Sind das antisemitische Klischees?
Ich lese gerade das Buch "Fünf Freunde im Zeltlager" von Enid Blyton. Jedenfalls liest man auch von einem geldgierigen, schmierigen Mann, der klein und schmächtig ist, schwarze Haare, dunklere Haut und ständig wird seine große Nase erwähnt.
Die Frau und der Sohn des Mannes, die im Buch als sympathisch dargestellt werden, sind groß, blond und blauäugig und arbeiten auf dem Bauernhof, während der Mann in der Stadt arbeitet.
Mir kommt das alles sehr nach antisemitischen Klischees vor. Was meint ihr?
7 Antworten
Wo ich das mit der dicken Nase, der dunklen Haut und der Affinität zu Geld las, musste ich tatsächlich an die klischeehafte und überzeichnete Darstellung eines Juden denken. Nach heutigen Maßstäben und auch nach meiner ganz persönlichen Meinung ist das durchaus antisemitisch, aber damals scheint es normal gewesen zu sein und ist heute in der Relation zur Zeit zu sehen. Daher kann man es Enid Blyton nicht ankreiden (sie gibt nur den damaligen Zeitgeist wieder) und gerade die "Fünf Freunde" strotzten ja gemeinhin nur so vor Klischees.
Es war früher bzw. teilweise bis nach der 2000 auch hierzulande fast schon Standard, Farbige pauschal als "Bimbos" zu bezeichnen. Kenne genügend Erwachsene, die mit absoluter Sorglosigkeit im Alltag von "Bimbos" schwadronierten. Ich hatte in meiner Klasse auch einen Jungen, der jeden Schwarze, ganz arglos mit "Schokomann" angeredet hat und beim Anblick eines Farbigen stets ganz laut "guck' mal, ein Bimbo!" gerufen hat -----> einmal hat er das auf einer Klassenfahrt gemacht, da hat dann der Lehrer mit ihm ein ernstes Wort gesprochen und ihm erklärt, dass das nicht okay ist, sondern beleidigend und grob verunglimpfend.
Enid Blyton war natürlich ein Kind ihrer Zeit. Sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts geboren. In allen ihren Büchern zieht sich eine recht klischeehafte Darstellung ihrer Figuren durch. Heute ein Kritikpunkt, damals völlig normal.
In allen älteren Büchern findet man Dinge, die man heute nicht mehr so schreiben würde. Bedenke einfach bei Lesen, wann es geschrieben wurde. Insofern sind das auch Zeitzeugnisse.
Heute gubt es andere Klischees, die in jeder Geschichte, jedem Buch zu finden sind. Wird man in ein paar Jahren vielleicht auch merkwürdig finden.
Am Ende des 19. Jahrhunderts war die Mehrheit der Christen antijüdisch geprägt. Es war ein gesellschaftlicher Konsens. Man konnte es sich nicht anders vorstellen.
Zumindest wurde im "Stürmer", das Kampf-und Hetzblatt der SS der Semit (Jude) ungefähr so dargestellt.