Warum reagiert Ethansäure im Gegensatz zu Ethanol als Säure?

4 Antworten

Dein Grundgedanke ist ganz richtig: Die polare O-H-Bindung beider Stoffe kann dissoziieren, d.h. in ein Proton und einen Molekül-Anion mit O- zerfallen.

Allerdings ist die O-H-Bindung der Essigsäure sehr viel stärker polar als die des Ethanols - verantwortlich dafür ist das zweite Sauerstoff-Atom, das über die Doppelbindung an das gleiche C-Atom gebunden ist. Das "zieht" nämlich sämtliche Elektronen in seiner Umgebung, einschliesslich der O-H-Bindung, zu sich hin. Deshalb reagiert die COOH- oder "Carboxyl"-Gruppe, bestehend aus C=O-Doppelbindung und O-H am gleichen C-Atom, mehr oder minder stark sauer.

Um Ethanol zu deprotonieren braucht es hingegen eine wesentlich stärkere Base - aber es geht, d.h. auch Ethanol ist eine Säure, wenn auch eine sehr schwache.

Gute Frage. Tatsächlich können sowohl Ethanol als auch Ethansäure im weitesten Sinne sauer reagieren, also ein Proton abspalten. (Bei Wasser als Lösungsmittel) kann Ethansäure allerdings leichter ein Proton abspalten als Ethanol, weil die zurückbleibende negative Ladung über die Carboxygruppe verteilt werden kann. Das heißt ResonanzSTABILISIERUNG. Bei Ethanol ist es nicht möglich die negative Ladung durch Resonanzstabilisierung umzuverteilen. Bestenfalls mit einer sehr starken Base könnte man Ethanol deprotonieren. Verstanden? :)

Um sich in der OC anzuschauen ob ein Vorgang ablaufen kann ist es oft vorteilhaft sich das entstehende Produkt etwas genauer anzusehen. Es laufen nämlich mit Vorliebe solche Prozesse ab, die durch i.einen Effekt eine Stabilisierung erfahren, da diese energetisch günstiger sind.

Wenn ein Alkohol sein Proton abgibt entsteht ein Alkoholat. Alkoholate sind sehr reaktiv, denn sie sind ionisch und sehr nucleophil. Das kann man für Reaktionen ausnutzen, aber freiwillig wird der Alkohol sein Proton nur ungern abgeben, denn die entstehende Verbindung ist instabil. Natürlich kann ein Alkohol auch als Säure reagieren, nämlich wenn man eine Base verwendet, die stark genug ist um selbst dem Alkohol sein Proton zu klauen. Er ist aber deutlich weniger acide als Essigsäure.

Nun könnte man annehmen, dass die Essigsäure eine ähnlich shclechte Säure ist, da durhc die Deprotonierung wieder ein Anion entsteht. Der große Unterschied ist aber, dass die negative Ladung bei der Essigsäure durch Resonanz stabilisiert werden kann. Man kann zwei verschiedene mesomere Grenzstrukturen des Säureanions formulieren, was darauf hinweisen soll, dass die Ladung über beide Sauerstoffatome delokalisiert ist. Durch einen solchen mesomeren Effekt wird die Energie der entstandenen Verbindung deutlich herab gesetzt, sodass sich das Säureanion der Essigsäure viel leichter bilden wird als das des Alkohols.

Der Grund liegt in der C=O-Gruppe gleich neben dem OH in Essig­säure. Die zieht Elektronen. Wenn sich nun ein H⁺ aus der OH-Gruppe ver­abschiedet (das Ding also als Säure reagiert), dann bleibt die negative La­dung nicht am beraubten O hängen, sondern kann sich über beide Os ver­teilen (und zwar genau 1:1). Dieses „Ver­schmieren“ der  Ladung stabili­siert das Anion. Folg­lich bildet sich das Anion in  Ethan­säure viel leichter als in Ethanol, und und sie ist viel saurer.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik