Wie berechnet man Materialaufwand (GuV)?

1 Antwort

Mal die Logik dahinter:

Eröffnungsbilanz zum 01.01.

Anfangsbestand Warenkonto (390) zum 1.01. 10.000 Euro

Im Laufe des Jahres...

  • Einkauf Waren (390) gegen Rechnung (Verbindlichkeiten LL 160)

390/160 10.000 Euro
155/160 1.900 Euro Vorsteuer (Rechnungssumme 11.900 Euro)

  • Rückversand an Waren weil Mangel, entsprechend Korrektur Warenkonto (390) und Vorsteuer (155) sowie Verbindlichkeitskonto (160)

160/390 1.000 Euro Korrektur Waren, die zurückgesendet werden
160/155 190 Euro Korrektur Vorsteuer für zurückgesendete Waren

--> das hat lediglich Einfluss auf die Verbindlichkeiten und die Höhe des Warenkontos

  • Verkauf von Waren über das Warenverkaufskonto (850) und Forderungen Lieferung und Leistungen (Verkauf gegen Rechnung 140)

140/850 20.000 Euro Warennettowert inkl. Gewinn netto
140/175 3.800 Euro Mehrwertsteuer auf Waren durch Kunde zu zahlen

  • Wir begleichen eine Rechnung von einem Lieferanten, damit sinkt Bankkontostand (113) und die Verbindlichkeiten Lieferungen und Leistungen (160)

116/113 5.000 Euro

  • Ein Kunde zahlt eine Rechnung von uns, damit sinken unsere Forderungen (140) und das Bankkonto steigt (113).

113/140 3.000 Euro

Schlussbilanz

möchte erstellt werden.

Zum Einen hatten wir bei Handelsware-Bestandskonto 390 einen Anfangsbestand in Höhe von 10.000 Euro.

Wir haben außerdem Ware eingekauft in Höhe von 10.000 Euro.

Damit Zwischensumme an Bestand im Haben in Höhe von 20.000 Euro.

Dann hatten wir Ware zurückgesandt in Höhe von 1.000 Euro.

Damit zeigt unser Warenkonto ein Haben in Höhe von 10.000 + 10.000 - 1.000 = 19.000 Euro

Der Warenverkauf über 850 das Warenverkaufskonto (Erfolgskonto der GuV) berührt das Warenkonto (Bestandskonto der Bilanz) nicht. Das GuV-Konto selbst ist lediglich eine Art Unterkonto des Eigenkapitalkontos, wobei der Saldo von Verkauf und Aufwand, also der Gewinn oder ein daraus resultierender Verlust, das Eigenkapitalkonto erhöht oder dessen Saldo schmälert bei Verlust.

Die Inventur sagt wir haben noch 5.000 Euro Waren (390) im Lager.

Das Warenkonto 390 in der Buchhaltung zeigt einen Saldo in Höhe von 19.000 Euro.

Also haben wir einen Warenverbrauch von 19.000 - 5.000 = 14.000 Euro.

Wir buchen nun diese 14.000 Euro aus dem Warenkonto 390 aus und zwar auf das Konto Wareneinsatz zu Einstandspreisen (410), also auf ein Zwischenkonto:

410/390 14.000 Euro

Übrig bleibt auf dem Konto Warenbestand (390) ein Saldo in Höhe von 5.000 Euro, der mit dem Ergebnis der Inventur übereinstimmt.

Dann gibt es zwei Möglichkeiten, die Brutto- oder die Nettomethode:

Entweder bucht man nun den Wareneinsatz zu Einstandpreisen in das Warenverkaufskonto (850) rein und bucht den Saldo des 850 dann ins GuV-Konto:

850/410 Euro 14.000 Euro

Oben sieht man, über das WVK 850 wurden bereits Ware verkauft; dort haben wir dann auf der Habenseite 20.000 Euro.
Nun sind auf der Sollseite 14.000 Euro.
Wir haben also einen Saldo in Höhe von 6.000 Euro, der dann auf das GuV-Konto 989 gebucht wird.

850/989 6.000 Euro

Die 6.000 Euro sind also der Gewinn, der aus Umsatz aus Waren und Wareneinsatz zu Einstandpreisen direkt ins GuV übertragen wird.

Eine andere Möglichkeit wäre:
Wir haben bereits den Wareneinsatz zu Einstandspreisen auf die 410 gebucht.

