Mercedes Benz w123 oder w124 Daily Driver?

2 Antworten

Ich hatte einen W124, der bei fast 300000km keine Rostprobleme hatte. Mir war sogar eine einfache Ausstattung wichtig, damit nichts kaputtgehen kann, und so war es, alles funktionierte bis zuletzt tadellos.

Es war ein Diesel mit gerade mal 70 PS, im Anzug lahm wie ein Käfer, in der Höchstgeschwindigkeit jedoch ordentlich, dabei ruhig, stabil. Es gab keinerlei Probleme , auch keine Startprobleme nach halbjähriger Standzeit.

Das Schaltgetriebe mit vier Gängen fand ich sehr entspannend, man hatte nicht viel zu tun , und es fühlte sich an, wie bei einem jungem Auto.

Nordmax 
Fragesteller
 25.01.2021, 20:07

Das hört sich gut an! Danke

Über das 4-Gang-Getriebe habe ich auch nur Gutes gehört. Welchen Diesel-Motor hattest du?

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Wir hatten beide Baureihen jeweils als 230E Automatik im Alltag (W123 von 1984, W124 von 1989). Waren sehr gute Autos bis auf den Rost, den 124er hatten wir noch bis 2012 gefahren. Es gab nie echte Probleme, der 124er war im Schnitt rostanfälliger als der Vorgänger, obwohl er an sich besser behandelt wurde.

Ich mag alte Benz, würde aber heute nicht mehr in einem 123er ohne jede Sicherheits- und Komfortausstattung im Alltag rumfahren. Er ist immer noch besser geeignet als etwa ein gleichaltriger Ford Granada oder Audi 100 C2, zumal die Ersatzteilversorgung einsame Klasse ist selbst bei Mercedes, aber so ein Auto ist auch durch die Rostanfälligkeit bedingt nichts mehr für den Alltag. Ich denke zur Zeit selbst drüber nach, meinen alten W202 nur noch im Sommer zu fahren.

Aus heutiger Sicht würde ich für den Alltag eigentlich nur noch einen W124 mit M111-Benzinmotor ab September 1992 empfehlen (200E/E200; 220E/E220). Das sind sparsame und haltbare Motoren mit ausreichend Dampf für den Alltag und hoher Zuverlässigkeit bei geringem Wartungsaufwand - fahre selbst seit 2013 einen M111 in der C-Klasse W202.

Am besten ist natürlich ein E200 oder E220 W124 ab Juli 1993 (E-Klasse/Mopf 2), da er viel bessere Sitze mit straffen Polstern (aus dem W202) hat und nennenswerte Sicherheitsausstattungen besitzt. Zudem sind die Motoren einfach sparsam, leise und schnell. Des weiteren hat der M111 die grüne Plakette und kann mit wenig Aufwand in Euro 2 umgeschlüsselt werden, wenn nicht schon geschehen. Klar, die selbsternannten "Kenner" kann man mit der E-Klasse W124 nicht begeistern, für die ist das ein billiger Abglanz, aber dafür hat man ein sehr ausgereiftes Auto, das im Alltag einfach viel besser, entspannter und zeitgemäßer ist als ein Vormopf oder Mopf 1.

Der 220er fährt sich wie Butter, beschleunigt gediegen von unten raus und vermittelt den Eindruck, dass genau der richtige Motor im richtigen Auto wirkt. Die 150 PS sind bullig, ohne laut zu sein und der Verbrauch ist im Rahmen. Den 220er kann man sogar als Handschalter empfehlen, zumal die einst üblen Handschaltungen ab Mitte 1993 (E-Klasse) viel besser geworden sind. Gut sind sie immer noch nicht gewesen, aber nicht so schlecht wie ihr Ruf und im 220er ist das Ganze durchaus entspannt fahrbar. Die Charakteristik und Abstufung der 1993 für den W202 eingeführten Mercedes-Fünfgangschaltung passt zum Drehzahlband des E220 sehr gut, beim C180 oder auch dem C200 bzw. E200 noch im W210 hatte man jedoch immer das Gefühl immer im falschen Gang unterwegs zu sein: Mal grummelt er bei niederer Drehzahl vor sich hin, dann ist er im fünften Gang so laut, dass man sich einen Sechsten wünschen würde. Das Verhältnis Handschaltung/kleiner M111 wurde erst beim späten W202 mit Sechsgangschaltung in den Griff bekommen - den 200er würde ist mit Automatik (vier Gänge im 124er) wählen. Deswegen habe ich meinen C180 auch mit Automatik (aber schon fünf Gänge, Baujahr 1997) gekauft.

Preislich ist der Mopf 2 überraschend niedrig - die Vierzylinder Limousinen sind im Schnitt deutlich günstiger als die früheren Modelle, die von "Kennern" gekauft werden. Der wahre "Kenner" aber fährt Mopf 2, definiert sich nicht über plumpes Statusgerede, zahlt weniger Benzingeld, genießt bessere Sitze und freut sich über ein sehr ausgereiftes Fahrzeug. Die Rostprobleme des Mopf 2 sind nicht schlimmer als bei früheren Modellen, der 124er ist schon immer ein extremer Roster gewesen wie jeder Mercedes, wobei ich persönlich im Vergleich unseren W123 fast für besser konserviert und im Innenraum solider verarbeitet hielt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
rotesand  26.01.2021, 10:33

Diesel und T-Modell kann man übrigens voll vergessen. Beides wurde bis in die 2000er runtergeritten und zusammengelutscht - Taxidienste, anspruchslose Vielfahrer, Familien, Landwirte und Hobbyheimwerker, die davor bereits das 123er T-Modell runtergerutscht hatten, fuhren die Autos wegen ihrer hohen Zuverlässigkeit, pflegten sie nicht und warfen sie dann als der Rost im Vormarsch war, entweder in den Export oder auf den Schrottplatz, um auf W210 T-Modell oder Opel Omega Kombi umzusteigen.

Was es heute gibt, ist entweder sehr teuer oder sehr schlecht, meistens beides, und zwar durch die Bank - erst recht einen E250 Diesel als T-Modell/250TD kriegt man heute eigentlich nicht mehr. So etwas fängt meistens bei 5000 Euro "Festpreis, Festpreis, Festpreis" an und sieht dann wirklich einfach nur nach Schrott aus, ist es auch und steht sich die Achsen krumm, bis irgendein ahnungsloser Hipster meint, er müsse cool wirken, sich so eine Karre kaufen und die Katze im Sack kauft obwohl jeder technisch interessierte Benzfahrer nur die Hände überm Kopf zusammenschlägt - Stichwort Heckscheibenrahmen, Antennenloch und Co., meist sind das auch Autos, bei denen man sich aus hygienischen Gründen weigert einzusteigen.

Gepflegte T-Modelle waren schon immer faktisch nicht zu bekommen, weil der Opa zwar den 230E oder seltener 260E oder auch mal E250 Diesel gekauft hat, aber eben nur die Limousine oder vielleicht mal ein Coupé, wenn er sich was gegönnt hat.

Muss es jedoch ganz unbedingt ein alter Mercedes Kombi sein, halte Ausschau nach einem C180T S202. Es gibt noch gepflegte Autos, teilweise auch aus erster Hand mit Scheckheft und Klimaanlage. Der hat das grundsätzliche Konzept und das Fahrgefühl immer noch, ist aber moderner, zuverlässiger und tatsächlich weniger rostanfällig. Die 202er T-Modelle stammen aus dem Werk Bremen (wie meine Limousine) - da waren Verarbeitungs- sowie Lackqualität und Rostschutz weit besser als in Sindelfingen oder Rastatt.

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Nordmax 
Fragesteller
 26.01.2021, 13:12

Danke für diese sehr ausführliche Erläuterung. Der w124 scheint mir im Alltag vernünftiger zu sein. Ab August 1993 gab es ja den blöden Lack auf Wasserbasis, den ich gerne vermeiden würde. Zudem ist mir die „einfache“ Steuerkette vor 1990 ein Dorn im Auge. Der 230er soll mit der alten Automatik ja wunderbar harmonieren, so wie der 200 mit der manuellen 4-Gang.

Ich gucke mich mal nach geeigneten Autos in meiner Nähe um. Zum Glück wohnt ein Händler mit rund 120 Ersatzteilträgern (ja, 120 Stk 123er und 124er in der Nähe). Da wäre dann das Schrauben auch nicht so schlimm.

Mal gucken was es wird✌🏽

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