Werden unsere Kitten noch zahm?

2 Antworten

Ich sage mal, ja.

Habe zwar nur Erfahrung mit Wellensittichen, aber da wurden auch Vögel zahm, die extrem verschreckt waren, teilweise erst nach Jahren (in einem Fall 4, m anderen 8).

Bei mir hat es erst mit Clickertraining geklappt, also mit aktiver Belohnung und einem "unpersönlichen" System. Vorherige Versuche waren Zähmen mit Leckerli als Lockmittel, einfach in der Nähe sein oder Vögel komplett ignorieren, also akzeptieren, dass sie halt scheu sind.

In einem Fall dauerte es 14 Tage, bis der vierjährige Vogel bei täglichem Training die ca. 15 cm vom Ast zur Käfigtür zurückgelegt hatte (jeden Tag einen cm mehr ungefähr). Dann wurde er immer belohnt, wenn er in der Käfigtür saß. Dann saß er plötzlich von alleine dort, weil er üben wollte (also Leckerli).

Gut 4 Monate später (wir hatten schön weiter geübt) saß er zum ersten Mal im Käfig auf meiner Hand. Im Käfig, weil ich über Weihnachten mit den Vögeln bei meinen Eltern war und die dort nicht frei fliegen konnten, weil es viele Lücken hinter Möbeln gegeben hätte, in die sie hätten fallen können. Dann passierte es und der Vogel erschreckte sich beim Futterwechsel und stürmte aus dem Käfig, saß auf einem Papierstapel oben auf einem Schrank. Ich kam da nur ran, indem ich auf Zehenspitzen auf einem Stuhl stand. Targetstick raus, hochgereckt, Hirse hingehalten, Hand hingehalten - und der Vogel kletterte auf meine Hand, ließ sich zum Käfig zurück tragen und kletterte da rein. Obwohl er erst zum zweiten Mal auf meiner Hand saß und ich beim Runtersteigen vom Stuhl wohl auch ziemlich wackelte.

Dieser Vogel hatte, bevor ich mit dem Training anfing, täglich Panik geschoben bei völligen Routineaufgaben wie Futterwechsel. Hinterher wurde er sehr zahm (hatte natürlich auch noch einen Partner) und flog z.B. gern zwischen meinem Gesicht und dem Laptopbildschirm durch.

Also ich würde sagen, gebt den Kitten Zeit und etabliert irgendetwas, auf das sie sich verlassen können. Z.B. immer mit den gleichen Worten oder Gesten ankündigen, wenn ihr etwas vorhabt. Ins Zimmer kommen, von der Couch aufstehen, zu ihnen hin gehen, von ihnen weggehen, füttern usw. Irgendwann erkennen sie das und sind gelassener, weil sie wissen, was passiert. Vielleicht könnt ihr ein kleines Stück Lieblingsleckerli nur noch geben, wenn sie euch ansehen, in eurer Nähe sind, nicht von euch weggehen usw. Ihr könntet auch versuchen, mit einem LANGEN Targetstick zu trainieren. Den ins Zimmer legen, immer mal damit weit von ihnen entfern hantieren, sie dann belohnen, wenn sie hinsehen, später den Stick weit von ihnen und euch entfernt hinhalten, sie fürs Hinsehen, Strecken, Schnuppern, Berühren belohnen. Und wenn sie dann gewohnt sind, den Stick zu berühren (der ja viel Platz zwischen ihnen und euch lässt), könntet ihr sie damit hin und wieder mal etwas rauslocken, an interessante Orte führen, zu anderem Futter, interessantem Spielzeug, neuen Versteckmöglichkeiten usw. Nach und nach könnte der Stick dann zu einer Person führen oder immer kürzer werden, bis sie relativ nahe an euch ran kommen.

Sessions immer sehr kurz halten (am besten 2 bis 5 min, am Anfang vielleicht auch nur ein bis drei Clicks) und nie die Katze bedrängen. Ihr immer Raum lassen. Jede Session mit einer etwas größeren Portion Lieblingsleckerli belohnen, also 4 statt einem Stück etc. Das Leckerli sollte so klein oder wenig sein, dass es normalerweise mit einem kleinen Haps verschlungen werden kann.

Und wenn ihr so etwas eben täglich in ganz kurzen Sessions ergebnisoffen macht, also ohne Zeitplan, wann was passiert sein muss, dürftet ihr mit der Zeit merken, dass die Kitten immer zutraulicher werden.

Es ist jetzt ja auch alles neu - Umgebung, Menschen, Geräusche, Gerüche. Das kann einem schon mal Angst machen, wenn zudem die Mama weg ist!

PS
Beobachtet die Kitten und findet heraus, wovor sie Angst haben und kündigt das dann immer weit vorher an. Meine Vögel hatten nach einem Umzug große Angst vor dem Vorhang. Der Käfig stand teilweise vor einem Fenster und wenn ich abends den Vorhang zuzog, flatterten sie gegen das Gitter. Es dauerte keine Woche, bis sie ruhig sitzen blieben, wenn ich beim Betreten des Zimmers "Vorhang" sagte, weil sie dann wussten, was passiert. Offenbar war es sehr bedrohlich, wenn sich plötzlich hinter dem Käfig die "Wand" veränderte. Mir war es vorher gar nicht bewusst, dass sie vor so etwas Angst haben könnten.

Es kann auch sein, dass Tiere vor bestimmter Kleidung oder bestimmten Farben Angst haben. Das sollte man beobachten, dann diese Sachen erst mal einschränken und langsam, mit Ankündigung, wieder einführen.

Hier ist eine ganze Serie über ein Pferd, das viele Ängste hatte, unter anderem wohl eine tiefsitzende vor Regenschirmen. Das Video ist schon Folge 19, es sind aber noch deutlich mehr und man sieht, wie lange es dauern kann, bis ein Tier einen für uns relativ harmlosen Gegenstand entspannt akzeptiert.

https://www.youtube.com/watch?v=VCotYhXSY2g

Zeit - Zeit und nochmal Zeit.

Sowas geht nicht innerhalb ein paar Tagen.

Die Kleinen haben ihre gewohnte Umgebung verloren, die Mutter und die vertrauten Menschen.

Ein bisschen Geduld müsst ihr schon haben.