Was ist der Unterschied zwischen dem Nationalsozialismus und einem nationalen Sozialismus?

1 Antwort

Ist recht kompliziert, da die Begriffe unterschiedlich verstanden werden können. Es gibt ja nicht einmal "den" Nationalsozialismus, sondern vielmehr verschiedene Strömungen (Hitlerismus, Strasserismus, Himmlers Rassen-Ideologie usw.)

Viele weniger gebildete Neonazis werden "nationalen Sozialismus" wahrscheinlich einfach mit Strasserismus (Nationalbolschewismus) gleichsetzen, doch dies entspricht nicht dem ursprünglichen Begriff des nationalen Sozialismus, der ein linker Begriff war: Auch in der Deutschen Demokratischen Republik herrschte Sozialismus nationaler Prägung. Verteidigt wurde dieser Staat von der Nationalen Volksarmee, deren Uniformen von denen der Wehrmacht abgeleitet wurden. Alles nationale Begriffe und in der Tat hätten viele "Neonazis" (gemeint sind mit diesem Kampfbegriff üblicherweise Einwanderungskritiker) mit einem nationalen planwirtschaftlichen Linkssozialismus weniger oder gar keine Probleme als mit dem jetzigen "liberalen" System. Eine Synthese aus marxistischer Planwirtschaft und nationalem Gedanken strebten schon damals nicht wenige, ursprünglich aus der marxistischen Linken stammende Nationalsozialisten an und damals war namentlich das alte Klassensystem und der Adel des Kaiserreiches eines der primären Feindbilder dieser linken Nationalsozialisten. Heutige "Neonazis" aus Parteien die Heimat, Rechte oder 3. Weg dürften sogar noch stärker in diese Richtung tendieren aufgrund der allgemeinen Proletarisierung des nationalen Elektorates. Marxistische Rechtsintellektuelle wie Horst Mahler und Reinhold Oberlercher bestimmten vor allem in der Zeit der Jahrtausendwende ein Teil des inneren Diskurses der damaligen NPD.

Der Theorie nach könnte man sagen: Nationalsozialisten sind stärker sozialdarwinistisch orientiert, während soziale Nationalisten als klassische Völkische nach sozialer Harmonie innerhalb ihres Volkes streben. In der Praxis aber verschwimmt hier dieser Unterschied stets, spätestens dann, wenn die Hitleristen herausfinden, dass auch der historisch-reale Nationalsozialismus im Inneren keineswegs "sozialdarwinistisch" war, wie dies heute in Dokus üblicherweise dargestellt wird. Im Gegenteil brauchte es nicht die Brüder Strasser, um damals das Volk wieder in Arbeit zu bringen, soziale Programme wie "Kraft durch Freude" umzusetzen und den allgemeinen Wohlstand aller Schichten zu heben. Auf welches Zieles die Figuren um und hinter Hitler damals zustrebten konnten noch nicht einmal viele überzeugte Nationalsozialisten ahnen, das gewöhnlich Volk in der Regel erst Recht nicht.

Grundlegend ist für alle Arten von nationalen Sozialisten das Bewusstsein, das die soziale Frage nur national gelöst werden kann, da in multiethnischen Gesellschaften zwischen den einzelnen ethnischen Subgruppen keine natürliche Solidarität, sondern vielmehr ein harter Konkurrenzkampf ums Dasein entsteht wie es der Grünen-Politiker Cohn-Bendit in einem Moment der Ehrlichkeit einmal ausdrückte:

„Die multikulturelle Gesellschaft ist hart, schnell, grausam und wenig solidarisch, sie ist von beträchtlichen sozialen Ungleichgewichten geprägt und kennt Modernisierungsgewinner ebenso wie Modernisierungsverlierer, sie hat die Tendenz, in eine Vielzahl von Gruppen und Gemeinschaften auseinanderzustreben sowie die Verbindlichkeit ihrer Werte einzubüßen.“

Diese Rechten schauen wie Cohn-Bendit auf die multiethnische USA, sehen den höchst asozialen Charakter ihres staatlichen Innenlebens, die Brutalität der ethnischen inneren Kämpfe und des Rassenhasses und favorisieren daher einen ethnischen weitestgehend homogenen Nationalstaat, um die soziale Frage dauerhaft lösen zu können. Mit jeder neuen fremden Ethnie entsteht nun einmal immer eine neue soziale Frage.

Pfefferprinz  03.04.2024, 10:43
favorisieren daher einen ethnischen weitestgehend homogenen Nationalstaat, um die soziale Frage dauerhaft lösen zu können. Mit jeder neuen fremden Ethnie entsteht nun einmal immer eine neue soziale Frage.

Da hatten es die Ur-Nazis noch einfacher. Die standen vor der Herausforderung, in der "Judenfrage" eine "Endlösung" herbeizuführen.

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calaris  03.04.2024, 12:59
@Pfefferprinz

Eben. Zur Zeit der Weimarer Republik befand sich Deutschland in einer völlig anderen Situation als heute. Es gab keine Multikultigesellschaft, keine Masseneinwanderung aus der Dritten Welt, keinen Islam auf deutschem Staatsgebiet. Daher ist der Vergleich heutiger Einwanderungs-, Islam- oder Sozialstaatskritiker mit den ideologisch-programmatisch ganz auf Judenproblematik, Versailler Diktat und Bolschewismusgefahr fixierten Nationalsozialisten inhaltlich völlig abwegig und irreführend.

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Pfefferprinz  03.04.2024, 13:43
@calaris

Ist jedenfalls interessant, daß du für einen angeblich völlig anderen Sachverhalt die gleichen Ausdrücke verwendest.

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