Ist Vergeltung im Christentum erlaubt?

6 Antworten

Römer 12:17 Zahlt niemandem Böses mit Bösem zurück. Seid auf das bedacht, was aus Sicht aller Menschen gut ist.
1. Thessalonicher 5:15 Seht zu, dass niemand Böses mit Bösem zurückzahlt, sondern bemüht euch immer darum, euch gegenseitig und allen anderen Gutes zu tun.
1. Petrus 2:23 Als er beschimpft wurde, schimpfte er nicht zurück. Als er litt, drohte er nicht, sondern vertraute sich dem an, der gerecht urteilt.
1. Petrus 3:9 Zahlt nicht Böses mit Bösem zurück und reagiert auf Beleidigung nicht mit Beleidigung. Segnet stattdessen – dazu seid ihr berufen worden –, damit ihr Segen erbt.

Das ist nicht einfach, aber dennoch für Christen erstrebenswert.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Weiterbildung durch fortlaufendes Bibelstudium

Nein . Wir müssen Vergeben denn nur Gott darf im Christentum über Recht , Unrecht und Strafe richten .

Nein!

Nach Römer 13 sollen sich Christen an die geltenden Gesetze halten. Und nach dem deutschen Strafgesetzt ist Vergeltung verboten.

Dazu Jesus hat gesagt, dass Christen bei starken Beleidigungen "die andere Backe hinhalten" sollen. Was das bedeutet, erkläre ich mal im Kommentar...


chrisbyrd  22.03.2024, 20:53

Behauptung: Diese Aussage von Jesus ist genial und wird in taktischen Selbstverteidigungsseminaren als beste Taktik überhaupt gelehrt!

Das hört sich erst einmal komisch an, aber die genannte Stelle wird häufig falsch verstanden und noch falscher ausgelegt.

Denn: Sollten Christen sich überall verprügeln lassen, ohne sich zu wehren? Sollten sie zuschauen, wenn andere Christen verprügelt werden und sich darüber freuen, dass diese die andere Backe hinhalten können? Das ergäbe doch irgendwie nur wenig Sinn und würde die gesellschaftliche Ordnung gefährden.

Zu der Bibelstelle mit dem "Hinhalten der anderen Backe" ist zu sagen, dass es dabei nicht um Selbstverteidigung oder körperliche Angriffe, sondern um Rache und Beleidigungen geht.

Im griechischen Urtext steht das Wort "rhapizo", das einen Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht bedeutet. Dies war eine Geste, die z.B. ein Herr gegenüber seinem Knecht tun durfte. Bei Gleichgestellten galt sie als schwere Beleidigung, die nach rabbinischem Recht doppelt bestraft wurde. Deshalb soll man sich durchaus beleidigen lassen, ohne sich zu wehren. Und man soll sich nicht rächen, was wohl die Kernaussage dieser Bibelstelle ist.

Deshalb ist der Vorschlag, auf Beleidigungen nicht zu reagieren und auf Rache zu verzichten, die beste Taktik, um Streit zu deeskalieren und schlimmere Auseinandersetzungen, die über verbale Angriffe hinausgehen, zu vermeiden.

In taktischen Selbstverteidigungsseminaren, in denen es um Notwehr und Nothilfe geht, wird diese Strategie durchaus als wichtige Möglichkeit der Deeskalation und Prävention gelehrt.

An diesem Beispiel sieht man wieder, wie lebensnah und -praktisch Jesus die Menschen belehrte.

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Dawinschi  22.03.2024, 20:57

Ich habe einen Nachbarn, der darauf besteht, am Sabbat zu arbeiten. Exodus 35:2 sagt eindeutig, dass er getötet werden sollte. Bin ich moralisch dazu verpflichtet, ihn selbst zu töten?

Wenn ich einen Stier als Opfer auf dem Altar verbrenne, weiß ich, dass dies einen angenehmen Geruch für den Herrn erzeugt (Lev 1,9). Das Problem sind meine Nachbarn. Sie behaupten, der Geruch sei ihnen nicht angenehm. Soll ich sie erschlagen?

natürlich sind das nur scherzhaft theoretische Beispiele und ich möchte niemanden erschlagen oder töten

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chrisbyrd  23.03.2024, 09:51
@Dawinschi

Wenn du ein Israelit wärst und in der Zeit des Gesetzes leben würdest, dann solltest du zumindest mit dem Hohepriester mal über deinen Nachbarn reden... ;-)

Da du aber kein Israelit bist und in der Zeit der Gnade und Gemeinde (seit Jesu Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt hat diese begonnen) lebst, gilt für dich nicht das Gesetz des Mose und deshalb ist es kein Problem, am Sabbat zu arbeiten.

Der Sabbat beginnt am Freitagabend bei Sonnenuntergang und endet am Samstagabend beim Untergang der Sonne. Gewöhnlich halten nur Juden, Adventisten oder messianische Juden den Sabbat, andere Christen normalerweise nicht.

Der Sonntag ist nicht der Sabbat, sondern der erste Tag der Woche nach der Bibel (vgl. Matthäus 28,1; Apostelgeschichte 20,7).

