für Rettungsdienst und Krankenhaus ist.

Das Krönchen aufsetzen tun die sogenannten "hilfsbereiten Mitbürger", die den Notruf wählen und einen schlafenden Obdachlosen als Notfall titulieren, ohne denjenigen auch nur gefragt haben, ob er überhaupt Hilfe braucht. Fragt man dann, wegen welches Notfalles oder Beschwerdebildes man nun kommen musste, wird direkt völlig ausgerastet: "DA LIEGT EINER, DEN MÜSSEN SIE MITNEHMEN", "WENN ICH DAS SAGE, MÜSSEN SIE KOMMEN", "DAS IST DOCH OFFENSICHTLICH, DASS DER SCHWERKRANK IST (Kollege geht zum Obdachlosen, weckt den armen Tropf und der sagt, dass ihm nichts fehle) !!!!eins!!elf!!!

Was ich oft bemerke, ist, dass unser Urteil und Einschätzungen zu medizinischen Situationen prinzipiell als "falsch" abgestempelt wird, sobald sie dem Patienten oder den Angehörigen/Kumpels/etc nicht in den Kram passt, woraufhin die Stimmung meistens kippt. Keinem anderen Beruf wird so misstraut wie dem Rettungsdienst. Wir: haben keine Ahnung, sind "Zivis"/"Hilfsarbeiter"/"freiwillige", kriegen Geld pro Transport vom Krankenhaus, sind zu faul Leute zu transportieren, wissen nicht über die Gesundheitsgeschichte von dem Cousin dritten Grades des Hundes der Nachbarin bescheid, der ja (je nach Lage) daran gestorben ist oder das auch überlebt hat... Wohlgemerkt: DIE rufen UNS, nicht WIR suchen Leute und zerren DIE in den RTW. Jedem Kabelzieher der Telekom oder Autoschrauber wird mehr geglaubt als Rettungsdienstlern.

Wohlgemerkt, bis hier hin geht es nur um verbale Gewalt, nach allem was danach kommt (anspucken, uns beklauen, an Haaren reißen, treten, schlagen, uns absichtlich anfahren, mit Messern und Schraubenziehern auf uns los gehen etc) wurde nicht gefragt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Obstsalatsosse 
Fragesteller
 04.04.2022, 19:04

Ja, das ist nicht schön. Ach, was sag ich. Inakzeptabel.

Bei mir ist es bisher zum Glück "nur" bei Verbalen Angriffen geblieben.

Aber Kollegen berichten auch von körperlichen Attacken. Das reicht dann vom Anspucken bis zur Bedrohung mit einer Flasche.

Wenn Sie möchten, können Sie gerne auch über tätliche Angriffe berichten

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iwaniwanowitsch  04.04.2022, 20:01
@Obstsalatsosse

Sehe ich genau so, aber die Gesellschaft wird halt immer aggressiver und dümmer.

Meinetwegen brauchst mich nicht zu siezen, wir sind ja hier in einer Community und nicht im Rathaus :D ;)

Aber Kollegen berichten auch von körperlichen Attacken. Das reicht dann vom Anspucken bis zur Bedrohung mit einer Flasche.

Joa, so in der Art deckt sich das mit meinen Erfahrungen.

Aus dem Kollegenkreis sind Stories wie:

-schlagen, treten, spucken, bewerfen (fast schon üblich und einmal die Woche bei uns im Stadtgebiet gemeldet),

-ein Kollege wurde von einer Seniorin absichtlich angefahren (sie kündigte es an), weil sie am RTW nicht vorbei kam. Der Kollege war grade im Begriff einzusteigen und wurde zwischen Fahrertür und B-Säule eingequetscht,

-ein Zugführer auf unserer Wache wurde mit brennendem Mobiliar beworfen während er die Einsatzstelle erkundete (Täter stand unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln),

-ich wurde von hinten umklammert und gewürgt (Täter stand unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln),

-ein Kollege wurde in den Bauch getreten, als er während der Behandlung am Fußende der Trage stand (dem Patienten wurde mitgeteilt, er bekäme auf Grund mangelnder Indikation keine Betäubungsmittel),

