Kann mir jemand bitte den kompatibilismus erklären?

3 Antworten

Es gibt keine Vorgänge auf der Welt, die nicht deterministisch ablaufen. Es ist das Prinzip von Ursache und Wirkung, die ganze Physik funktioniert so. Weil die meisten Menschen sich das nicht vorstellen können, geistern die unglaubigsten Denkfehler zu diesem Thema herum. Es gibt auch unterschiedliche Vorstellungen davon und mehrere verschiedene Definitionen. Strittig ist im besonderen, was denn die Alternative wäre, wenn der Determinismus nicht immer gegenwärtig wäre.

Der Kompatibilismus besagt, dass der Determinismus nicht im Widerspruch zum freien Willen steht. Wenn jemand also denkt, morgen scheint die Sonne und es regnet, dann liegt das nicht am fehlenden Determinismus, sondern an der falschen Vorhersage. Der hauptsächliche Denkfehler ist die Vorstellung, dass die Vorausbestimmbarkeit davon abhängt, das man das auch erfolgreich vorausbestimmen kann. 5 + 5 ist aber auch dann 10, wenn einer nicht rechnen kann.

ReimundAcker  21.04.2021, 23:31
Es gibt keine Vorgänge auf der Welt, die nicht deterministisch ablaufen.

Ob die physikalische Welt deterministisch ist oder nicht, ist zumindest unter Physikern umstritten. Die Antwort hängt u. a. davon ab, welche Interpretation der Quantenmechanik man bevorzugt.

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So wie ich den Kompatibilismus kenne, geht es darum, dass Determinismus und Freiheitsempfinden kompatibel sind.
Die Angst vor dem Determinismus liegt darin begründet, dass man sich sorgt, ein vorgefertigtes Schicksal erfüllen zu müssen. Das ist aber nur deshalb erschreckend, weil wir uns denken, dass wir dann keine Wahl haben. Du glaubst, dich für A entscheiden zu müssen, unabhängig davon, ob es dir gefällt oder es gute Gründe für B gibt, einfach nur weil es dein Schicksal ist.
Doch du weißt ja gar nicht, was dein Schicksal ist. Es könnte auch dein Schicksal sein, A für die scheinbar einzige Möglichkeit zu halten, nur um dann daran zu zweifeln und B zu wählen. Wenn du also vor der Frage stehst, ob A oder B, ist es sinnlos, dir zu überlegen, ob es ein Schicksal gibt, denn selbst wenn, weißt du ja nicht, wie es dich entscheiden lassen wird. Du kannst also auch genausogut davon ausgehen, dass du die freie Wahl hast und entsprechend handeln.

Es gibt dann noch ein paar tiefergehende Überlegungen, z.B. ob es sinnvoll ist, sich absolute Freiheit zu wünschen, wenn dein Wille dann nicht einmal mehr davon abhängt, wer du bist und was du willst. Das wäre nämlich auch ganz schön erschreckend.

Wenn du dich eingehender mit dem Thema befassen willst, kann ich dir "Das Handwerk der Freiheit" von Peter Bieri empfehlen.

Gringo58  21.04.2021, 21:56

Richtig! Ich empfehle auch noch Metzinger und Gerhard Roth... um nur einige zu nennen

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Jeder deterministische Vorgang, den wir mangels Fähigkeit oder Kenntnis des Ausgangszustandes nicht vorhersagen können (und das sind die meisten), erscheint uns als Zufall. Diesen gibt es aber nicht, zumindest nicht als Gegenstück zum Determinismus. Der Zufall ist eine subjektive Erscheinung. Bestes Beispiel ist das Roulett. Ein rein physikalischer und einfach nachvollziebarer Ablauf. Praktisch ist es aber nicht möglich, das Ergebnis vorherzubestimmen. Die Vorherbestimmbarkeit ist eine Eigenschaft eines Vorganges, die vollkommen unabhängig davon ist, ob jemand das Ergebnis tatsächlich vorhersagen kann.

Auch das Denken und Handeln des Menschen ist deterministisch. Oder ist es etwa Zufall? Die Quantenmechanik ist noch weitgehend unerforscht. Deshalb ist das Deterministische nicht klar erkennbar. Aber was sollte es denn sein? Zufall? Wie sollte die Alternative zum Determinismus denn sein? Die gibt es doch gar nicht. Die Quantenmechanik ist ein ganz elementarer Vorgang in unserer physikalischen Welt. Wenn wir etwas nicht wissen oder nicht können, ist der Determinismus nicht durchschaubar.

So viel gutgemeinten Unsinn habe ich noch nie gelesen wie in philosophischen Abhandlungen über den Determinismus. Die einzelnen Denkfehler bekommen dort sogar einen Namen.