Wie haben Kriegsüberlebende so lange gelebt?

4 Antworten

Früher waren Kriege und deren Folgen für die Menschen ein Phänomen, das zum Leben zwangsläufig dazugehörte. Fast 80 Jahre Frieden in Europa, diesen Luxus hatten vorhergehende Generationen nicht. Deshalb waren auch die Gemüter "abgehärteter" gegen Krieg, Tod, Leid und Elend. Es war ein unvermeidbares Übel. Sicher haben sich die psychischen Folgen bei manchen auch lebensverkürzend ausgewirkt, das war aber vermutlich eher die Minderheit.

Ob es die Lebenszeit verkürzt hat kann ich so nicht sagen.

Traumatisiert und Psychisch gestört waren die meisten mit Sicherheit. Es gab aber niemanden der sich darum gekümmert hat. Dies wurde als Krankheitsbild nicht wahrgenommen. Dazu kam: Diese Menschen hatten doch gar keine Zeit sich lange damit auseinander zu setzen. Fast alle mußten sich um ihr Überleben kümmern. Nahrungsmittel, Wohnungen, eigentlich alles war knapp und mußte mühselig besorgt werden. Aus heutiger Sicht haben diese Menschen unsägliches geleistet.

Auch in unsere Familie waren die Folgen des Krieges noch allgegenwärtig. Meine Mutter, inzwischen wieder verheiratete Kriegerwitwe, hatte z. B. ihr ganzes Leben lang Panikattacken wenn irgendwo ein Feuerwerk stattfand. Das rührte daher dass sie mit ihrem Säugling bei Fliegeralarmen immer in die Bunker flüchten mußte und die Einschläge in der Nähe alles erbeben ließen. Mein Bruder wurde geboren, da war sein leiblicher Vater schon längst gefallen. Mein Vater z. B. konnte nicht länger als eine Stunde sitzen, da er in den Oberschenkeln und im Gesäß Granatsplitter hatte die nicht entfernt wurden. Ein Onkel von mir kam erst Anfang der 1950er Jahre aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Er wurde als 18-Jähriger, ohne Schulabschluß zum Militär eingezogen. Er hatte nun, 12 Jahre später, weder einen gültigen Schulabschluß noch einen Beruf. Das waren aber jetzt noch vergleichsweise weniger schlimme Dinge. Für uns Kinder war der Anblick kriegsversehrter Menschen Alltag. Männer ohne Arm oder Bein kannte man genügend. Die Väter einiger meiner Schulkameraden waren z. T. stark kriegsversehrt. Für uns war das ganz normal.

Viel Zeit hatte man nicht über schlimme Zeiten nachzudenken. Zu sehr nahm die Bewältigung des Alltags die Menschen in die Pflicht.

Wenn ich sehe wie sich die Zeiten gewandelt haben komme ich immer wieder zu dem Schluß, dass es uns heute unglaublich gut geht. Dafür können wir nicht genug dankbar sein. Aus diesem Grund sollten wir mit allen Mitteln versuchen diesen Zustand so gut wie möglich zu erhalten.

Bitte sorgt auch in Zukunft für vernünftige Zustände. Sorgt dafür dass Frieden bleibt, auch wenn es momentan nicht eben danach aussehen mag.

Mein Nachbar ist in der Tat 98 Jahre alt geworden (und er hätte noch länger gemacht, wäre er nicht mit einem Coronainfizierten Person zusammen auf ein Krankenhauszimmer gelegt worden!)

Der Mann war bis auf das er Dialysepatient war, noch topfit. Er fuhr sogar noch einfache Strecken zum Einkaufen mit dem Auto.

Unser guter "Wehrmacht - Willi" hat in Stalingrad gekämpft und ist verwundet und zerschossen mit der LETZTEN Junkers Maschine im Januar 1943 aus dem Kessel ausgeflogen worden.

Die Frage, warum er denn ein so langes Leben hatte, beantwortete Willi immer so:

"Vielleicht ist das der Ausgleich für das, was ich als junger Mann mitmachen musste"

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Sie haben sich nicht hinter "psychischen Traumata" versteckt und geheult, sondern sich um das Überleben gekümmert, u.a. um Wohnung, Essen, Arbeit.

Für Nabelschau und Betrachtungen der "Psyche" war keine Zeit.

Rassler38  19.07.2023, 11:03

Unsinn. Dafür war Zeit, ob man sich die genommen hat, ist ne andere Sache. Die haben ihre Traumata in der Regel hinter verschlossener Tür an ihren Frauen und Kindern raus gelassen.

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