Seminararbeit Holocaust?

3 Antworten

Folgendes sollte interessanter Stoff für dein Vorhaben sein:

Es benötigt definitiv mehr als Denkmäler, Gedenktage und Schulunterricht um die Geschichte des Nationalsozialismus zu verstehen! 

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung hat vor wenigen Jahren ergeben, das 81 % der deutschen Bevölkerung die Geschichte der Judenverfolgung und die Verbrechen des Nazi-Regimes hinter sich lassen möchten ("am besten vergessen"). Allein die Aussage "am besten vergessen" zeigt hierbei, das es diesen Personen dabei nicht um die Reduzierung der Medienberichte und ähnlichem ging, sondern pauschal um einen kompletten Schlussstrich unter diesen Teil der deutschen Geschichte. Die Akzeptanz der Bevölkerung sich mit dieser Geschichte, auch unser Großeltern und Ur-Großeltern weiterhin auseinanderzusetzen und den Zusammenhang mit der Gegenwart zu erkennen, hat sich seit der immer präsenten Erinnerungskultur in Deutschland fast verdoppelt. Das hat nichts mit Gehirnwäsche gemein, sondern mit der Erkenntnis, das unsere direkten Vorfahren in gewaltiger Anzahl, Täter und Mitwisser waren. Nur der deutliche Blick in die Vergangenheit erklärt die Gegenwart, das vergessen viele!

Es ist in der Tat beeindruckend leicht, sich im Alltag nicht mit unserer Vergangenheit zu beschäftigen. Unsere Gedenkkultur aufrechtzuerhalten, das ist immer Aufgabe der anderen gewesen. Mahnmale wurden von Initiativen oder Künstler initiiert, gebaut und gepflegt. Reparations- und Entschädigungszahlungen entschieden Politiker. Einige Tage im Jahr treffen sich Menschen, um Stolpersteine zu putzen, aber die restlichen 360 Tage liegen sie einfach dort, während wir unserer Arbeit nachgehen, irgendwie unseren Lebensstress bewältigen müssen. Die Schuld der Deutschen ergibt sich nicht aus der Tatsache, dass sie Deutsche waren, sondern vielmehr aus ihrer stillschweigenden Komplizenschaft mit den Nationalsozialisten, die viel weiter verbreitet war, als es sich die Deutschen eingestehen wollten und auch heute noch wollen! Heute unterstelle ich nicht einmal eine böse Absicht, es ist vielmehr die Lücke an Kenntnis vieler Zusammenhänge.

Es war nach dem 2 Weltkrieg ein langer Lernprozess, der einige Jahre benötigte um die deutsche Bevölkerung aus ihrer festen Verankerung mit dem Nationalsozialismus zu holen und ihnen das Bewusstsein für die Aufarbeitung mit diesem Teil der Geschichte zu geben. Aufgrund dieser langen Wege ist es gelungen der heutigen Bevölkerung die grausamen Taten eines verbrecherischen Systems näher vor Augen zu führen, als es in den direkten Jahren nach Kriegsende und weit darüber hinaus möglich war. Die Verantwortung in Deutschland ist eine besondere, denn es war schließlich hier, wo Juden aus ihren Wohnungen gezerrt wurden, um in Ghettos oder Konzentrationslager deportiert zu werden, wo sie erschöpft und systematisch ausgehungert starben oder in Gaskammern ermordet wurden. Wer in Deutschland lebt und Teil dieser Gesellschaft ist, wer das Land verstehen will, muss den Nationalsozialismus und den Holocaust kennen. Nicht im Sinne von Schuld, sondern von Verantwortung. Dabei spielt es keine Rolle, woher die eigenen Vorfahren stammen. In diesem Punkt gibt es eine Gemeinsamkeit, die Deutsche und Zugewanderte bzw. ihre Nachfahren teilen können und müssen

