Könnten Löwen und Tiger in Europa überleben? Warum werden sie nicht in Europa wieder angesiedelt?

10 Antworten

Löwen kamen vor gar nicht allzu langer Zeit auch in Europa vor. Während der letzten Eiszeit waren Unterarten des Löwen, die sog. Höhlenlöwen, auch in Mitteleuropa (Panthera leo spelaea) und Nordamerika (Panthera leo atrox) verbreitet. Auch der Jaguar (Panthera oncagombaszoegensis) war während der letzten Eiszeit in Eurasien verbreitet. Während die Höhlenlöwen am Ende der Eiszeit ausstarben, lebten Löwen der heute noch existierenden Entwicklungslinie im südlichen Europa noch bis in die Antike hinein. In Griechenland und auf dem Balkan lebten Löwen noch bis etwa 400 v. Chr. bis 100 n. Chr., ehe sie der Mensch ausrottete. Heute ist die einzige noch in Europa lebende Großkatzenart der Leopard (Panthera pardus) im Kaukasusgebiet.

Der Tiger kam hingegen in Europa nie vor, auch während der letzten Eiszeit nicht. Die westliche Verbreitungsgrenze lag etwa im Bereich zwischen Kaspischem und Schwarzem Meer in der Türkei. Die dort verbreitete Unterart, der Kaspische Tiger (Panthera tigris virgata) ist seit den 1970er Jahren jedoch ausgerottet. Eingewandert ist der Tiger in die Türkei genetischen Studien zufolge wohl nördlich des Himalaya aus Sibirien. Wahrscheinlich bildeten die Kaspischen und die im Amur-Ussurigebiet lebenden Amurtiger (Panthera tigris altaica) eine zusammenhängende Population, die erst durch den Menschen getrennt wurde. Warum Tiger, anders als andere Großkatzen wie Löwen, nie bis nach Europa vordrangen ist unbekannt.

Überleben könnten Tiger in Europa wahrscheinlich schon. Der Amurtiger beispielsweise ist völlig winterhart. In seiner Heimat können die Temperaturen im Winter auf Minus 40 Grad Celsius fallen, mit den mitteleuropäischen Wintern käme er problemlos zurecht. Auch die europäischen Sommer würde er vertragen, denn die Sommer im russischen Fernen Osten ähneln klimatisch unseren Sommern sehr. Auch die Hauptbeutearten, Wildschweine, Rehe und Hirsche, würde der Tiger in Europa vorfinden.

Löwen würden heute in Europa vermutlich nicht mehr überleben können. Nicht wegen des Klimas, mit dem kämen Löwen vermutlich sogar zurecht, denn auch in Akrika kann es v. a. nachts empfindlich kalt werden. Löwen sind unter allen Großkatzenarten aber am stärksten auf das Erlegen von Großsäugetieren spezialisiert. Die Hauptbeutearten von Löwen in Afrika sind z. B. Zebras, Gnus und Kaffernbüffel. Die großen Megaherbivoren sind in Europa mit der letzten Eiszeit verschwunden, was auch das Aussterben der Höhlenlöwen erklärt. Die letzten großen Pflanzenfresserarten, Ur und Wisent, hat der Mensch ausgerottet. Es würde somit in Europa heute an einer ausreichend großen Anzahl an großen Beutetierarten fehlen.

Hinzu kommt, dass der Mensch Löwen und Tiger wohl in seiner Nähe nicht dulden würde. Zwar sind auch Großkatzen menschenschau und suchen keine direkte Konfrontation mit dem Menschen. Dort, wo die Lebensräume von Mensch und z. B. Tiger immer enger aneinander rücken, z. B. in Indien, kann es zu Konflikten kommen. In Mitteleuropa würde der Mensch dem Tiger und dem Löwen schlicht nicht genügend Lebensraum zugestehen. Wir schaffen es ja nicht mal vernünftig, die noch bestehenden Lebensräume dieser beiden Arten vernünftig zu schützen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Weil wir schon genug Probleme mit Wölfen und Bären haben. Neue Arten würde die Ökosysteme nur durcheinander bringen. Die schlechten Erfahrungen aus anderen Ländern wie z. B. Australien sollten Warnung genug sein.

Darwinist  22.01.2023, 11:58

Du kannst die Situation in Australien aber nicht einfach mit Europa vergleichen. Eingeschleppte Arten sind in Europa verglichen mit anderen Erdteilen weit weniger problematisch, weil die erdgeschichtliche Entwicklung hier aufgrund der geographischen Gegebenheiten völlig anders ablief als in Australien. Wir haben natürlich auch unsere problematischen invasiven Arten, viele Neobiota in Europa bereichern aber auch die Ökosysteme.

Wolf und Bär sind außerdem ohnehin einheimische Arten, deren Rückkehr grundsätzlich zu begrüßen ist. Die von ihnen angeblich verursachten Probleme sind maßlos übertrieben.

2
Nofear20  22.01.2023, 14:54
@Darwinist
Wolf und Bär sind außerdem ohnehin einheimische Arten, deren Rückkehr grundsätzlich zu begrüßen ist. Die von ihnen angeblich verursachten Probleme sind maßlos übertrieben.

Wolf und Bär sind ja früher in ganz Europa heimisch gewesen und sind es in weiten Teilen ja noch. Der Wolf ist in Deutschland wieder etabliert, mit dem Bären tun wir uns noch schwer. Aber die Fragestellung bezog sich ja auf Löwen und Tiger, und da würde ich abraten. Da muss man wohl auch sehr weit zurückgehen, als diese überhaupt in Europa heimisch waren.

Aktuell wandert ja der Goldschakal ein, der schon in Österreich und Bayern gesichtet worden ist. Nach meinem Empfinden sollte das aber kein Problem darstellen.

1

Angesichts des Klimawandels ist das gut vorstellbar, aber was wäre das für ein Geschrei, wenn in deutschen Wäldern Löwen und Tiger lebten, wo man hierzulande nicht mal mit ein paar Wölfen klarkommt.

Theoretisch könnten sie überleben. Zumindest Sibirien Tiger würden mit dem Klima klar kommen.

Aber mal Hand aufs Herz. Wir kommen ja kaum mit Wölfen klar. Und Bären können Menschen bisweilen gefährlich werden.

Wie soll das dann mit Großkatzen aussehen, die viel gefährlicher für Menschen sind und uns sogar auf dem Speiseplan haben...

Zumal sie das Ökosystem sicherlich komplett durcheinander bringen. Löwen und Tiger gibt es seit Jahrtausenden nicht mehr in Europa. Die Natur hier ist überhaupt nicht auf solche Raubtiere vorbereitet.

Es ist unwahrscheinlich, dass Löwen und Tiger in Europa ohne menschliche Unterstützung überleben könnten. Beide Arten sind an warme Klimata angepasst und benötigen große offene Räume und ausreichend Beutetiere, um zu überleben. Europa bietet weder das eine noch das andere in ausreichendem Maße.