In Kolosser 2,16 steht: "

  • So lasst euch von niemand richten wegen Speise oder Trank, oder wegen bestimmter Feiertage oder Neumondfeste oder Sabbate."

Dazu in Römer 14,5-6:

  • "Der eine hält einen Tag für höher als den andern; der andere aber hält alle Tage für gleich. Ein jeder sei in seiner Meinung gewiss. Wer auf den Tag achtet, der tut's im Blick auf den Herrn; wer isst, der isst im Blick auf den Herrn, denn er dankt Gott; und wer nicht isst, der isst im Blick auf den Herrn nicht und dankt Gott auch." 

Du hast aber Recht, deine Beispiele sind sehr gut! Denn es gibt Christen, die meinen, dass man das Gesetz des Mose einhalten soll. Dann müssten sie Steinigungen durchführen, rote Kühe zu Asche verbrennen (wegen der Opferung), Tieropfer bringen, levitische Priester einsetzen, einen Tempel bauten, die jüdischen Festzeiten halten usw. Das machen Christen natürlich nicht!

Ich erkläre mal ausführlich, dass Christen nicht unter dem Gesetz des Mose stehen:

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chrisbyrd  23.03.2024, 09:52
@chrisbyrd

Christen stehen nicht unter dem Gesetz des Mose, das allein dem Volk Israel gegeben wurde und dem das Volk am Berg Sinai auch ausdrücklich zustimmte.

Die 5 Bücher Mose enthalten insgesamt 613 Gebote und Verbote, die dem Volk Israel von Mose gegeben wurden. Wer eines dieser Gesetze bricht, bricht das gesamte Gesetz:

  • "Denn wer das ganze Gesetz hält, sich aber in einem verfehlt, der ist in allem schuldig geworden" (Jakobus 2,10).

Jesus hat das Gesetz erfüllt:

  • "Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen!" (Matthäus 5,17).

Was erfüllt worden ist, müssen andere nicht mehr einhalten. Es ist erfüllt!

Jesus ist das Ende bzw. Endziel des Gesetzes des Mose:

  • "Denn Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt" (Römer 10,4). 

Deshalb stehen Christen nicht mehr unter diesem "Lehrmeister":

  • "So ist also das Gesetz unser Lehrmeister geworden auf Christus hin, damit wir aus Glauben gerechtfertigt würden. Nachdem aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Lehrmeister" (Galater 3,24-25).

Darum ist es kein Widerspruch, wenn Paulus schreibt, dass der Sabbat nicht gehalten werden muss:

  • "So lasst euch von niemand richten wegen Speise oder Trank, oder wegen bestimmter Feiertage oder Neumondfeste oder Sabbate" (Kolosser 2,16).
  • "Dieser hält einen Tag höher als den anderen, jener hält alle Tage gleich; jeder sei seiner Meinung gewiss!" (Römer 14,5).

Oder Lukas schreibt, dass Christen alle möglichen Tiere essen dürfen, die nach dem Gesetz des Mose verboten waren. In Apostelgeschichte 10,9-15 steht:

  • "Am folgenden Tag aber, während jene reisten und sich der Stadt näherten, stieg Petrus um die sechste Stunde auf das Dach, um zu beten. Er wurde aber hungrig und verlangte zu essen. Während sie ihm aber zubereiteten, kam eine Verzückung über ihn. Und er sieht den Himmel geöffnet und ein Gefäß, gleich einem großen, leinenen Tuch, herabkommen, an vier Zipfeln auf die Erde herabgelassen; darin waren allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde und Vögel des Himmels. Und eine Stimme erging an ihn: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber sprach: Keineswegs, Herr! Denn niemals habe ich irgendetwas Gemeines oder Unreines gegessen. Und wieder erging eine Stimme zum zweiten Mal an ihn: Was Gott gereinigt hat, mach du nicht gemein!"

Beim Aposteltreffen in Jerusalem wurde darüber diskutiert, welche Gesetze aus dem Gesetz des Mose für Christen aus den Nationen gelten sollen. Jakobus, der Halbbruder von Jesus, Autor des Jakobsbriefes und Leiter der Urgemeinde in Jerusalem fasste zusammen:

  • "Darum urteile ich, dass man denjenigen aus den Heiden, die sich zu Gott bekehren, keine Lasten auflegen soll, sondern ihnen nur schreiben soll, sich von der Verunreinigung durch die Götzen, von der Unzucht, vom Erstickten und vom Blut zu enthalten" (Apostelgeschichte 15,19-20).

Dabei ist auch zu bedenken, dass das Gesetz des Mose nicht schon vor Mose galt. Also weder Henoch noch Noah, Hiob, Abraham, Jakob oder Josef haben sich an das Gesetz des Mose gehalten.

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Nein, und es wäre auch selbstschädigend: mit dem Maß, mit dem wir richten, werden wir gerichtet werden.

"Rächt euch nicht selbst", ist der biblische Rat. Richter und Rächer ist Gott JHWH.