Welche Stoffe sind Ampholyte?

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Was eine Brønstedt-Säure ist, ist relativ klar: Alles, was ein Proton (H⁺) ab­geben kann. Als Voraus­setzung dafür sollte die Substanz zumin­dest ein H-Atom im Molekül besitzen. Praktisch jedes H-Atom in einem Molekül kann als H⁺ ab­gege­ben werden, aber in vielen Fällen braucht es dazu absurde Be­din­gun­gen — in solchen Fällen sagt man meistens, die Substanz ist nicht sauer (z.B. CH₄).

Manche Säuren machen das ein bißchen anders, z.B. Borsäure H₃BO₃. Die erzeugen auch ein H⁺, aber das kommt aus dem Lösungsmittel: H₃BO₃ + H₂O ⟶ H⁺ + H₄BO₄⁻. Das sind aber keine Brønstedt-Säuren sondern Lewis-Säuren.

Schwieriger ist es mit den Basen. Denn ein H⁺ kann sich eigentlich an jedes freie Elektronenpaar anlagern, und fast alle Moleküle haben so etwas. Ob sie das unter nicht-absurden Bdeingungen auch tun, ist aber eine andere Frage. Das muß man also eher wissen.

Schwefelsäure ist — Überraschung! — eine Säure. Jedes ihrer Sauerstoff­atome trägt aber zwei einsame Elektronenpaare, deshalb kann sie im Prinzip auch als Base reagieren:

H₂SO₄ + H⁺  ⟶  H₃SO₄⁺

In wässsriger Lösung wird man diese Reaktion nie beobachten können. Das istkein Wunder, denn dort gibt es nicht einmal H₂SO₄-Moleküle (die dissoziieren ja praktisch vollständig in HSO₄⁻ + H⁺). Das exotische H₃SO₄⁺-Ion existiert aber in winzigen Mengen in wasserfreier Schwefelsäure, wo es sich durch Auto­protolyse bildet

2 H₂SO₄  ⟶  H₃SO₄⁺  +  HSO₄⁻

Das ist völlig analog zur Autoprotolyse des Wassers

2 H₂O  ⟶  H₃O⁺  +  OH⁻

und genauso wie man die H₃O⁺-Konzentration in Wasser erhöhen kann, indem man eine Säure reinkübelt, entstehen auch in wasserfreier Schwefelsäure mehr H₃SO₄⁺-Ionen, wenn man eine Säure zugibt — das funktioniert aber nur mit extrem starken Säuren, z.B. Perchlorsäure

H₂SO₄ + HClO₄  ⟶  H₃SO₄⁺  +  ClO₄⁻

(analog zu H₂O + HClO₄  ⟶  H₃O⁺ + ClO₄⁻)

Ist also Schwefelsäure ein Ampholyt? Eindeutig ja, aber eben nicht in wäßrigen Lösungen, sondern nur in viel stärker sauren Lösungsmitteln. Oft denkt man sich aber die Einschränkung „wäßrige Lösung“ mit, und dann ist H₂SO₄ eine starke Säure, kein Ampholyt.

Dasselbe gilt auch für HNO₃ und H₃PO₄, aber nicht für H₂CO₃ (weil es dieses Molekül überhaupt nicht gibt, vermutlich kann man aber unter exotischen Bedingungen CO₂ zu einem HCO₂⁺ protonieren).

Die einzigem Moleküle, die nie Basen sein können, müßten also solche ohne ein­sames Elektronen­­paar sein. Und nicht mal das stimmt, denn unter extrem­super­turbo­exotischen Bedingungen kann man sogar Kohlen­wasser­stoffe (Methan, aber auch Octan) protonieren, und sogar H₃⁺ ist bekannt. Das liegt aber weit außerhalb des Stoffes in der Schule, und sogar im Grundstudium wirst Du davon wohl nicht viel hören.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
ThomasJNewton  08.01.2016, 20:00

Kohlensäure gibt es durchaus, allerdings liegt sie im Gleichgewicht mit ~99 % Kohlendioxid vor.

SIe lässt sich sogar rein darstellen, bei -70°C und Abwesenheit geringster Spuren von Katalysatoren.

Es gibt auch ein Enzym, die Carboanhydrase, das die Reaktion
H₂CO₃ <->H₂O + CO₂
katalysiert.

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Normalerweise sind deine Beispiele alles Säuren (wobei "normalerweise" hier auch ein komischer Begriff ist, denn was ist schon normal?). In entsprechender Umgebung können aber auch Säuren als Basen dienen. Nimm zB Nitriersäure, ein Gemisch aus Schwefelsäure und Salpetersäure. Die Schwefelsäure ist eine so starke Säure, dass Salpetersäure zur Base wird und ein Proton aufnimmt. Ich habe mir früher Ampholyte immer so gedacht:
Nimm eine Säure, die mindestens 2 H- Atome besitzt. Wenn du dieser Säure jetzt ein H- Atom entziehst, wird es normalerweise (schon wieder dieses Wort ;) zum Ampholyt. Vielleicht ein wenig zu ungenau gefasst, aber für die Schulchemie dürfte es allemal reichen. In deinem Fall wären Ampholyte Hydrogensulfat, Hydrogencarbonat, Hydrogenphosphat.