Wie soll ich mit Ihm umgehen?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Du hast es schon geschrieben: Er ist ein Mensch und er hat neben vielen Eigenschaften auch Asperger Autismus. Diese Störung tritt in vielen unterschiedlichen Formen auf, darum kann man nicht generell einschätzen, wie er sich dir gegenüber verhalten wird. Eine enge Freundschaft und auch Liebesbeziehung ist jedenfalls durchaus möglich.

Dass er sich auf Partys seltsam verhält, ist zu erwarten. Das Gewusel und die vielen sozialen Kontakte können beim Asperger Syndrom extrem anstrengend sein. Am besten wirst du das verstehen, wenn du ihn in Ruhe fragst. Wenn er dir das gut erklären kann, hilft das weiter.

Ich hatte eine Mitarbeiterin mit Asperger Syndrom eingestellt. Sie hatte einen Spickzettel, von dem sie in Situationen ablas, die ihr einfach nur noch "spanisch" vorkamen. Da stand z.B. drauf:

Geschenk bekommen -> Danke sagen
Nicht auf Körperteile starren
Nicht die Partner der Kolleginnen anbaggern.

Sie hatte mir mal eindeutige Anvancen gemacht, aber ich nahm sie kurz bei Seite und erklärte ihr unter 4 Augen meinen Familienstand, dass ich doppelt so alt bin wie sie und dass ich mit meinen Angestellten ein freundliches, aber sachliches Arbeitsklima schätze. Sie hat sich dann förmlich entschuldigt, aber ich habe keine Ahnung, ob sie das ernst meinte oder ob es auch auf ihrem Zettel stand. Das war auch kein Problem für mich: Auch wenn sie manchmal komisch war, blieb ich einfach ich.

Ein paar Kollegen haben sich bei mir beschwert, weil sie nicht grüßte. Ich breite natürlich nicht die Krankengeschichte vor anderen aus, sondern habe geantwortet, dass ich ihr wichtige Aufträge gebe und sie jemand ist, der extrem konzentriert vorplant, wenn sie durch die Gänge läuft. Stimmte ja auch irgendwie.

Also: Lerne ihn kennen, wenn du möchtest. Ob er sich zu viele Hoffnungen macht, kannst du nicht kontrollieren, also lasse das sein Problem sein. Wenn du klar und offen bist, führst du ihn ja nicht hinter's Licht. Sei so, wie du immer bist.

So intelligent wie du diese Frage geschrieben hast, kannst du dir, ohne Angst, alles zutrauen. Genau diese Art braucht er vom Menschlichen her. Schau was er dir rüberbringen kann.

Verstell dich nicht. Sei so, wie beim Schreiben. Und behandelt ihn nicht wie einen gestörten. Ihr müsst euch erst kennen lernen. Wenn mal einer was komisches sagt, nicht gleich verzweifeln

Hallo Naturkind2004,

weshalb willst du dich überhaupt mit ihm treffen?

Was erwartest du?

Mir wäre solch ein Kontakt, wenn so viele Zweifel, Unsicherheiten und Ängste vorhanden sind, zu anstrengend. Du musst dich erstmal über sein Krankheitsbild informieren, bevor du ihn triffst?

Für mich wäre das nichts.

Ich denke aber, du wirst im Netz schon fündig, was den Asperger Autismus betrifft und wünsche dir alles Gute.

Gruß


1Hoot  10.08.2022, 09:06

Sie will sich anfreunden

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Naturkind2004 
Fragesteller
 10.08.2022, 09:36

Ich habe das Gefühl gesehen zu werden. Sonst war ich immer nur eine von vielen, für ohn bin ich aber ein Individuum und haben einen "Platz". Ist es nicht das was eine gute Freundschaft ausmacht?

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Patricia6  10.08.2022, 09:38
@Naturkind2004

Wenn du dieses Gefühl hast, dann ist das gut und lohnt sich, sich vorab mit seiner Erkrankung auseinander zu setzen, Alles Gute!

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Zitruseulchen  10.08.2022, 09:49
Ich denke aber, du wirst im Netz schon fündig, was den Asperger Autismus betrifft

Leider muss ich dir da widersprechen. Das Internet ist voll von Fehlinformationen, Verallgemeinerungen, Klischees und Vorurteilen was Autismus betrifft. Selbst einige (scheinbar) seriöse Seiten verbreiten viele Fehlinformationen etc. Da muss man gar nicht lange suchen.

Das Problem ist, dass viele Artikel von Leuten geschrieben wurden/werden, die selbst keine Autisten sind.

Also ja: Im Netz wird man fündig, aber es ist wichtig, zu erwähnen, dass es nicht ausreicht "Was ist Autismus?" zu googlen und dort alles für bare Münze zu nehmen. (Ein paar häufige Fehlinformationen wären z.B: Autismus seie eine Krankheit, Autisten hätten keine Empathie, Autisten würden sich nicht für ihre Mitmenschen interessieren, Autisten hätten grundsätzlich kein Interesse an Freundschaften, Autisten hätten Inselbegabungen etc. pp)

Da muss man wirklich sehr genau aufpassen.

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Patricia6  10.08.2022, 11:08
@Zitruseulchen

Ich denke, das Verallgemeinern funktioniert generell nicht. Ich selbst bin seit gut 20 Jahren mit einer Person befreundet, die unter Asperger leidet, sie ist sehr empathisch, IQ 135, also hochbegabt, pflegt die Freundschaften, aber nur wenige, und ich habe bei ihr auch das Gefühl, wirklich in meinem Wesen gesehen zu werden.

Menschenmassen machen ihr zu schaffe, Geräusche und Lautsträke.

Das ist nun meine Erfahrung und das kann bei jemd. anderem natürlich auch wieder anders auswirken.

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Zitruseulchen  10.08.2022, 11:29
@Patricia6

Ja, natürlich. Das stimmt alles. Wobei ich eher denke, die Person leidet daran, wie viele Menschen ihren Autismus sehen und nicht direkt am Autismus an sich, aber das kann ja nur die Person selbst wissen.

Trotzdem ändert dies nichts an meiner Aussage, dass man extrem aufpassen muss, wo und von wem und von welchen Seiten man sich Informationen über diese Thematik beschafft. Als außenstehende Person kann man von diesen "Informationen" verwirrt sein und nicht wissen, was nun stimmt und was nicht.

Mir geht es eben auch um die vielen Fehlinformationen.

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Danke für Hilfreiche antworten und Erfahrungsberichte mit Asperger Autisten.

Erfahrungsberichte von Leuten, die (schon einmal) mit Autisten zu tun haben/hatten, werden dir nichts bringen. Kein Außenstehender kann sich in das Gehirn eines Autisten hineinversetzen und dir Tipps dazu geben. Manche neurotypischen Leute machen den großen Fehler, zu denken, weil ein Autist so ist, ist der andere Autist auch so. Nur, weil man bei dem einen Autisten Ironie und Sarkasmus vermeiden musste, heißt das noch lange nicht, dass man das bei dem nächsten Autisten ebenfalls tun muss. Der Nächste könnte Ironie und Sarkasmus lieben und es quasi ständig anwenden. Autisten sollten über Autismus sprechen/schreiben. Keine neurotypische oder nicht-autistische Person kann nachempfinden und erläutern, wie es sich in meinem autistischen Gehirn anfühlt.

Nun denn.

