Wirklich zu alt für die Oper?
Hallo zusammen, ich habe seit kurzem einen neuen Gesangslehrer (Operngesang) und während wir uns über den Unterricht am unterhalten waren, meinte er plötzlich ohne das ich etwas von meinen Plänen verraten hätte... du mache das gut, da können wir bestimmt noch viel erreichen, aber es ist selbstverständlich das du nie ein Opernstar oder eine Profisängerin werden wirst... dafür ist das schon zu spät vom Alter her... Nebenbei bemerkt ich bin 26 Jahre alt. Es ist nicht so das ich jetzt der größte Opernstar werden möchte, ich frage mich einfach nur ob ich in 2-3 Jahren wirklich überhaupt keine chance mehr hab wie es sagt? Es gibt an der Oper doch auch ältere Menschen.
Vielen Dank im Voraus für eure Antwort auf meine Frage.
7 Antworten
Joa, also 26 ist schon relativ alt.
Mein Musiklehrer meinte immer, dass sie an Musikhochschulen nur Leute bis 25 aufnehmen und wenn man älter ist, kommt man sowieso schon nicht mehr rein.
Außerdem muss man dann ja noch mit einrechnen, dass man auch noch Vorbereitungszeit für die Aufnahmeprüfung braucht. Das ist zwar von Person zu Person unterschiedlich, aber nur 1 Jahr oder so reicht da meist nicht. Also die Leute, die ich kenne, die inzwischen Gesang studieren, haben alle so 2-3 Jahre gebraucht. Und dann kommt natürlich noch die ganze Musiktheorie dazu, Gehörbildung und ein Instrument muss man natürlich auch relativ gut beherrschen, damit man es als Nebenfach studieren kann. Musiktheorie und Gehörbildung find ich nicht soo schwer, da muss man halt üben, das geht aber schnell. Aber zum Beispiel Klavier spielen muss man natürlich schon können, denn in so einem Alter lernt man das ja nur noch ziemlich langsam.
Und dann studiert man natürlich auch noch mindestens 3 Jahre auf Bachelor und nochmal ein bisschen weiter bis auf Master...das dauert auch noch und dann geht man mit 30 erst ins Berufsleben....die Stimme braucht ja auch Zeit, sich zu entwickeln und zu reifen. Das tut sie meist so in den ersten 10 Jahren Gesangsausbildung.
Wie auch immer....wenn du es wirklich willst, würde ich es trotzdem versuchen. An Hochschulen ist es ja auch üblich, dass man zuerst mit der Person, bei der man später Gesang studieren möchte, ein paar Gesangstunden vereinbart. Dann kann die Person dir auch sagen, ob du gut genug bist, ob du eine Chance hat und vielleicht ob sie dich nehmen wird. Auf jeden Fall kennt sie dich dann schon vorher, deshalb ist deine Chance auf eine Zusage etwas größer. Vielleicht hat ja dein Gesangslehrer da Connections...? :D
Und selbst wenn nicht...manche Sänger machen es auch komplett privat und studieren nicht an einer Hochschule, sondern mit einem Gesangslehrer.
Ob das gut ist, kann ich dir natürlich nicht sagen. Aber ich denke da fehlen einem halt so Dinge wie Sprachunterricht, Schauspielunterricht usw.
Und natürlich ist der Job sehr hart denke ich mal. Man muss mental problemfrei und echt stabil sein (ich spreche aus Erfahrung. Sobald ich Sorgen habe oder zu viel über meine Stimme nachdenke, werde ich heiser, nichts geht mehr.)
Und die Konkurrenz ist hart; wenn man kein absoluter Star ist, kann man schlecht davon leben hab ich mir sagen lassen. Die Leute bei dem Theater hier haben miese Arbeitszeiten (teilweise Proben bis spät in die Nacht) und werden schlechter bezahlt als die Leute, die die Kulissen malen oder in der Buchhaltung sitzen.
Es gibt einfach momentan haufenweise Sänger, vor allem Soprane. Wenn ich mir allein angucke, wie viele Asiaten meine Gesangslehrerin unterrichtet und wie gut die meisten von denen schon sind, dann wundert es mich nicht, dass man keinen Job findet, wenn man nicht selbst absolute Spitzenklasse ist.
Also ich wollte ein paar Jahre lang IMMER Gesang studieren, weil ich Oper über alles liebe, aber der Job ist halt glaub ich einfach nicht so wie das, was man im Internet sieht. Man wird zu 99,9999999% eben keine Anna Netrebko oder eine Joyce DiDonato oder ein Jonas Kaufmann. Wenn man Glück hat, bekommt man eine Festanstellung und krebst so rum. Aber das ist schon superselten. Meine Gesangslehrerin singt zum Beispiel nicht mehr (ist schon 65) und unterrichtet Privatschüler, gibt gelegentlich noch Konzerte mit ihrem Mann, ist an der Musikschule angestellt als Gesangslehrerin, arbeitet im Theater...und viel Geld hat sie trotzdem nicht.
Also ich würde es an deiner Stelle wahrscheinlich nicht machen. Auch wegen des Alters. Als Hobby ist es auch etwas Wunderbares, da kann man mit den Connections eines Lehrers vielleicht auch mal Konzerte singen, wenn man Wert drauf legt, und studieren kann man dann was anderes. Ich mache zum Beispiel Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis mit Schwerpunkt Musik. Da kann man auch hinterher viel mit machen mit so einem Studiengang.
Aber wenn du so richtig dafür brennst und dir nichts anderes vorstellen kannst....mach es. Es ist deine Entscheidung und wenn du Leidenschaft dafür hast...wieso nicht? ^^
Das muss man dann sehen. Wenn deine Stimme gut ist und deine Ausbildung solide, dann kannst du natürlich auch noch in ein paar Jahren an einer Oper vorsingen. Oder vielleicht gefällt dir ja auch Oratorium und Kirchenmusik? Du musst dir halt ein Repertoire erarbeiten, ohne deine Stimme zu überfordern, aber ich würde das nicht so absolut sehen wie dein Lehrer. Probieren solltest du es auf alle Fälle.
Nur als Beispiel: In Schauspielschulen werden meist keine Schüler mehr aufgenommen, die älter als 28 sind. Aber das bedeutet: Die sind dann auch erst über 30 fertig.
Mal ganz davon abgesehen, wie realistisch die dauerhafte Anstellung an einem Opernhaus wäre:
Wenn du Operngesang studiert hast, und jetzt in den letzten Zügen deines Studium wärest, wäre auch in 2-3 Jahren noch Platz für dich zu einem Einstieg.
Wenn du hingegen nur Gesangsunterricht hattest (was an sich nichts Schlechtes ist !), dann fehlen dir einige Dinge für die Opernbühne:
- szenischer Unterricht (Elementares wie "wie lasse ich mich fallen und kann dabei noch singen?" bis zur kompletten Einstudierung einer Szene)
- Italienisch und andere Opern-Fremdsprachen (nicht das Urlaubs-wie-bestelle-ich-Kaffee-Ding, sondern wie singe ich Italienisch, ohne meinen Klang zu vereiteln und so dass man erkennt, dass es Italienisch ist?)
- Korrepetition (das Einstudieren neuer Literatur mit einem Korrepetitionspianisten)
- Opernchor
- Vermarktung und alles, was zum Dasein als selbständiger Sänger hinzu kommt
Vielleicht hat dein Gesangslehrer es aber auch anders gemeint. Vielleicht hört er in deiner Stimme noch Dinge, die sich jetzt sofort auflösen müssten, damit du noch 2-3 Jahre mit der verbesserten Stimme trainieren kannst.
Z.B. wenn zu viele Teilaspekte der Stimme entgegengesetzt sind. Timbre und Umfang sagen "lyrischer Sopran mit Anlage zu jugendlich-dramatisch", Vibrato sagt "Nix Da! Bitte Renaissance.", dein stilistisches Empfinden sagt "Romantik". Manchmal will die Stimme nicht so, wie man selbst will. Da braucht man als Sänger vor allem Respekt und Akzeptanz vor der eigenen Stimme.
Vielleicht gibt es in deiner Region Projekte, in denen auch Laien mitspielen dürfen. "Junge Oper" z.B. Das wäre ein Einstieg in die Opernwelt, ohne dass du vor den ganz großen Opernhäusern Gesicht verlierst.
Ist das wirklich erstrebenswert ? Ich habe einige gute Freunde die Profi-Sänger Schauspieler sind. Studiert, Erfahren, Arbeitslos. Ab und an mal für ein paar Monate Arbeit. Dann wieder harzen oder bei Obi an der Kasse. Und einige dieser Leute sind unglaublich gut. Einer z.B. Diplom-Opernsänger, Konzertmeister, Gesangspädagoge. Bringt quengeligen Kindern das Singen bei. Kann schlecht davon leben. Wäre seine Frau keine namhafte Innenachitektin ...... Andere wie gesagt mal für eine Saison Musical. Dann wieder ei jahr Obikasse. Diese Dame ist im übrigen ausgebildete diplomierte Sängerin, Tänzern Gesangslehrerin. Lesota Lehrkraft usw usw.
Wieviel Profi-Opernsängerinnen braucht Deutschland ? Wie viele haben wir ?. Dass da nur die absoluten Tops genommen werden ist doch klar. Ich selber arbeite normal als Betriebsleiter und habe den Gesang (bin auch ausgebildet) als tolles Hobby. Wäre das nicht auch für dich eine gute Möglichkeit ?
Es ist keine Frage des Alters. Einer meiner Lieblingssänger (nicht im Opernbereich aktiv) war zum Beispiel über 40, als er seinen Durchbruch hatte, und die meisten Hits landete er, als er "schon" zwischen 50 und 70 gewesen ist.
Es kommt immer auf den Standpunkt an. Dein Lehrer sieht es eben so, wie er es dir gesagt hat - aber das ist keine repräsentative oder gar verbindliche Meinung!
Nur Mut! Vielleicht wird es ja noch - glaub' an deine Träume!