Thomas von Aquin Der kosmologische Gottesbeweis?

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Der kosmologische Gottesbeweis basiert auf der Idee des unbewegten Bewegers von Aristoteles. Aristoteles hat es aber nicht als Beweis für die Existenz Gott formuliert. Das hat zuerst der arabische Mathematiker al-Kindi getan. Das ist der gleiche al-Kindi, der auch unser gebräuchliches arabisches Ziffernsystem nach indischem Vorbild entwickelte.

Die Gottesbeweise zeigen auf, dass es in der Realität ein „etwas“ mit gewissen Eigenschaften geben muss, also ein Objekt oder ein Wesen. Und es ist nicht so, dass Gott dann als dieses „etwas“ definiert wird, sondern dass Gott und dieses „etwas“ in vielen Eigenschaften und Merkmalen übereinstimmen. Das ist kein mathematischer oder wissenschaftlicher Beweis für die Existenz Gottes. Aber wenn das „etwas“, dessen Existenz bewiesen wird, nicht Gott ist, dann ist der Atheist in Erklärungsnöten, eine Alternative zu liefern, wer oder was dieses „etwas“ ist.

Im Mittelalter ist der kosmologische Gottesbeweis dann durch Thomas von Aquin unter den Christen populär gemacht worden. Heute ist der Philosoph William Lane Craig derjenige, der hauptsächlich zur Forschung über den kosmologischen Gottesbeweis beiträgt. Er formuliert den Beweis folgendermaßen:

  1. Alles, was begann zu existieren, hat eine Ursache.
  2. Das Universum begann zu existieren.
  3. Also hat das Universum eine Ursache.

Es ist sofort klar, wenn die beiden Bedingungen (1) und (2) wahr sind, dann ist auch die Schlussfolgerung (3) wahr, und wir können uns überlegen, welche Eigenschaften und Merkmale diese Ursache haben muss.

zu (1). „Alles, was begann zu existieren, hat eine Ursache.“ Das ist eine empirische Beobachtung. Kein Gegenstand, keine Person, kein Atom, aber auch keine immateriellen Dinge, kein Gedanke, kein Gefühl, keine Geschichte hat begonnen zu existieren, ohne dass dafür es eine Ursache gibt. Einer der grundlegenden Sätze der Physik ist das Kausalitätsprinzip. Es gibt keine Wirkung ohne Ursache.

Für Bedingung (2) gibt es sowohl eine philosophische als auch eine wissenschaftliche Bestätigung. „Das Universum begann zu existieren.“ Philosophisch, wenn man annimmt, dass es vor dem heutigen Tag bereits unendlich viele Tage gegeben hat, dann hätten wir den heutigen Tag niemals erreicht. Denn wie lange hätte man warten müssen, um am heutigen Tag anzukommen? Unendlich lange!

Wissenschaftlich. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass die nutzbare Energie in einem abgeschlossenen System stetig abnimmt. Das Universum ist allerdings ein abgeschlossenes System, wenn auch ein sehr großes. Da es aber noch nutzbare Energie gibt, kann das Universum nicht unendlich alt sein. Sonst wäre alle nutzbare Energie längst aufgebraucht. Ergo: Es gibt einen Anfang, der von Wissenschaftlern in einem Urknall verortet wird.

Damit ist gezeigt, dass die beiden Bedingungen wahr sind, und damit die Schlussfolgerung auch. „Das Universum hat eine Ursache.“ Aber was können wir über die Ursache für das Universum noch wissen? Da Raum, Zeit, Materie und Energie erst mit dem Urknall begonnen haben zu existieren, ist die Ursache außerhalb von Raum, Zeit Materie und Energie Sie ist also raumlos, zeitlos und immateriell. Da die Ursache zeitlos ist, hat sie auch nicht begonnen zu existieren, hat also selbst keine eigene Ursache. Es gibt keinen unendlichen Regress von Ursachen.

Die Ursache ist unglaublich mächtig, weil sie ein ganzes Universum aus dem Nichts geschaffen hat. Und sie ist intelligent und persönlich, weil es einer bewussten Entscheidung bedarf, um aus dem Zustand des absoluten Nichts ein Universum zu schaffen, das menschliches Leben ermöglicht. Das sind alles Attribute, die üblicherweise Gott zugeschrieben werden.

