Sollen bei Lehrermangel Lehrer ohne Diplom angestellt werden?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich sage es mal so - es gibt sicherlich Personenkreise, die auch ohne Studium oder pädagogische Ausbildung das Zeug zum Lehrer hätten. Ganz aus der Luft gegriffen ist der Vorschlag nicht - man sollte zwar nicht blind jeden einstellen, sondern drauf achten, aber Erfahrungen etwa in der Ganztagsbetreuung oder in den Volkshochschulen haben gezeigt, dass es auch ohne Lehramtsstudium gehen kann - und an Berufsschulen unterrichten auch Quereinsteiger, die durchaus keine schlechte Figur abgeben. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass nicht jeder "studierte" Lehrer ein toller Pädagoge ist, der gut mit Kindern umgehen kann.

Andererseits ist auch das Einstellen von Laien oder Quereinsteigern keine Lösung auf Dauer: Der Lehrerberuf müsste im Ganzen attraktiver gestaltet werden, um Lehrer zu bekommen - hier in BaWü herrscht z.B. Lehrermangel und meine Mutter (Grund- und Hauptschule) denkt auch drüber nach, in den vorgezogenen Ruhestand zu gehen, weil die Situation immer schlimmer wird und sich viele Lehrer allein gelassen fühlen.

Von Experte rotesand bestätigt

Das ist ein komplexes Thema, aber stark vereinfacht gesagt:

Nicht jeder Lehrer, der Lehramt studiert, ist ein guter Lehrer. Aber auch nicht jeder Quereinsteiger ist ein guter oder schlechter Lehrer.

Pädagogische Inhalte und Didaktik kann man auch durch Weiterbildungen, etc. vermitteln, nicht nur durch ein Lehramtstudium. Jedoch braucht das Zeit, finanzielle Mittel, etc.

Und: Bleibt uns denn überhaupt etwas anderes übrig, als Quereinsteiger einzustellen?

rotesand  22.11.2022, 15:41
Und: Bleibt uns denn überhaupt etwas anderes übrig, als Quereinsteiger einzustellen?

Meine Mutter meinte, wirklich gut war die Situation im Grund- und Hauptschulbereich schon vor über 30 Jahren nicht, aber es wurde immer schlechter und wird wohl nicht besser. Nicht nur wegen des "Kaputtsparens" durch fachfremde, eher nach Parteizugehörigkeit als nach Kompetenz ausgewählte Politiker in ihren Amtsstuben, die die Zustände auf dem Land nicht kennen - sondern auch weil Anreize fehlen und alle Lehramtsstudenten nach Realschule oder Gymnasium schielen. Auch die Berufsschulen haben massive Probleme - und es ist tatsächlich unattraktiv geworden: Ich habe mich vor wenigen Jahren auch mit dem Gedanken getragen, Berufsschullehrer zu werden, aber ich wurde davon überzeugt, in meinem Beruf zu bleiben, weil ich da menschlich mehr von habe und finanziell keinen Unterschied gehabt hätte.

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Mariiaaca  22.11.2022, 15:51
@rotesand

Die Situation ist auch nicht nur in Deutschland so, auch z.B. hier in Österreich ist der Lehrermangel ein großes Problem, verschärft sich immer weiter und die Politik - naja.

Über den Herrn Polaschek kann ich mich stundenlang lustig machen, seine Reaktion auf die Problematik war vor wenigen Monaten ein "Das war so nicht absehbar" gefolgt von ca. 20 Mal dem Wortlaut "das muss man sich anschauen" auf sämtliche folgenden Fragen.

https://www.derstandard.at/story/2000137035637/das-muss-man-sich-anschauen-bildungsminister-martin-polaschek-bei-armin

Ich habe mir sehr kurz überlegt, ob ich ein Lehramtstudium anfange - die Idee aber ebenfalls rasch wieder verworfen: Die Tätigkeit finde ich spannend, ich mag auch die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen sehr.

Die Vorstellung, diesen Beruf de facto bis zur Pensionierung machen zu "müssen" hat mich aber sehr schockiert. Gerade im Bezug auf Personalmangel und dem stark reformbedürftigen Bildungssystem.

Ich habe mich dann für ein anderes Studium im sozialen Bereich entschieden - zum Glück!

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Ich denke wenn jemand Fachkenntnisse hat, sollte er sich auch vermitteln können. Dazu könnte zB zusätzlich die Ausbildungseignung erbracht werden können.

wenn ich einen 16 jährigen Azubi ausbilden kann, dann sollte ich auch einen 16 jährigen Schüler ausbilden können. Mit dem Unterschied das der Azubi vermutlich weniger frech ist