Wann geht ein Wutausbruch bei Eltern zu weit?

2 Antworten

Alles, was Du beschrieben hast, ist im Grunde schon ein Übergriff, der in einer solchen Form nicht geschehen sollte.

Indes sind Eltern eben auch nur Menschen, die selbst in ihrem Elternhaus solcherart Übergriffe erlebt haben, denn sonst würden sie nicht derart reagieren. Mir ist das selbst passiert:

Was das Vorkommnis auslöste weiß ich nicht mehr, ich weiß nur noch, dass ich mit meinen beiden Mädels im Auto saß auf dem Weg in die Stadt und die 3-Jährige ohne ersichtlichen Grund im Fond des Wagens unentwegt quengelte. Plötzlich fühlte ich eine Wut in mir aufsteigen, die mich selbst erschreckte. Ich fuhr rechts raus in einen Waldweg, stellte den Motor ab (was meine Tochter schlagartig zum Verstummen brachte), machte eine kleine Atemübung und schloss dabei die Augen. Unmittelbar hatte ich eine ähnliche Situation vor Augen, in der meine Mutter mir als Kleinkind eine Ohrfeige verpasst hatte. Augenblicklich wurde mir klar, dass es meine eigene kindliche Wut war, die ich in dem Moment gegen meine Mutter fühlte und drauf und dran war, an meiner kleinen Tochter abzureagieren.

Als ich begriff, woher meine aufsteigende Wut stammte, holte ich meine beiden Mädchen aus ihren Autositzen und wir gingen ein Stück durch den Wald spazieren, setzten uns auf einen der vielen Baumstämme in die Sonne, genossen das Vogelgezwitscher und den warmen Wind, der durch die Bäume strich. Alles war gut.

Schlagartig wurde mir bewusst, worauf sich der Spruch bezog: Aus geschlagenen Kindern, werden schlagende Eltern.

Wir sollten uns halt im Klaren darüber sein, dass die ganzen Altlasten – Vergessenes, Verleugnetes, Verdrängtes - aus der eigenen Vergangenheit auftauchen werden. Das Kind quengelt, zornt oder will nicht aufessen, nicht aufräumen … und plötzlich steigt eine Wut hoch, die Mama/Papa sich selbst nicht erklären können und der sie hilflos ausgeliefert sind. Immer wenn solche starken Emotionen in einem hochsteigen, sollte man sich bewusst machen, dass sich die eigene Kindheit meldet.

Erst, wenn man diese Kette der Ahnen durchbrochen hat, kann man ab sofort wesentlich geduldiger mit seinem Kind umgehen und die Dinge, die da kommen werden, gelassener anpacken. So ist es zumindest mir ergangen. Womit ich nicht sagen will, dass ich immer an mich halten konnte und nie laut wurde. Aber ich habe nie meine Kinder geschlagen oder hart angepackt.

Kinder halten den Eltern den Spiegel vor. Das muss man aushalten können.

Man kann viel schlau daherreden und mit dem Finger wackeln, wenn man es nicht selbst erlebt hat oder sehr einseitige Sichtweisen vertritt.

Geht es zu weit, einem Kind eine Ohrfeige zu geben, das ein anderes gemobbt und gedemütigt hat? Alles andere wäre ein Freibrief und wird quasi von allen woken Typen gefordert.

Es geht dann zu weit, wenn die Reaktion der Aktion nicht mehr angemessen ist und / oder wenn jemand sich am anderen abreagiert. Kinder sind keine Boxsäcke, das ist mal klar; aber Eltern haben auch nur Nerven und auch Tiereltern tadeln ihren Nachwuchs per Kopfnuss.

Es gibt sensible und es gibt störrische Kinder, welche es auf eine Konfrontation anlegen und provozieren. Wenn es ihnen gelingt, ist das Geschrei (oder das Triumphgeheule) groß. Eltern haben auch eine Erziehungspflicht und Wut geht zu weit, wenn sie nicht mehr kontrollierbar ist. Das trifft fast immer zu, wenn sie kein Theater ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung