Sind plastische Gesichtsrekonstruktionen wissenschaftlich seriös (Anthropologie)?
Hallo, häufig wird im TV gezeigt, wie beispielsweise Schädelfunde von Menschen aus der Jungsteinzeit oder von Moorleichen virtuell mit Fleisch bedeckt werden. Dann wird behauptet "so ungefähr hat der Mensch ausgesehen".
Was heißt ungefähr? Heißt es dass -rein theoretisch- Angehörige das Gesicht wiedererkennen würden? Oder ist das Resultat ein Durchschnittsgesicht aufgrund statistischer Daten zu Gewebestärken der Weichteile an verschiedenen Kopfpartien?
Oder entspricht das Ergebnis lediglich der Phantasie des Präparators?
Da wurde das Gesicht einer weiblichen Moorleiche rekonstruiert. Die Rekonstruktion zeigt ein zauberhaft hübsches Gesicht einer jungen Frau. Wie will der Präparator wissen dass die Frau zu Lebzeiten einen schönen Mund und eine schmale Nase und ein attraktives Gesicht hatte? Denn dem Schädel sind keine Informationen zu entnehmen, ob die Frau etwa ein dickes Gesicht hatte weil sie gut genährt war oder ein schmales Gesicht. Der Schädel gibt auch keine Information über Hautfalten, schmale oder dicke Lippen, Form der Nase, etc. ... (ist meine Meinung).
Das ließe sich einfach verifizieren indem das Gesicht eines verstorbenen Zeitgenossen rekonstruiert wird ohne dass der Präparator Fotos zu sehen bekommt, die den Verstorbenen zu Lebzeiten zeigen.
Wurde wissenschaftlich nachgewiesen dass Gesichtsrekonstruktionen seriös sind?
2 Antworten
Du hast völlig Recht: vieles bleibt der Fantasie des „Präparators“ (?) überlassen.
Die Zeitschrift Science sagt dazu: „Der grundlegende wissenschaftliche Beweis setzt sich aus einem beschämend kleinen Aufgebot von Knochen zusammen, aus dem die Entwicklungsgeschichte des Menschen konstruiert werden soll. Ein Anthropologe verglich die Aufgabe mit dem Versuch, die Handlung des Romans Krieg und Frieden anhand von 13 wahllos herausgegriffenen Seiten zu rekonstruieren.“ (Constance Holden, „The Politics of Paleoanthropology“. Science, 14. August 1981, S. 737.)
Hier ein Auszug aus „Der Ursprung des Lebens: Fünf Fragen kritisch beleuchtet“:
>ZEICHNUNGEN UND MODELLE VON AFFENMENSCHENFakt: In Lehrbüchern und Museen werden die sogenannten Urmenschen oft mit ganz bestimmten Gesichtszügen und entsprechender Behaarung und Hautfarbe dargestellt, sodass die älteren „Vorfahren“ eher affenähnliche Züge haben und die jüngeren mehr wie Menschen aussehen.
Frage: Können Wissenschaftler wirklich aus fossilen Fragmenten solche äußerlichen Merkmale rekonstruieren?
Antwort: Nein. Carl N. Stephan, forensischer Anthropologe am Institut für Anatomie der Universität Adelaide (Australien), schrieb 2003: „Man kann nicht überprüfen, wie die Gesichter früher menschlicher Vorfahren ausgesehen haben, und sie deshalb auch nicht objektiv rekonstruieren.“ Da sich solche Nachbildungen an heutigen Affen orientieren, seien sie „wahrscheinlich immer stark von persönlichen Ansichten gefärbt, äußerst ungenau und unzuverlässig“. Zu welchem Schluss kommt er? „Jede Rekonstruktion des Gesichts eines frühen Hominiden ist mit großer Wahrscheinlichkeit irreführend.“
LG ...
Der reinen Phantasie entsprechen solche Rekonstruktionen sicher nicht, schau mal https://www.chirurgie-portal.de/news/gesichtsrekonstruktion.html
Denn dem Schädel sind keine Informationen zu entnehmen, ob die Frau etwa ein dickes Gesicht hatte weil sie gut genährt war oder ein schmales Gesicht.
Ggf. aber geben die Überreste von Kleidungsstücken hier einen Hinweis.