War das Lehnswesen eine Unterdrückung für die Gesellschaft?

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Das Lehnswesen wird im bürgerlich-westdeutschen Bildungswesen gern schöngeredet mit der Ausrede, der Adel hätte seine Leibeigenen geschützt, und es wäre ein "Geben und Nehmen" gewesen. Die Realität sah etwas anders aus. Einen Bauern, den man ausquetschen will, hält man natürlich am Leben - sonst nützt er einem nichts. Das macht das Ausquetschen aber nicht besser.

Freie Bauern waren aufgrund der fränkischen Heeresverfassung (die auch diversen andernen Völkern mit Waffengewalt aufgenötigt wurde) gezwungen, im fränkischen Heer bei Bedarf Kriegsdienst zu leisten. Und der Bedarf war groß, denn das fränkische Heer war ein Expansionsheer. Das war mit der erforderlichen Arbeit, die als Bauer zum Überleben zu leisten war, nicht in Einklang zu bringen. Die Bauern hatten also die Wahl, in den Krieg zu ziehen, dabei ggf. getötet zu werden und die Familie verhungern zu lassen, oder sich als Hörige dem örtlichen Adel zu unterwerfen, ihm ihr Land zu überlassen und de facto als sein Eigentum für ihn zu arbeiten. Es war also die Wahl zwischen Tod einerseits und Ausbeutung und Sklaverei andererseits.

Die tragende Schicht der sächsischen Stammesgesellschaft waren vor der Unterwerfung durch die Franken die sogenannten Frilinge. Frilinge waren freie Landeigentümer und hatten das Recht, Waffen zu tragen. Nach den Sachsenkriegen und dem Sieg der Franken änderte sich alles. Der Frankenkönig behauptete nun, er sei von Gott eingesetzt, das Land gehöre ihm, und er könne es als Lehen vergeben. Gleichzeitig setzte er mit brutaler Gewalt das Christentum bei den Sachsen durch, um seine Macht zu festigen (gottgewollte Ordnung). Die fränkische Heeresverfassung tat ihr Übriges.

So schwand der Stand der Frilinge immer mehr, bis es ihn kaum noch gab. Die Feudalgesellschaft bestand dann praktisch nur noch aus drei Ständen - dem Adel, dem Klerus und den hörigen Bauern, die den anderen beiden Ständen ein sorgenfreies bis prunkvolles Leben zu erarbeiten hatten, aber selbst oft hungerten.

www.goo.gl/4gqEwz

http://www.mlwerke.de/me/me19/me19_474.htm

http://www.bauernkriege.de/EuropaMITTELALTER.html


Haldor  11.11.2017, 18:17

Es gab auch freie Bauern, die meisten aber waren "erbuntertänig" (= eine mildere Form der Leibeigenschaft). Insofern wurden sie unterdrückt.

Die Frondienste allerdings (Bau eines Schlosses, Anlage eines Parkes, Renovierungen) waren für die Bauern nicht etwas unbedingt Schlechtes (von Ausnahmen abgesehen: s. Novelle "Die schwarze Spinne" von J. Gotthelf). Die Bauern wurden dabei verköstigt. Überhaupt hatte der Graf oder Fürst oder Ritter gegenüber den unfreien Bauern eine Fürsorgepflicht (Krankenversorgung, Unterhalt im Alter).

Sicher wurde das nicht von allen Feudalherren sehr gewissenhaft praktiziert; jedoch ist die spätere Bauernbefreiung im 19. Jahrhundert nicht von allen Bauern begrüßt worden, da sie jetzt für sich selbst sorgen mussten, auch im Krankheitsfalle.

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Hegemon  11.11.2017, 18:49
@Haldor

Was in die Literatur und Geschichtsschreibung eingegangen ist, war in der Regel die Perspektive des Adels und Klerus - nicht aber die der Bauern. Die hatten nämlich kaum die Möglichkeit, ihren Standpunkt aufzuzeichnen oder gar zu verbreiten. Logisch wurden die Verhältnisse von denen positiv dargestellt, die davon profitierten. Daß Du das unbedarft kolportierst, macht's nicht besser.

Was glaubst Du wohl, warum ich die Aufstellung über die Bauernaufstände verlinkt habe - die übrigens nur einen Bruchteil abbildet? Was glaubst Du wohl, warum es zu diesen Aufständen kam? Etwa weil die Bauern die Verhältnisse begrüßt haben?

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Hegemon  22.11.2017, 19:58

Danke für den Stern.

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Also das Lehenswesen ist erstmal ein zetraler Bestandteil der mittelalterlichen Feudalordnung. (Synonym: Feudalismus) und die ganze Sache ist im großn und Ganzen ein Geben und Nehmen. Nehmen wir mal an, dass das Lehen in dem es hier geht ein Stück Land ist:

Der König vergibt als Lehnsherr (dies ist ein Begriff, kein Name, nicht zu verwechseln mit dem bürgerlichen Namen von Magneto aus den X-Men Filmen) ein Lehen (also Land) an den Lehnsmann (also unseren Ritter). Dieser hat damit ein Einkommen (diesem Land kann man z.B. Steuern abpressen etc) und versprach dem König dafür seinen Beistand, sollte es zu einem Krieg kommen. Der König wiedrum schwor das Lehen (und damit auch irgendwie den Lehnsmann) zu schützen.

Das setzt sich dann im Kleinen wiederum fort. Jemand geht zu unserem Ritter /Adligen/was auch immer und möchte Land. Das bekommt er, muss als unfreier Bauer aber eben auch Abgaben zahlen und Frondienste leisten (also mit in den Krieg, falls es einen geben sollte, weil es damals noch kein Berufsheer gab) Diese Abgaben nannten sich übrigens Zehnt (also ein Zehntel von dem, was der Bauer erwirtschaftet hat, ging an den Grundherren). Zudem hat der hörige Bauer (also der unter dem Grundherren) auch andere Rechte nicht, so konnte er sein Land z.B. nicht vererben.

Ich denke die negativen Aspekte sind abzusehen, zumal die Bauern zum Teil auch mit Gewalt und Einschüchterung in die Hörigkeit getrieben wurden. Unterdrückt hat es sie... naja, das kommt auf den Standpunkt an, allerdings erhielten die Bauern, neben allen Repressalien, auch Schutz von ihrem Grundherren (nehme ich an, zumal es doch im INteresse von Ritter und König liegen dürfte ihr eigenes Land zu verteidigen)

Alles Liebe

Bevi