Warum gehört die Arbeitslosenquote zu dem Spätindikatoren (Konjunktur)?
Warum nicht zu den Präsenzindikatoren? Weil wenn man sehen kann wie viele Menschen aktuell arbeitslos sind, kann man doch auch die wirtschaftliche Lage einschätzen oder nicht?
1 Antwort
In der Regel ist es nicht möglich, Mitarbeiter umgehend zu entlassen (gesetzliche und vertragliche Kündigungsfristen). Außerdem sind Entlassung häufig eines der letzten Mittel, welches von Unternehmen ergriffen wird. Unter anderem aus Gründen der Reputation oder einem mächtigen Betriebsrat.
Außerdem ist die Entlassung ja immer eine Reaktion auf schlechte Entwicklungen, die ebenfalls erst erkannt werden müssen.
Wenn man von der keynesianischen (antizyklischen) Wirtschaftspolitik ausgeht, reagiert der Staat mit seinen Staatsausgaben auf Rezessionen mit erhöhten Ausgaben. Auch hier ist kein sofortiges Handeln möglich, da auch der Staat dies erst erkennen und dann umsetzen muss.
Für die Staatseinnahmen gilt das meines Erachtens etwas eingeschränkter. Zwar steigen die Steuereinnahmen aus Einkommen- und Unternehmensteuern zeitversetzt, da zunächst der Gewinn steigen muss (was nur jährlich festgestellt wird) allerdings steigen oder fallen zum Beispiel die Einnahmen aus der Umsatzsteuer (die einen nicht unwesentlichen Teil der Staatseinnahmen ausmacht) in dem Moment, in dem sich die wirtschaftliche Entwicklung verbessert oder verschlechtert, da diese im Moment des Konsums anfällt.
Ach so, und warum gehören die Auftragseingänge auch zu den Frühindikatoren? Ich hätte jetzt gedacht zu den Präsenzindikatoren, weil wenn man viele Aufträge aktuell hat, kann man doch sehen dass man sich wirtschaftlich in einer guten Lage befindet?
Da die Aufträge erst später abgearbeitet werden und erst dann zu Gewinnen führen, kann man aus den Aufträgen ableiten, wie es einem in Zukunft gehen wird. In dem Moment, in dem ich volle Auftragsbücher habe, könnte ich auch noch kurz vor der Insolvenz stehen, aber die Zukunft sieht gut aus.
Und volkswirtschaftlich gesehen: Das BIP steigt ja erst, wenn ich die Rechnung nach Erledigung des Auftrags schreibe.
Kannst du mir noch sagen, warum die Staatsausgaben, -einnahmen zu den Spätindikatoren gehören?