Willensfreiheit?

1 Antwort

Ehrlich gesagt: Ein ziemliches Geschwurbel, und noch dazu ermüdend lange.

Eigentlich sagt er nicht mehr, als dass der Mensch in seinem Selbst-Bewusstsein sich selbst betrachtet und sich selbst eine Willensfreiheit attestiert. Dass aber allein schon der Begriff "Willensfreiheit" so unspezifisch ist, dass man ihn in jedwede Richtung hin interpretieren kann. So, wie man eben auch ein Gemälde auf verschiedenste Perspektiven hin interpretieren kann.

Er wendet sich gegen eine reduktionistische Sichtweise, dass man also durch immer kleinteiligere Analysen der Funktionsweise des menschlichen Gehirns zu einer Aussage kommen könnte. Ebenso wie man durch immer kleinteiligere Analysen eines Gemäldes auch nicht dessen Bedeutung verstehen würde.

Und das ist meiner Meinung nach ein sehr schlechter Vergleich: Würde man bspw. einen Computer immer kleinteiliger analysieren, dann käme man nämlich durchaus nach einer Weile auf das grundsätzliche Verständnis einer von-Neumann-Architektur und würde damit verstehen können, wie diese funktioniert. Dass dasselbe reduktionistische Prinzip bei der Frage des menschlichen Geistes und dessen Selbstbewusstseins nicht funktioniert, hat eher damit zu tun, dass die Leistungsfähigkeit von X schlichtweg nicht dazu ausreichen kann, sich X selbst analysieren zu können. Das gilt für X = Computer ebenso wie für X = Mensch, X = Tier, X = Alien oder sonstwas: "Es" müsste größer sein als "Es" selbst, um "Es" analysieren zu können.

Letztlich ist das menschliche Gehirn nun mal einfach so wie es ist und leistet das, was wir "Selbstbewusstsein" und "Willensfreiheit" nennen. Ob das nun eine Illusion ist oder doch nur ein unfreies wenn-dann-Geschehen, das nur so raffiniert komplex verschachtelt ist, dass wir es nicht als solches wahrnehmen: Das bleibt offen. Und damit schließt ja auch der Essay ab: Dass man eben erst mal den Begriff "Freiheit" (des Willens) definieren solle.

Und auch das ist wieder eine schlechte Ausrede, mit der sich der Herr Philosoph um eine Positionierun herumdrücken will. Denn selbstverständlich können wir definieren, was wir unter "Willensfreiheit" verstehen! Nämlich die Möglichkeit, auf Basis identischer Informationen uns einmal für- und einmal gegen eine Handlung entscheiden zu können. Die Neurobiologie sagt uns an der Stelle schon seit Jahrzehnten, dass wir sehr häufig einige Dutzend Millisekunden vor einem bewussten Entscheid bereits unsere unbewusste Motorik durch Muskelsignale ansteuern -und erst danach einen angeblich "bewussten" Entscheid dazu treffen. Zum Beispiel, dass wir im Supermarkt schon die Greifmuskulatur der Hand ansteuern zu beginnen, um nach dem Schokoriegel im Regal zu greifen, bevor wir uns angeblich "bewusst" dafür entscheiden, diesen nehmen oder nicht nehmen zu wollen. Und dass unser Gehirn sehr gut darin ist, nachträglich Gründe dafür zu finden, warum wir uns angeblich "frei" dafür entschieden hätten, den Schokoriegel zu nehmen.

Trotzdem ist das allein noch kein Beweis für die Abwesenheit der Willensfreiheit: Es zeigt nur, dass manche Entscheide im Unterbewusstsein stattfinden. Aber ob das Bewusstsein bei anderen Entscheiden mehr Freiheit hat, ist damit weder bewiesen noch widerlegt.