Falls es keinen Gott gibt, warum gibt es dann etwas, und nicht nichts? Ein Gedankenexperiment. Vor dem Urknall gab es nichts, keinen Raum, keine Zeit, keine Materie, keine Energie. Dieses ganze Universum existierte nicht. Sich den Zustand des absoluten Nichts vorzustellen, ist vielleicht nicht ganz einfach. Es ist kein null-dimensionaler Raum, also ein einzelner Punkt. In so einem einzelnen Punkt hätte sich die Singularität schon befunden haben könnte, aus die der Urknall entstanden ist. Aber auch das ist Raum, wenn auch der kleinstmöglich vorstellbare, und vor dem Urknall gab es keinen Raum. Weiterhin gibt es keine Zeit, und damit auch keine Veränderung in diesem Nichts. Das lässt sich erst recht nur schwer vorstellen. Was muss also geschehen, damit sich an diesem Zustand etwas ändert, dass es also zum Urknall kommen kann? Von sich aus passiert hier gar nichts. Von nichts kommt nichts. Mit Einfluss von außen geht es schon.

Der kosmologische Gottesbeweis bietet die beste Erklärung, warum sich in diesem Nichts plötzlich eine Singularität befindet, die dann in den Urknall übergegangen ist. Die Ursache ist raumlos, zeitlos, immateriell, unglaublich mächtig, intelligent und persönlich. Und der Rest ist Geschichte.

BadWolf27  13.11.2021, 13:30
dann ist der Atheist in Erklärungsnöten

Keinesfalls. Denn nach der Quantenphysik gibt es kein absolutes Nichts.

Der kosmologische Gottesbeweis bietet die beste Erklärung, warum sich in diesem Nichts plötzlich eine Singularität befindet, die dann in den Urknall übergegangen ist.

Sicher nicht. An diese Stelle einen Gott zu postulieren löst nicht das Problem, es verschiebt es nur. Denn woher kommt dieser Gott, wer hat ihn erschaffen? Wer ist der erste Beweger, der Gott dazu gebracht hat, etwas zu bewegen? Diese Kette lässt sich bis ins Unendliche fortsetzen.

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Nordlicht979  13.11.2021, 13:49
@BadWolf27
Denn nach der Quantenphysik gibt es kein absolutes Nichts.

Das erklärt nicht, was denn die Ursache für alles ist.

An diese Stelle einen Gott zu postulieren löst nicht das Problem, es verschiebt es nur. Denn woher kommt dieser Gott, wer hat ihn erschaffen? Wer ist der erste Beweger, der Gott dazu gebracht hat, etwas zu bewegen? Diese Kette lässt sich bis ins Unendliche fortsetzen.

Das ist das Denken von Menschen, die nur über wenige Dimensionen verfügen. Wenn man aber all das, was wir im Kosmos bzw. in der Natur beobachten, schaffen und in Bewegung versetzen will, braucht es Dimensionen, deren Existenz uns völlig unbekannt ist, die wir noch nicht einmal benennen können.

Ich glaube, wir Menschen müssen uns damit begnügen, die Kausalität nur bis Gott hin verfolgen zu können.

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BadWolf27  13.11.2021, 15:19
@Nordlicht979

Aber dass es einfach Naturgesetze sind, die diese Kausalität verursachen, erschließt sich eben nicht jedem.

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BadWolf27  13.11.2021, 17:59
@Nordlicht979

Niemand. Sie sind von alleine entstanden. Alles andere ist religiöses Geschwurbel.

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Mayahuel  13.11.2021, 13:38
Die Ursache ist raumlos, zeitlos, immateriell, unglaublich mächtig, intelligent und persönlich.

das sind beliebige Prämissen. Und zusätzlich so gewählt, dass sie auf die eigene Gottesvorstellung passen.

in diesem Nichts

Das behaupten Theisten. Creatio ex nihilo ( "creation out of nothing") ist eine theistische Antwort auf die Frage "wie entstand das Universum":

It is a theistic answer to the question of how the universe comes to exist.

https://en.wikipedia.org/wiki/Creatio_ex_nihilo

Einige Wissenschaftler kennen zwar auch ein Nichts. Aber ein Nichts mit Eigenschaften und nicht das theistische/philosophische Nichts:

Some physicists—such as Lawrence Krauss, Stephen Hawking, and Michio Kaku—define or defined 'nothing' as an unstable quantum vacuum that contains no particles.
This is different from the philosophical conception of nothing, which has no inherent properties and is not governed by physical laws.

https://en.wikipedia.org/wiki/Nothing_comes_from_nothing

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