Wie fühlen sich gefühle an?

Ichmagessengrr  17.06.2025, 19:01

Was bedeutet Alexithymie?

Zeynep15 
Beitragsersteller
 17.06.2025, 19:06

wen ich das was ich fühle oder spüre nicht zu einen gefühl ordnen kann und ich dinge wie reizüberflutung, Verwirrung, komisch ,Spannung ,druck ,durcheinander, (leere aber meistens)

2 Antworten

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Also zuerst einmal: Ich bin selber Autistin, doch soweit ich weiß, habe ich keine Alexithymie. Wobei ich manchmal denke, ich könnte es haben - zumindest so ein bisschen -, aber dann wieder doch nicht ... Na ja.

Ich kann nur von mir persönlich sprechen. Bei mir ist das so:

Wut:

Bei Wut fühle ich etwas wie ein Zucken in meinem Gehirn. Es kribbelt alles. Ich verkrampfe mich. Meine Gedanken fahren Karussell in Lichtgeschwindigkeit. Mein Gesicht, mein gesamter Körper werden warm ... Keine Ahnung. Ich kann mich meist nicht so gut an die Gefühle zurückerinnern, die ich hatte, nachdem solch starke Gefühle wie Wut oder Trauer vorbei sind. Es kommt auch darauf an, wie stark die Wut ist und weshalb ich wütend bin. Auf wen. Die Tageszeit, was davor passiert ist, wie ich mich generell fühle. Meine Kehle schnürt sich dann oft zu, aber das kann auch geschehen, wenn ich kurz vorm Weinen bin.

Trauer:

Trauer ist eine der wenigen Momente, (außer, wenn ich erkältet bin) in denen ich tatsächlich nichts essen kann. In denen selbst die Süßigkeiten und Chips, die ich davor wie ein Staubsauger aufsaugen konnte, mich nicht mehr ansprechen. Ich verliere jegliche Energie und will einfach nur noch in mein Bett. Rollos runter, alles aus. Und heulen. (Na ja, ich will nicht wirklich heulen. Ich hasse es, zu weinen, weil sich meine Probleme durch Weinen noch nie gelöst haben.) Es ist emotional sehr stressig. Ich bin aufgewühlt, aber auch ... keine Ahnung, leer. Na ja, nein, nicht leer. Ich spüre zu viel, um leer zu sein. Mein Herz zieht sich zusammen, nein. Es sticht, es wird erstochen, es schmerzt einfach. Und ich kann keine Kraft aufbringen, um zu lächeln. Meine Mundwinkel fühlen sich soooo schwer an. Alles ist soooo schwer. Meine Handflächen (innen) kribbeln.

Starke Trauer ist bei mir fast immer mit einem autistischen Meltdown verbunden (was dann auch unter anderem selbstverletzendes Stimming bedeutet, obwohl bei mir zum Glück keine bleibenden Verletzungen bleiben), da meine Emotionen einfach zu viel für mich sind. Sie überladen mich. Durch diese Meltdowns wird meine Trauer nochmal um einiges verstärkt und deshalb hat "mich ausheulen" und so nie einen "heilenden", "beruhigenden" Effekt für mich. Ich bin danach genau so traurig wie zuvor, mit dem einzigen Unterschied, dass ich emotional und körperlich nun NOCH ausgelaugter bin, weil autistische Meltdowns einem (wie du vielleicht selber weißt) jegliche Restenergie rausziehen und man danach eine lange Regenerationszeit benötigt.

Kitzeln in der Nase, Gedankenkarussell auch.

Aber das war jetzt mehr Trauer in Verbindung mit Weinen. Ich weiß nicht, wie sich meine Trauer anfühlt, ohne Weinen. Wenn sie nicht so stark ist. Hmmm ... Erdrückend, denke ich. Meine Augen fokussieren einen Punkt. Sie starren. Aber dann schmerzen sie, weil ich aufgrund meiner Trauer zu lange nicht geblinzelt haben. Sie kitzeln. Ich spüre, wie mir etwas die Kehle hochkommen will (Nein, ich muss mich dann nicht übergeben). Irgendein Geräusch, wie ein plötzliches "Uuhgh" oder so. Wut und Trauer vermischen sich nicht selten bei mir.