-Polizisten wurden in meinem Beisein (Einsatz auf Grund psychischer Erkrankung) mit einer selbstgebastelten Lanze (Messer auf Besenstiel) bedroht,

-ein Kollege bekam ein Messer in den Notfallrucksack gestochen (er konnte sich grade noch abwenden), der Täter war ein linksradikaler Behördenhasser,

-mir wurde ein Teppichmesser vor die Nase gehalten angedroht, dieses anzuwenden (wir wurden vom Nachbarn des Patienten gerufen und klingelten für anscheinend zu überraschend bei ihm),

-ein Kollege wurde von einer dementen Seniorin mit einer schweren Vase beworfen und verletzt,

-einer Kollegin wurden Haarbüschel ausgerissen, der selbe Täter brach einem Kollegen die Hand und dem Praktikanten die Nase (typischer: "DA LIEGT EINER, DEN MÜSSEN SIE MITNEHMEN-Einsatz) (Täter stand unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln),

-Kollegen wurde nach einer frustranen Reanimation im Clan-Umfeld eine Pistole vorgehalten: "mach den wieder lebendig oder ich mach dich tot!",

-ein Kollege blickte nach ziehen des Schlosses und aufdrücken der Tür in ein Gewehrlauf (Amtshilfe für die Polizei bei einer Zwangsräumung),

-auf mich und eine Kollegin wurde ein Hund gehetzt, weil wir den Angehörigen mitteilten, der besoffene Kumpel müsse nicht ins Krankenhaus (wir konnten uns noch in den RTW zurück ziehen und fahren),

-ein Patient (Einsatz im Rockermilieu) rastete trotz ca. 15 anwesender Polizisten völlig aus und versuchte mich zu greifen und schlagen, als ich ihm mitteilte, nicht von ihm umarmt und geduzt werden zu wollen, der selbe Täter schlug im Krankenhaus einen Pfleger bei der Aufnahmeuntersuchung,

-ich wurde von einer Patienten mit einer Ohrlasche bedacht, als ich (mitten in der Nacht) etwas zickig wurde, nach einer Situation, in der ein Wort das andere ergab (Z.n. Synkope mit Sturz auf einen Tisch: "Ich finde dieses Augenzittern, was Sie grade zeigen, sehr auffällig, das sollten Sie dringend untersuchen lassen", "DAS HEIßT NYSTAGMUS, DU HAST JA GAR KEINE AHNUNG VON MEDIZIN!!!!" "Sorry, ich benutze bei Patienten meistens Umgangssprache, da ich deren medizinische Vorbildung nicht kenne" "KLATSCH"),

-nahezu jeder Kollege wurde Silvester bereits mit Feuerwerkskörpern beworfen oder beschossen, sowohl in der Brandbekämpfung als auch im Rettungsdienst,

-ein Kollege wurde mit dem Lastwagen in Schrittgeschwindigkeit angefahren, da er mit seinem Löschfahrzeug die Autobahn (Einsatzstelle eingeklemmte Person) dicht machte und ausstieg. Der "wichtige" Trucker hatte keine Zeit zu warten, war die Rechtfertigung,

Joaaaaaaa, das wars erst mal.

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Obstsalatsosse 
Fragesteller
 04.04.2022, 21:40
@iwaniwanowitsch

Da kommt ja noch einiges auf mich zu. ... Ünerlege, nach meiner Ausbildung selbst in den RD zu wechseln.

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Probsteier  06.04.2022, 17:37

junge Junge, du lässt das glaube ich alles von zu nah an dich ran b

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iwaniwanowitsch  06.04.2022, 18:19
@Probsteier

Aha. Sind natürlich auch alles "frei interpretierbare Vorfälle", die ander einfach runterschlucken würden... Ist es das, was du ausdrücken möchtest?

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Probsteier  07.04.2022, 10:12
@iwaniwanowitsch

????? Ich möchte ausdrücken dass du das alles zu nah an dich ranlässt!! Nicht mehr nicht weniger.

