Sorgt Idealisierung für Unzufriedenheit?
Wir Menschen können Dinge nur relativ zueinander wahrnehmen. 20° wirken im Sommer unheimlich kühl, wohingegen diese im Winter als unglaublich warm empfunden würden.
Wenn ich mir jetzt Ziele setze oder Idealvorstellungen in allen möglichen Bereichen habe - wie das Idealgewicht, den idealen Job und Lohn, aber auch wirklich extrem banale Dinge wie einen idealen Morgen, ein ideales "die Bahn bekommen", ein ideales Bild, wie man sich als Mensch richtig in unserer Gesellschaft verhält, gesund zu bleiben und keine schlimme Krankheit zu bekommen, lange zu leben, diszipliniert zu sein, also wirklich jeden noch so kleinen Bereich, in welchem wir eigentlich so und sein sollten statt so und so - entsteht dann allein durch diesen Kontrast von "Ideal" zu "Real" ein unangenehmes Gefühl?
Wenn wir also aufhören ein ideal in die Zukunft zu projizieren, wie das Leben in welchem Bereich auch immer laufen sollte, und stattdessen einfach annehmen, dass es läuft wie es läuft, würde sich dadurch nicht der Großteil unseres Leides auflösen? Also selbst wenn wir uns in scheinbar schlechten Umständen befänden? Da sie ja dann nichtmehr schlecht wären weil der Kontrast zu einem besseren Leben fehlen würde?
4 Antworten
Würde ich teilweise so zustimmen. Das was du da beschreibst klingt schon sehr krankhaft und realitätsverloren. Wenn man sein eigenes Leben nur mit Idealvorstellungen oder unrealistischen Lebensweisen ("Perfekte" Menschen auf Social Media) vergleicht, dann wirkt das eigene Leben schlechter. Man strebt nach etwas, was man nie erreichen kann. Und das kann natürlich unglücklich machen.
Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass sich langfristige Ziele setzen ein wichtiger Faktor ist für ein glückliches Leben ist. Es ist wichtig, dass man eine "Karotte vor der Nase hat". Etwas nach dem man strebt, das einem einen Grund gibt, an sich zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln. Auf das man dann zurückschauen kann und auf sich stolz sein kann.
(gefühlte) Sinnhaftigkeit ist nunmal wichtig für ein glückliches Leben. Klar kannst du argumentieren, dass alles sinnlos ist. Aber die meisten werden damit nicht glücklich. Das sich langfristig Ziele setzen für die meisten wichtig ist um glücklich zu sein hat psychologische Forschung gut belegt.
Ich bestreite ja nicht dass es glücklich machen kann seinem Leben einen subjektiven Sinn zu geben, ICH schaffe dies aber leider nicht weil ich dabei immer das Gefühl habe mir selbst etwas vorzumachen.
Unsere Gesellschaft funktioniert genau auf dieser Basis Idealen nach zu hecheln.
dies schürt Unzufriedenheit, denn die Ideale können meist nicht erreicht werden.
wenn wir den Blick auf das ideale verlassen, findet man recht schnell die Schönheit im Imperfekt. Man erkennt, das Dinge die nicht perfekt sind häufig reizvoller.
Vielleicht ist diese imperfektion auch getarnte Perfektion? Wäre ein perfektes Universum komplett perfekt? (Nach menschlichen Maßstäben?)
Ginge das denn überhaupt? Pure Perfektion ohne imperfektion wäre wohl genauso unmöglich wie eine Schallwelle ohne Wellental oder ein Berg ohne Täler.
Es muss also im kleinen scheinbare imperfektion bestehen, um im Großen perfekte Harmonie zu erreichen.
Ich glaube das ideale ist ja auch nur im Sinne des Betrachters ideal. Ein anderer sieht das ggf. Völlig anders.
also ist es eher Individualideal.
und ja ich glaube durch Imperfektion erreicht man Harmonie, denn wenn man weiß , dass man selbst oder andere nicht perfekt sind oder sein können, kann man sich besser mit den Imperfektionen arangieren und seinen Frieden darin finden und evtl. Lernt man diese sogar lieben.
Solange nicht jedes Individuum den Idealen entspricht, lässt sich das wohl nicht vermeiden.
Wir leben impulsiv aber planen auch voraus. Jeder Plan ist eine Sollvorstellung. Ein Ideal. Nur ohne Pläne kann man darauf verzichten. Als Mensch hat man Bedürfnisse verschiedener Kategorien, die ungeplant nicht erfüllt werden können. Ein Mensch ohne Bedürfnisse lebt nicht.
Die Idealisierung führt nicht zur Unzufriedenheit. Vielmehr, wenn das ideal nicht erreicht wird. Wie tolerant jemand demgegenüber ist, wie flexibel und frustresistent, ist individuell. Genauso wie jemand fähig ist, seine Idealvorstellung anzupassen, sich an Situationen zu adaptieren, um trotzdem, kurz- oder langfristig, relativ zufrieden zu sein. Aufgrund der Erfahrungswerte kann dies wiederum die Bedürfnisse des Einzelnen beeinflussen, weil sich Prioritäten ändern.
Natürlich kann man sich immer mit etwas abfinden und sich anpassen, aber der Mensch ist auch zielorientiert, und eines der größten Glücksgefühle ist, etwas zu erreichen, was man sich vorgenommen hat. Ohne (ideellen) Plan kommt man seltener zum Ziel.
....vereinfacht: Man kann sich freilich vieles ersparen, wenn man nix unternimmt. Aber dann kommt man auch nicht voran. Und dafür nimmt man eben etwas in Kauf, d.h. es läuft nicht immer "ideal".
Wozu sollte man nach etwas streben, sich weiter entwickeln? Letztlich ist das nur ein Versuch dem objektiv sinnlosen Leben einen subjektiven Sinn zu geben. Und wozu? Damit man am Ende doch stirbt und alles unnötig war.