Nun buchen wir den Saldo des Warenverkaufskontos (850) auf die eine Seite des GuV-Kontos (989) und den Wareneinsatz zu Einstandspreisen (410) auf die andere Seite des GuV-Kontos:

989/410 14.000 Euro Wareneinsatz wird aufs GuV gebucht
850/989 20.000 Euro unser Umsatz aus Warenverkauf wird auf GuV gebucht.

Hier stehen sich dann Umsatz und Wareneinsatz gegenüber. Die Differenz (Gewinn oder Verlust) wird dann im GuV-Konto selbst ersichtlich.

In unserem Fall, wenn da keine anderen Umsatz- oder Aufwandskonten in die GuV gebucht werden würden (was recht unwahrscheinlich ist), würde die Differenz bzw. der Saldo in Höhe von 6.000 Euro des GuV-Kontos (989) als ein Gewinn den Saldo des Eigenkapitalkontos (Bestandskonto Bilanz 075) erhöhen:

989/075 6.000 Euro.

chilly10  19.01.2020, 15:58

Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (140)

sowie das Verbindlichkeitskonto aus Lieferungen und Leistungen (160)

oder sonstige Forderungs- und Darlehenskonten

werden von der GuV nicht berührt und bleiben mit ihrem Saldo als Bestandskonten bestehen.

Die Zahlungen bzgl 140 und 160 laufen dann direkt z. B. über die Bank (113) oder Bar-Kasse (100):

100/140 Begleichung einer Rechnung des Kunden, er zahlt in bar

113/140 Begleichung einer Rechnung des Kunden, er zahlt per Überweisung

160/113 Begleichung einer Verbindlichkeit beim Lieferanten

Hier hast Du quasi nur einen Aktivtausch (100/140)
oder Aktiv-Passiv-Minderung (160/113)

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mukala 
Fragesteller
 19.01.2020, 20:10
@chilly10

Danke für ausführliche Antwort. Aber meine Frage bezog sich auf Gewinn und Verlustrechnung.

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chilly10  20.01.2020, 06:11
@mukala

Eben genau deshalb erkläre ich Dir das ja - Du darfst Bestandskonten und Erfolgrechnung nicht miteinander verwechseln. Zunächst muss erst mal klar sein, was ist die Bilanz und was ist die Erfolgsrechnung.

Die Bilanz gibt Aufschluss über die Struktur des Vermögens mit Aktiva und Passiva. Die Summe des Vermögens wird auf beiden Seiten unterschiedlich dargestellt. Auf der linken Seite stellst Du Dir in real als Anlagevermögen ein Haus, ein Auto, als Umlaufvermögen Handelsware (Tische) und eine Kasse mit Geld drin vor. Hier zeigt Dir die Bilanz die Struktur Deines Vermögens, wobei die nach Liquidität sortiert ist.

Die Passiva-Seite der Bilanz sagt Dir im Grunde nur, ob es sich um Eigenkapital oder Fremdkapital handelt. Hast Du auf der Passiv-Seite z. B. 30 % Eigenkapital und 70 % Fremdkapital und die obige Aktivseite, dann bedeutet das, dass das Haus, Auto usw. zu 30 % aus Deinem eigenen Vermögen und der Rest aus Fremdkapital (Darlehen von der Bank usw.) finanziert ist.

Und ebenso verhält es sich mit Deiner Frage zur Ware, die nur zu einem bestimmten Teil bezahlt ist. Die Handelsware ist Aktiva z. B in Höhe von 10.000 Euro. Auf der Passiv-Seite hast Du Verbindlichkeiten, also die Rechnung. Ist die Rechnung über die Handelsware nicht beglichen, dann hast Du auf Seite Aktiva 10.000 Euro Handelsware und auf der Passivseite unter Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen auch 10.000 Euro stehen.

Begleichst Du nun einen Teil der Rechnung in Höhe von 5.000 Euro bei Deinem Lieferanten z. B. per Banküberweisung passiert folgendes:

Der Warenbestand unter Handelsware bleibt gleich, also 10.000 Euro. Das Bankguthaben sinkt um 5.000 Euro (Aktiva) und die Verbindlichkeiten (Passiva) sinken auch um 5.000 Euro.