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iwaniwanowitsch  07.04.2022, 11:03
@Probsteier

Mit welcher Berechtigung muss ich verbale und tätliche Angriffe akzeptieren? Bin ich als Notfallsanitäter weniger wert als andere? Genau das ist das Problem: Angriffe gegen Rettungskräfte nehmen krass zu und hier wird einem vorgeworfen, dass man das "zu nah an sich ran lässt.

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Probsteier  07.04.2022, 15:54
@iwaniwanowitsch

Nein, musst du nicht.
Aber mal merkt an deinen Schilderungen dass es dich ganz schön belastet.
Das war keine Wertung, das war eine wertefreie Feststellung.

ist wohl in nahezu jeden RD Bereich so.
Wenn man sich das alles so zu Herzen nimmt, kann das irgendwann gesundheitliche Auswirkungen haben.
mir sind solche Leute und deren n gepöbel völlig egal. Ich nehme die prinzipiell nicht ernst.

unser Leiter RD steht zum Glück so weit hinter uns, dass wir uns von patz nicht beleidigen lassen müssen.
Es gibt entweder eine Anzeige oder wenn vertretbar steigen sie aus. Punkt.
ich belaste mich damit nicht.

Du scheinst dich schnell angegriffen zu fühlen, auch von mir.
obwohl garnichts los war

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iwaniwanowitsch  07.04.2022, 16:27
@Probsteier

Wenn dir sowas alles egal ist, und dich Beschimpfungen, tätliche Angriffe nicht belasten, bitte.

Wenn man sich das alles so zu Herzen nimmt, kann das irgendwann gesundheitliche Auswirkungen haben.

Nur einer der Gründe, warum kaum noch jemand Bock auf Rettungsdienst hat und kaum jemand alt in der Branche wird.

Du scheinst dich schnell angegriffen zu fühlen, auch von mir.
obwohl garnichts los war

Doch. Du bagatellisierst meine Erfahrungsberichte durch "du lässt das zu nah an dich ran". Das finde ich dreist.

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Probsteier  07.04.2022, 22:25
@iwaniwanowitsch

Nein.

Bagetellisieren wäre, wenn ich behaupten würde, das von dir erlebte kann ja gar nicht so schlimm sein.
Halt nur Bagatellen.

tue ich nicht, habe ich auch nie getan.
Ich habe nur zum Ausdruck gebracht das du deine Erlebnisse ( die ich mit keiner Silbe heruntergespielt habe) Zu nah an dich ran lässt.
Wenn ich sie als Bagatelle sehen würde, gäbe es gar kein Problem es zu nah an sich ran zu lassen,da ja nichts ernstes,nur Bagatelle.

Ich gehe sehr wohl davon aus dass deine Erlebnisse ziemlich heftig sind,deshalb ja meine Aussage dass du das zu persönlich nimmst.

und deine Aussage zu dem Berufsbild und keiner will es mehr,….. das absolute Gegenteil ist der Fall.

Dreist ist, das Du etwas in meine Aussage hineindichtest, was ich mit keinem Wort gesagt und auch nicht zum Ausdruck gebracht habe.

versuche einfach das zu lesen was geschrieben wurde, es nicht was du gerne lesen möchtest.

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Während meiner Tätigkeit als Sanitäter im Rahmen des Zivildiensts wurden wir schon oft angepöbelt von Leuten, die nicht nüchtern oder aggressiv waren, oder die nicht der Ansicht waren, dass sie uns brauchen, ihre Angehörigen aber schon...

Erst heute. Hatten einen krankentransport (infektiös)

Pat. war super pissig, weil wir schon wieder mit einer trage und keinem Stuhl gekommen sind (den wir nicht haben).

Durften uns 2 Stunden lang anhören, dass der RD ein unfähiges pack ist und wir unseren beruf verfehlt haben. Gab einen halben Wutausbruch bei jeder bodenwelle.

Es gibt schon sehr unverschämte Leute.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abi Bio/Engl, Notfallsanitäterin i.A

Natürlich. Gerne mal betrunkene Personen aber auch vollkommen nüchterne, welche sich dann darüber aufregen dass sie nich am RTW vorbeikommen *facepalm*.