Freude:

Freude ist tatsächlich eine der wenigen Emotionen, die ich als "gedämpft" bezeichnen würde. Ich kann mich definitiv freuen. Sehr freuen! Auch für andere. Aber meine Mimik zeigt das manchmal nicht. Ich glaube, meine Freude ist geringer, aufgrund meiner vielen Sorgen im Leben. Loslassen und nicht nachdenken ist ein Luxus, ein Privileg, das man erstmal haben muss und das habe ich nicht. Wie fühlt sich Freude an? ... Ehrlich? Ich weiß es nicht. Ich fühle bei Freude weniger, glaube ich. Ich denke mehr. Ich weiß, dass ich mich freue. Weil mein Gehirn mir das sagt. Aber ... Hmmm. Da ist dieses kleine Hüpfen von meinem Herz, manchmal. Oder wenn ich einen süßen Vogel (also einen Vogel, weil jeder Vogel ist süß) sehe, dann mache ich "awwww!!". Es ist wie als will da mehr sein und mehr raus, aber da kann nicht mehr raus, weißt du? Wie eine Blockade. Aber ich kann scheinbar emotionslos wo hinstarren und trotzdem Freude empfinden. Aber die Sache ist die: Sobald irgendetwas nicht passt, ist diese Freude sofort gedämpft. Wetter zu warm, kalt, windig, frostig, Luftfeuchtigkeit zu hoch, Schuhe unbequem, Beine tun weh, Ohren sind plötzlich zu, zu laut, Hunger, Rückenschmerzen, Kleidung verschiebt sich, zu hell, zu viele Leute, Lippen trocken, Tasche zu schwer usw. usf.? Freude ist reduziert.

Auf der anderen Seite kann ich mich Zuhause mit meinen Spezialinteressen beschäftigen und tatsächliche Freude ausstrahlen, doch ... und das mag vielleicht seltsam klingen ..., doch emotional so mitgerissen zu sein, durch meine Freude, ist sehr energieraubend. Deshalb muss ich aufpassen, wann und wie oft ich mir z.B. Videos/Dokumentationen über Vögel anschaue. Ich fühle da sehr stark mit, denn ich liebe sie, aber so viel zu fühlen macht mich so emotional und selbst positive Emotionen rauben mir Energie. Ich kann dann auch sehr schnell sehr hibbelig sein. Je mehr ich meinen Körper bewege, je mehr ich fühle, desto weniger Energie habe ich für andere Dinge wie ... Zähneputzen oder sowas halt. Oder mich mit anderen Menschen/Dingen zu beschäftigen. Zu kommunizieren. Klar zu denken. (Deshalb bekam ich auch schon früher nie positive Energie durch Dinge wie Sport ausgesendet. Weder währenddessen, noch danach.) Ich gehe stark davon aus, dass das mit meiner Executive Dysfunction zu tun hat. Ist ja bei Autisten und ADHSlern häufig.

Ich kann Gefühle schwer beschreiben, wirklich. Besonders, wenn es ums Körperliche geht. Ich fühle sie zu stark, um hinterher noch die Energie zu haben, mich daran zurück zu erinnern, und sie akkurat, haargenau, detailgetreu beschreiben zu können. Mein Gehirn versucht wohl, mich noch irgendwie zu beschützen. ... Oder irgendwie so, idk, whatever.

Ich glaube, zu viel Freude = Freudentränen = Tränen = Trauer. Das denkt sich mein Gehirn wohl und deshalb mag es zu viel Freude nicht und sendet mir negative Signale aus. Oder weil alles emotional schwer ist. Anstrengend. Und alles, was (emotional) anstrengend ist, ist negativ. Und alles, was emotional ist, ist anstrengend. Also ist alles emotionale negativ. Weil anstrengend = negativ. Mein Gehirn spricht in Rätseln. Versteh' es einer.

Es gibt noch andere Emotionen wie ... ähm ... Neid, Überraschung (Ist das eine Emotion?), Frust (Obgleich Frust oft Hand in Hand mit Trauer und Wut geht), Unverständnis, ....... Müdigkeit...lol, ne, das ist keine- Wobei.. Na ja. Manchmal denke ich, meine Gefühle sind für mich nicht klar abzugrenzen und oft ein Mischmasch. Aber ich kann sie benennen! Ich kann dir meist ziemlich genau die Gefühle aufzählen, die ich fühle, aber es ist selten nur ein Gefühl. Zum Beispiel jetzt bin ich müde, gelangweilt, gereizt, frustriert, ein bisschen traurig, ein bisschen wütend. Doch bin ich gelangweilt, weil ich müde bin, müde, weil ich gelangweilt bin, oder frustriert aufgrund meiner Wut, wütend aufgrund meines Frustes, traurig wegen meiner Müdigkeit, müde, weil ich gereizt bin, gereizt, weil ich wütend bin, traurig aufgrund meiner Langeweile, gelangweilt wegen meines Frusts....?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽

Ich denke da fühlt und reagiert jeder anders, ich bin jetzt auch nicht der größte Gefühlsmensch - trotzdem kann ich es halbwegs beschreiben.

Wut - löst in mir körperlich sehr viel Energie aus, oft auch Aggression, die ich aber natürlich zurückhalten kann.

Trauer - kann ich nicht gut beschreiben, ich glaube ich bin auch nicht oft traurig.

Freude - gibt mir enorm viel Energie und ich bin verbal sehr euphorisch.