Beim Handelsgeschäft geht es ja immer darum, dass Du eine Leistung oder Ware erhältst und dafür eine Gegenleistung, meist in Geldform erbringst. Die Leistung (Ware) hast Du erhalten und aktiviert in der Bilanz, nur die Gegenleistung, die Du erbringen solltest, die ist noch in der Bilanz vermerkt gewesen (Verbindlichkeiten) und sobald Du einen Teil der Leistung erbringst, also einen Teil der Rechnung zahlst, sinkt Deine Verbindlichkeit zusammen mit dem Bankkontostand. Das hat jedoch keinerlei Auswirkung auf die aktivierte Handelsware und deren Wert. Das ist alles lediglich Aktiv-Passiv-Minderung. Und wenn man Ware bar bezahlt, dann ein Aktiv-Tausch, insofern man nicht über das Verbindlichkeitskonto bucht.

Was die Erfolgsrechung angeht - die GuV. Die GuV ist quasi eine Unterrechnung zum Eigenkapitalkonto auf der Passivseite. In dieser werden Umsatz/Ertrag und Aufwand (Einkauf, Verbrauch von Leistungen in einem Zeitraum) gegenübergestellt. Der Saldo daraus ergibt dann eine Veränderung des Betrages des Eigenkapitalkontos (Mehrung bei Gewinn, Minderung bei Verlust).

Was Du also bei einem "Verbrauch" also Verkauf von Handelsware berücksichtigst und in die GuV überträgst, sind die verkauften Möbel z. B. Der Restbestand in Deinem Umlaufvermögen ist ein Vermögensbestand und hat nichts mit Aufwand oder dergleichen zu tun.

Deshalb hatte ich oben auch noch einmal das Konto 410 hervorgehoben. Wareneinsatz zu Einstandspreisen. Du berechnest da quasi die verbrauchten Waren zu deren Einkaufspreis und überträgst die Anzahl bzw. Kosten der verbrauchten Waren zum Einkaufspreis (näherungsweise) in die GuV als Aufwand.

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mukala 
Fragesteller
 19.01.2020, 16:51

Danke für deine Antwort.. ein fiktiver Fall:

Muster Gmbh:

Inventur (01.01.2018): 500,000 Euro

Inventur (31.12.2018): 800,000 Euro

Inventurerhöhung: 300,000 Euro

Im Jahr hat die GmbH insgesamt Waren in Höhe von 600,000 Euro geliefert bekommen. Bezahlt hat die aber nur 200,000 Euro. 400,000 Euro ist noch offen.

Die Frage lautet: Materialaufwand 600,000 Euro oder 200,000 Euro?

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chilly10  19.01.2020, 17:19
@mukala

Wie ich oben schrieb, buchst Du Verbindlichkeiten bei einem Einkauf von Waren 390 an 160 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.

Das Warenbestandskonto hat an sich nichts mit dem Verbindlichkeitsbestandskonto zu tun.

Ausschlaggebend ist die wirtschaftliche Zugehörigkeit und wenn die Ware sich in Deinem Lager befindet, also bei Dir auf dem Warenkonto gebucht ist, dann ist das ausschlaggebend, unabhängig davon wie hoch Dein Verbindlichkeitskonto ist.

Das Verbindlichkeitskonto wird in der Regel höher, wenn Du viele Waren auf Rechnungen kaufst und niedriger, wenn Du sie z. B. über die Bank bezahlst. Das hat aber nix mit dem Warenkonto und dessen Bestand an sich zu tun. Das eine ist Aktiva Umlaufvermögen, das andere ist Passiva Verbindlichkeiten.

Die beiden Bilanzseiten darfst Du an sich nicht miteinander verbunden ansehen. Sie zeigen lediglich die Vermögensstruktur eines Unternehmens aus zwei verschiedenen Perspektiven.

Aktiva - wie ist das Vermögen von der Struktur und Liquidität her angelegt - handelt es sich um festes Anlagevermögen bzw. nicht bewegliche Güter, die schwer liquidierbar sind wie Gebäude oder besser liquidierbares Vermögen wie Ware, die ich verkaufen kann oder liquide Mittel wie Kassenbestände, wo das Geld sofort zur Verfügung steht.

Das Passiva zeigt lediglich den gleichen Vermögenswert des Unternehmens, nur aus der Perspektive, die Dir sagt, ob es sich um Eigenkapital (Vermögen der Gesellschafter bzw. Vermögen, welches aufgrund von Gewinn oder Gewinnvortrag aus dem Vorjahr) handelt und/oder Fremdvermögen, also Darlehen, Verbindlichkeiten aus Rechnungen, ...

Die eine Sichtweise, also wie viel der Rechnung Du bereits bezahlt hast, die der Passiva-Seite zuzuordnen ist, hat nichts mit der Höhe Deines Warenbestandskontos zu tun, die der Aktiva-Seite des Kontos zuzuordnen ist.

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