Irgendwelche Lehrer/innen hier?
Ja, es ist spät. Aber: Vielleicht sind ja noch Lehrer/innen online. Ich frage mich nämlich: Welche Erkenntnis habt ihr erst als Lehrer erlangt, die ihr vorher nicht hattet?
2 Antworten
Ja ich kann hier gerne aus dem Nähkästchen plaudern:
Also vorab gilt: Üblicherweise hat man als Lehrer ja mal früher als Schüler eine Schule besucht, und kennt sich daher aus, wie es dort ist. Nur ist das zu dem Zeitpunkt, wo man zu Unterrichten anfängt schon eine Weile her, und man nimmt die Situation komplett anders wahr. Während man als Schüler keinen Gedanken darüber verschwendet, was der Lehrer geplant hat für die Stunde, denkt man als Lehrer oft daran, ob man den geplanten Stoff in dieser Stunde durchbringt oder nicht oder ob man gar zu früh fertig wird.
Oft denkt man sich auch "Hoffentlich machen die Kinder heute beim Unterricht brav mit, ich habe keine Lust darauf, wieder ständig zu ermahnen."
Ebenfalls im Studium lernt man viel theoretisches Zeug, was man in der Realität aber nie braucht. Was man aber fast gar nicht lernt, sondern selbst herausfinden muss, ist wie man wirklich unterrichtet. Also wie man etwas verständlich erklärt und wie man die Schüler dazu bringt, das zu machen, was man ihnen sagt, ist Übungssache.
Auch im Studium lernt man nicht wirklich, wie man eine Jahresplanung machen (also welcher Unterrichtsstoff wann an die Reihe kommt) sondern das muss man später auch austesten, wie man das bestmöglich hinkriegt.
Man lernt auch nicht wirklich, wie man Prüfungen oder Tests im Idealfall gestaltet. Auch hier macht man diese idr. so, wie man es selbst aus der Schulzeit in Erinnerung hat.
Zuguterletzt fällt mir noch ein, dass man nicht lernt, wie dieser Schulalltag so ist, sondern hier muss man sich eben dann als Lehrer reinfinden, muss austesten welche Regeln man für die eigene Klasse für den Unterricht aufstellt und merkt auch, dass die Gesetze, die die Schule und den Unterricht regeln derartig schwammig formuliert sind, dass unklar ist, was der Gesetzgeber damit genau meint.
Während des Studiums habe ich mir auch immer gedacht, dass man vorallem extrem viel Fachwissen als Lehrer braucht, aber in der Realität braucht man viel eher ein Gespür dafür, wie man etwas gut vermittelt und wie man etwas für die jeweilige Altersgruppe gestaltet, den das lernt man auch kaum im Studium.
Grundsätzlich habe ich diesen Dran schon, vorallem bei jenen Schülern, die mit Interesse dabei sind.
Gleichzeitig gibt es aber auch Schüler wo man sich denkt: "Du benimmst dich permanent in meinem Unterricht schlecht. Ich habe keine Lust mehr darauf, dir was beizubringen."
davon gibt es einige, z.B.
- die Lerngeschwindigkeit von Schülern ist sehr verschieden
- intrinsische Motivation ist nur bei wenigen vorhanden
- aus Sicht der Schüler dient die Schule dazu, nette Leute kennenzulernen und zu quatschen - nur der Lehrer stört
Mir kommt vor, im Lehramtsstudium wird oft so eine extrem überideologisierte Darstellung der Schule vermittelt, so als wären die Schüler eh alle wissbegierig und würden sich darauf freuen, was zu lernen und eh alles brav mitmachen, was man ihnen aufträgt.
Ich hätte da - wenn ich nicht eh 13 Jahre Erfahrung als Schüler gehabt hätte, wie es wirklich in der Schule ist - wohl ein komplett falsches Bild von der Schule gehabt.
Dass die Schüler in der Unterstufe ständig in der Pause raufen, und in der Oberstufe die Jungen eher an der Gunst der Mitschülerinnen als an dem, was der Lehrer da draußen so erzählt, interessiert sind, wird im Studium nie erwähnt beispielsweise.
Mir tun dazu noch die Referendare leid, die sich zusätzlich mit teils unrealistischen Erwartungen der Mentoren u. Prüfungskommission konfrontiert sehen. Man kann manchmal den Eindruck gewinnen, dass Referendare klein gehalten werden sollen.
Und hat man als Lehrer den Drang es besser zu machen als die Lehrer die einem schlecht in Erinnerung geblieben sind über die Schulzeit?