In den letzten drei Jahrzehnten sind zahlreiche Gedenkstätten an Orten des Nazi Terrors entstanden, oftmals auf Initiative lokaler Bürgergruppen. Gut, in Deutschland dauerte es bis in das Jahr 2005, als nach jahrelangen Debatten in Berlin das Denkmal für die ermordeten Juden Europas eingeweiht werden konnte. Drei Jahre später wurde ein eigenes Denkmal zur Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen aufgestellt, und 2012 folgte ein eigenes Denkmal für die Roma und Sinti. Die Tatsache, dass bald auch die letzten Überlebenden des Holocaust gestorben sein werden und sie nicht mehr unmittelbar persönlich Zeugnis vom Geschehen ablegen können, hat einen deutlichen Schub in der Dokumentation ihrer Erlebnisse bewirkt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus
LauraLiema 
Fragesteller
 17.12.2021, 16:05

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Das Thema finde ich sehr spannend und werde es aufjedenfall als Thema für die Seminararbeit in Erwägung ziehen.

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Stressika  17.12.2021, 16:09
@LauraLiema

das werden deine Leser sicherlich ebenso interessant und spannend finden! viel Erfolg!!!

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Was mir am "Gedenken und Erinnern" der Deutschen aufgefallen ist, ist dass in den Reden und Gedenktafeln immer das handelnde Subjket fehlt.

Es heisst immer, und das ist kein Zufall, das ist so gewollt:

Juden wurden verfolgt, diskriminiert, ermordet

mit einer einer passiv-Struktur.

Wer hat verfolgt, diskriminiert, ermordet?

Weiss man nicht, und die Strukturen werden absichtlich so gewählt, dass man es nicht sagt.

Das kann dir auffallen, denn wenn man sagt

"Die Deutschen haben in Baby Jar über 33'000 Juden ermordet"

Dann werden die Deutschen mächtig böse, weil man das Kind beim Namen genannt hat.

Daher fände ich eine Arbeit zum Thema "Hiding in plain sight" - Vergangenheitsbewältigung ohne Bewältigung" sehr interessant.

ein anderes Thema wären Statistiken:

laut einer Umfrage wollten 1947 ca. 50% der Deutschen nichts mehr vom Völkermord an den Juden hören.

Wie hat diese Zahl sich entwickelt?

Ein weiteres Thema wäre die Verwendung des Begriffes "Nazis" vs. "Deutsche" in der "Erinnerungskultur".

Ein weiteres Thema wäre: "Was hat die Deutschen motiviert, "Vergangenheitsbewältigung" zu betreiben? (es waren meist wirtschaftliche Motive, und jede "Bewältigung" kam nur unter Druck zustande. siehe dazu die historische Forschung zur Nazi-Zeit in den grossen deutschen Unternehmen)

oder

Was Adenauer als *Belohnung" für die "Vergangenheitsbewältigung" gefordert?

oder

Du könntest über das Timing der "Erinnerungskultur" schreiben (vieles wurde von den alten Nazis selbst nicht gemacht, angefangen bei Rückerstattungen bis hin zu Prozessen gegen Nazi-Verbrecher, von späteren Generationen schon)

LauraLiema 
Fragesteller
 21.12.2021, 11:02

Vielen Dank :) Mittlerweile habe ich die Themenvorschläge schon einreichen müssen, ich habe mich für "Den Umgang der Kinder und Jugendlichen mit dem Holocaust" und die "Psychologische Aufarbeitung" entschieden. Falls die Themen aber doch nicht passend sind, wären deine wirklich gute Vorschläge.

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Ich finde es sehr interessant das der Bericht von dem Vrba über die Vorgänge in den KZ so wenig Beachtung bei den westlichen Politikern gefunden hat. Sogar der Papst soll den bekommen haben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Vrba

LauraLiema 
Fragesteller
 16.12.2021, 19:26

Ich habs mir durchgelesen aber das hat doch eher weniger mit gedenken zu tun oder?

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Homosmart  16.12.2021, 19:29
@LauraLiema

Ich finde man damit sehr gut anfangen und darauf aufbauen. Das macht Dein Referat spannend. Dann geht Du weit mit aktuellen Fragen den Gedenkstätten, dem Kniefall von Band und so was. Soll ich Dir das Referat schreiben. Mach ich für € 100. Kreiste grantiert ne 1

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LauraLiema 
Fragesteller
 17.12.2021, 16:08
@Homosmart

Es soll eine Seminararbeit sein, die muss ich schon selber schreiben haha. Wikipedia dürfen wir eigentlich prinzipiell garnicht benutzen.

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