Warum verliert ein Flugzeugpropeller seinen Wirkungsgrad wenn die Blattspitzen in den Überschallbereich geraten, anders als der Fan eines Turbofan-Triebwerks?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Auch die Schaufelspitzen eines Turbofans soll(t)en sich nicht im Überschallbereich drehen, weil sie dann (genau wie ein Propeller, denn auch ein Turbofan ist nichts anderes, wenn auch von der Form und Anzahl seiner Schaufeln an sein Einsatzgebiet angepasst) an Effizienz verlieren (weil die Strömung abreißt) und sehr viel lauter werden (was neben dem höheren Fluglärm (heutzutage ein stetig wichtiger werdendes Argument) u.a. auch noch mehr mechanische Belastung bedeutet).

Aus diesem Grund haben Mantelstromtriebwerke ein Getriebe oder eigene Schaufeln in der Turbine, die sie langsamer rotieren lassen als die Wellen mit den (kleineren) Verdichterschaufeln für das Kerntriebwerk. Auf diese Weise bleiben die Fans nach Möglichkeit mit ihren Blattspitzen im subsonischen Bereich.

Natürlich kann aber ein Propeller (oder Fan, oder Kerntriebwerks-Verdichterschaufelrad) durchaus im Überschallbereich betrieben werden, solange die konstruktive Auslegung das mechanisch erlaubt. Bei Kampfflugzeugen z.B. ist der viel höhere Verbrauch und Lärm egal, da ist der höhere Schub (dann meist v.a. durch das Kerntriebwerk erzeugt, siehe "Einstrahltriebwerk") wichtiger eingeschätzt.

Auftrieb, Vortrieb und Kompression sind hier übrigens alles dasselbe: es geht immer darum, möglichst viel Luft zu befördern. Schneller drehen ist hier immer besser, aber ab einer bestimmten Grenze eben so viel ineffizienter, dass man gute Gründe dafür braucht.

Woher ich das weiß:Hobby
Wellenmacher141 
Fragesteller
 18.02.2024, 17:28

Bei der Höllendrehzahl mit der sich ein Fan dreht ist es doch völlig klar dass die Schaufeln sich im Überschallbereich bewegen

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cyroth  18.02.2024, 20:29
@Wellenmacher141

"Völlig klar" würde ich das nicht nennen. ;) Wie es wirklich ist, kann man sogar relativ einfach ausrechnen: Geschwindigkeit der Blattspitzen (in Meter/Sekunde) ist gleich Pi mal Fan-Durchmesser (in Meter) mal Drehzahl (in rpm bzw. 1/Minute) durch 60 (weil wir Sekunden statt Minuten brauchen).

Beispiel: das z.B. im A320neo verbaute Triebwerk "CFM International LEAP" hat bei einem Fan-Durchmesser von 1,98 Metern und einer laut Datenblatt maximal zulässigen Fan-Drehzahl von 3894 rpm eine maximale Blattspitzengeschwindigkeit von 403 m/s. Die Schallgeschwindigkeit am Boden bei +20 °C liegt bei ca. 343 m/s. Auf Höchstdrehzahl bewegen sich die Blattspitzen dann also tatsächlich im Überschallbereich.

Ein Effekt davon ist das laute, als "buzz-saw noise" oder "Kreissägengeräusch" bekannte Kreischen von Turbofantriebwerken beim Start, zu dessen Minimierung alle möglichen technischen Kniffe angewandt werden (z.B. poröse Dämmungen in der Triebwerksverkleidung, die die Schall-Schockwellen aufnehmen sollen). Der Triebwerkshersteller lässt diese Leistung aber laut Datenblatt nur für max. 5 Minuten zu.

Im Reiseflug aber kommen mehrere Dinge zusammen: einerseits wird das Triebwerk bei z.B. 75 % Leistung betrieben, um sparsamer zu sein, und weil es die Höchstleistung nicht so lange bereitstellen kann. 75 % von 3894 rpm sind 2920 rpm, womit die Blattspitzen sich dann "nur noch" mit 302 m/s bewegen, also weit unter der Schallgrenze.

Hinzu kommt, dass die Schallgeschwindigkeit stark von Luftdruck und Temperatur abhängt. Je mehr Druck und je mehr Temperatur, desto höher ist die Schallgeschwindigkeit. Durch die Form des Lufteinlasses, durch VGV ("variable guide vanes", im Prinzip verstellbare Schaufelräder am Ein- und Auslass) im Triebwerk und allgemein durch die Fluggeschwindigkeit wird der Luftdruck und (weil sich komprimierte Luft erhitzt, siehe Fahrradpumpe) die Temperatur am Fan viel höher gehalten als bei Stillstand am Boden. Die Schallgeschwindigkeit ist dann deutlich höher als 343 m/s, so dass die Blattspitzen sich auch bei höheren Drehzahlen noch im Unterschallbereich bewegen.

"Höllendrehzahl" finde ich übertrieben - mein Automotor dreht schneller. ;-)

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Die Blattspitzen sind in ihrer aerodynamischen Formgebung nicht für Luftströmungen im Überschallbereich ausgelegt. Die Strömung reißt ab.

Das gleiche bei den Hauptrotoren der Drehflügler. Die bewegen sich im hohen Unterschallbereich, aber im Überschallbereich beginnt an den Blattspitzen im vorlaufenden Blatt die Strömung abzureißen, was nach den Kreiselgesetzen ein Kippen des Hubschraubers nach vorn bewirkt.

Die Rotoren eines Wellentriebwerks haben kein Profil, welches Auftrieb oder Vortrieb erzeugen muss. Sie komprimieren die Luft lediglich.

Wellenmacher141 
Fragesteller
 17.02.2024, 20:09

Das stimmt doch gar nicht, der Nebenstrom des Bläsers/Turbofan erzeugt doch min. 80% der Vortriebsenergie!?!

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wiki01  17.02.2024, 20:11
@Wellenmacher141

Ja, aber meiner Auffassung nach beim Rotor und Propeller linear, beim Wellentriebwerk eher chaotisch.

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Wellenmacher141 
Fragesteller
 17.02.2024, 20:16
@wiki01

Ein weiterer Punkt: bei Propellern ist der Wirkungsgrad bei WENIG Propellerblättern besser, beim Bläser sind die Schaufeln extrem zahlreich

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