Ich möchte ihn als Menschen sehen und nicht als Asperger Autisten

Das wolltest du vielleicht nicht damit ausdrücken, aber du hast es geschrieben, also: Sind wir Autisten etwa keine (vollwertigen) Menschen für dich? Du kannst uns ruhig als Autisten sehen, weil wir Autisten SIND. Wäre ein Autist kein Autist mehr, wäre er ein völlig anderer Mensch. Autismus verändert, wie du die Welt wahrnimmst und sie siehst, mit ihr interagierst. Wie die Welt dich behandelt. Autismus ist keine Handtasche, die man mal beiseitelegen kann. Es ist tief eingraviert in das Gehirn, in die Persönlichkeit, in die Vergangenheit, in alle bisherigen Erlebnisse, in jede einzelne Sekunde und das ist in Ordnung. Wir Autisten sind vollwertige Menschen. Ich verstehe nicht, weshalb du ihn nicht als Autist sehen möchtest. Sein Autismus wird trotzdem bleiben. Sehe ihn als Autist an, als vollwertigen Menschen.

Allerdings habe ich etwas Angst, dass er sich mehr Hoffnung macht, oder ich dieses "Syndrom" was er hat immer im Hinterkopf habe.

Es ist eigentlich recht simpel: Du sagst ihm (Hast du zwar bereits, aber vielleicht willst du es ihm nochmal sagen, keine Ahnung), dass du ausschließlich eine Freundschaft mit ihm haben möchtest und auch nicht für eine Freundschaft Plus zu haben bist. Dann sagt er - schätze ich mal - "Okay" und alles ist gut. Solltest du jedoch bemerken, dass er mehr von dir will und er deine Grenzen nicht respektiert, brichst du den Kontakt bzw. die Freundschaft ab.

"Oder ich dieses "Syndrom" was er hat immer im Hinterkopf habe." - Das solltest du nicht im Hinterkopf, sondern im Vorderkopf haben! Hör ihm zu, hab ein offenes Ohr. Autismus ist nichts Schlimmes.

Kann ich irgendwas falsch machen? Oder worauf muss ich achten?

Frag ihn! Rede offen mit ihm. Wenn du nicht bereit bist, über Autismus zu lernen, wirst du nicht bereit sein für eine Freundschaft (oder Beziehung) mit einem Autisten. Frage ihn, auf was du achten solltest im Zusammenhang mit seinem Autismus und dann merke dir, dass diese Dinge NUR auf IHN zutreffen. Der nächste Autist braucht ganz andere Dinge.


Naturkind2004 
Fragesteller
 11.08.2022, 10:07

Vielen Dank für die Antwort! Ich wollte natürlich nicht damit ausdrücken, dass ich den Autismus verdrängen möchte oder dass Autisten für mich keine vollständigen Menschen sind, sondern dass ich den Autismus als Teil seines Menschlichen daseins ansehe. Jeder Mensch hat seine Macken, nur bei manchen haben diese Macken dann einen Namen, macht ja keinen Unterschied?

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Zitruseulchen  11.08.2022, 10:33
@Naturkind2004

Das hört sich schon wesentlich besser an, ja.

Wobei ich nicht sagen würde, dass Autismus oder autistische Verhaltensmuster (eine) Macke/Macken ist/sind.

macht ja keinen Unterschied?

Ob man Autist/Autistin ist oder nicht macht einen gewaltigen Unterschied. Und dann noch eine Diagnose zu haben, es bestätigt zu sehen - Das ist auch nochmal ein riesiger Unterschied. Oder ich verstehe dich falsch, keine Ahnung.

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Naturkind2004 
Fragesteller
 12.08.2022, 08:58
@Zitruseulchen

Vielleicht versteht man mich falsch. Deswegen formuliere ich es mal komplett anders: ich möchte Personen in keinster Weise auf eine Art behandeln die diese Personen stört, beleidigt oder gar diskriminiert. Dabei sind Personen immer unterschiedlich und empfinden anders, weshalb es schwierig ist angemessen mit jedem Individuum umzugehen so dass keine Missverständnisse aufkommen. Keine der oben zu findenden Aussagen waren so gemeint wie sie letztendlich dargestellt und erläutert wurden. In Zukunft werde ich mit solchen Aussagen vorsichtiger sein. Vielen Dank für die Hilfe!

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