Muss man unbedingt Behinderte Menschen in der Firma haben?

3 Antworten

Es gibt die sogenannte Ausgleichsabgabe. Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, 5% ihrer Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten oder Gleichgestellten zu besetzen. Wer das nicht tut, muss gestaffelt zwischen 140 und 360 Euro pro Monat pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz bezahlen. Ab nächstem Jahr verdoppelt sich die Abgabe...

Mindern können Unternehmen diese Abgabe bis zu 50%, indem sie Aufträge an entsprechende Unternehmen vergeben, in der Regel Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Diese Rechnungen, die man für diese Leistungen bezahlt, werden dann mit bis zu 50% der zu leistenden Abgabe angerechnet.

Grundsätzlich finde ich es ja total okay, dass Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden, Menschen mit Behinderung die Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Allerdings wird bei dieser Abgabe halt so gar nicht geschaut, inwiefern diese Arbeitgeber sich bemüht haben, Schwerbehinderte einzustellen, in welchem Bereich das Unternehmen tätig ist und was sie sonst eventuell in Bezug auf die Inklusion von Menschen mit Behinderungen machen.

Ich arbeite zum Beispiel bei einem freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe, der 5 Kindertageseinrichtungen betreibt, die allesamt ein integratives Konzept haben und auch allesamt Kinder mit Behinderungen betreuen. Wir haben auch einige Mitarbeitende mit Behinderungen, allerdings in den meisten Fällen unter der magischen Grenze des Grads der Behinderung von 50 und somit nicht schwerbehindert. Und nein, wir drohen auch keinem mit Rauswurf aufgrund seiner Behinderung, wodurch die Gleichstellung bei einem GdB 40 oder so von der Arbeitsagentur auch nicht durchgewunken wird...

Dadurch zahlen wir jährlich einen fünfstelligen Betrag bei dieser Ausgleichsabgabe. Übrigens bereits nach Minderung durch die Rechnungen für die Kooperationen mit Organisationen wie der Lebenshilfe, z. B. im Bereich Wäscherei. Ich finde, da kann man schon mal nach dem Sinn dieser Abgabe fragen, wenn sie sogar in solchen Fällen keine Ausnahmen vorsieht...

Flugzeuge123 
Fragesteller
 13.05.2023, 14:38

Keine Ausnahmen ist wirklich schwierig finde ich. Da wird dann nicht berücksichtigt wie diese Situation zustande gekommen ist. Wenn man sich keiner bewirbt kann man dementsprechend die Stelle auch nicht besetzen und einen ablehnen weil er nicht behindert ist geht vermutlich auch nicht.

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HappyMe1984  13.05.2023, 14:46
@Flugzeuge123

Ich sehe das Problem dabei vor allem darin, dass es eben wirklich nur um SCHWERbehinderte, also mit einem GdB ab 50, geht. Da sind nämlich wiederum die Behörden, die diesen Grad bestimmen, ziemlich streng - selbst bei Menschen, die wirklich mit ihren Einschränkungen im Alltag zu kämpfen haben. Also einerseits super schwierige Beantragung für Betroffene, wo das Verfahren an sich auch viele Betroffene komplet abschreckt, andererseits diese Abgabe, die nur diese Fälle von Behinderung berücksichtigt - irgendwie macht das dann eben doch den Eindruck einer Art "Steuer durch die Hintertür", so in seiner Gesamtheit...

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Flugzeuge123 
Fragesteller
 13.05.2023, 20:29
@HappyMe1984

Das mit der 50 ist schon ein Problem. Ich selber habe die 50 aber war eine Zeit lang kurz davor abzusteigen. Irgendwann wollten die auch eine Überprüfung dafür ob ich noch Behindert bin da die Diagnose zu alt sei. Es ist schwierig das System und bei dem Punkt Steuer durch die Hintertür würde ich zustimmen.

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HappyMe1984  14.05.2023, 10:32
@Flugzeuge123

Meine Mutter hat Arthrose im einen Knie, im anderen Bein Lähmungserscheinungen, die wiederum ihren Ursprung im Hirn haben. Dazu eine krumme Wirbelsäule, die für Rückenschmerzen sorgt. Das alles mit Ü60. Schränkt sie stark in ihrer Mobilität ein, längere Wege laufen ist fast nicht mehr möglich und mit stark erhöhter Sturzgefahr aufgrund der Lähmungserscheinungen verbunden. Und sie hat gerade so den GdB 50 bekommen - allerdings ohne den zusätzlichen Vermerk für Behindertenparkplätze...

Da stellt sich mir schon die Frage, in welchem Beruf sie arbeiten könnte, wo körperliche Mobilität nicht ohnehin total egal wäre. Und da, wo es total egal ist, ist es auch den Arbeitgebern egal, ob dort jemand mit oder ohne Behinderung tätig ist. Sinn dieser Abgabe soll es ja sein, dass Menschen mit Behinderung in Jobs genommen werden, wo diese Behinderung sie schon etwas einschränkt und der Arbeitgeber somit ein paar Zugeständnisse machen muss, es aber dennoch möglich ist, dass sie dort mit diesen Zugeständnissen und ggf. Hilfsmitteln arbeiten. Aber wenn die Kriterien für den GdB größer als 50 so krass sind, dann reichen da doch auch ein paar Hilfsmittel nicht mehr aus, bzw. nur in recht stark begrenzten Fällen wie z. B. bei Sehbehinderungen oder so...

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Ich glaube viele Behinderte trauen sich oft nicht...und dabei steckt oft soviel Potential in ihren,....

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Mein Wissen habe ich durch meine Ausbildung und Fortbildung