Instanz, Definiton

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"Instanz" heisst so was wie Verkörperung oder Ausprägung; und zwar eine von mehreren Verkörperungen oder Ausprägungen eines abstrakten Prinzips - es macht nur Sinn von einer Instanz zu sprechen, wenn es mehrere gibt oder zumindest geben kann ...

z.B. "Gericht": es ist klar, was ein Gericht grundsätzlich ist, aber es gibt kein "allgemeines Gericht", sondern eben Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgericht, EU-Gericht, Patentgericht, Standesgericht, Standgericht, ... Es gibt also schon etwas, was all diese Gerichte gemeinsam haben, aber es gibt kein bestimmtes Gericht, das genau diese Gemeinsamkeiten verkörpert und keine Besonderheiten aufweist.

In der Psychologie würd ich Instanz sehr allgemein verstehen - ein Dingsbums so ähnlich wie die anderen Dingsbums, aber in diesem Fall mit einer bestimmten angegebenen Besonderheit.

"Kritische Instanz" = eine allgemeine geistige Funktionseinheit die auf Kritik spezialisiert ist, d.h. auf das Bewerten, Vergleichen und Ausfiltern von Ideen.

"Letzte Instanz" (oder "höchste Instanz") würd ich als begriffliche Übernahme aus dem Bereich des Rechtes verstehen, wo es ja den sogenannten Instanzenweg gibt, d.h. eine bestimmte Abfolge von mehreren Instanzen, die man nacheinander anrufen kann und von denen eine die letzte ist. Im allgemeinen müssen Instanzen nicht angeordnet sein und es braucht keine letzte zu geben, das ist nur im Rechtswesen so.

Der Begriff "kritische Instanz" ist eine etwas veränderte Bezeichnung des Freud'schen Begriffs der "Instanz der Zensur", eines frühen Begriffes. Grundsätzlich führte Freud den Begriff Instanz in der Traumdeutung (1899/1900) ein und verstand ihn zunächst Synonym zu "System", seltener benutze er "Organisation", "Bildung" oder "Provinz", die er jedoch ebenfalls synonym verwendete.

Der Begriff System definiert ein topisches Schema des Psychischen. Freud entwickelte ja zur Erklärung seiner Beobachtngen an Patienten meta-psychologische Konstrukte, um das nicht direkt Beobachtbare und nicht auf Weisen der herkömmlichen Wissenschaftstheorie Beschreibbaren (daran war Freud 1885 endgültig gescheitert) in eine in der Theoriebildung und auch Praxis brauchbare Bilder- und Metaphernsprache zu übersetzen bzw. auch zu abstrahieren. Ein Modell beschreibt die Seele / Psyche als "Psychischen Apparat" (ein mechanistisches Bild), dass er zunächst in unbewusste, vorbewusste und bewusste Anteile untergliedert (die sog. Topik). Beobachtungen zwingen ihn dann auch, Phänomene wie die Verdrängung (also eine Dynamik im Psychischen Apparat) zu erklären. Hierzu führt er eben Systeme / Instanzen ein, die dies (diese Dynamik) möglich machen. Im Zuge der Erkenntnisse über Dynamiken erweitert er über ökonomische Fragen der Energieverteilung im Psychischen Apparat schließlich sein Modell zu einer Strukturtheorie des Psychischen Apparates aus, in der Instanzen besondere Funktionen und Aufgaben zugeordnet werden. Die Hauptinstanzen nennt Freud Es, Ich und Über-Ich, deren Ausgestaltung er in seiner letzten großen theoretische metapsychologischen Schrift "Das Ich und das Es" abschließt.

Im Über-Ich findet sich u.a. die "kritische Zensur" wieder, insbes. in Form von "Elterninstanzen", die durch Internalisierungsprozesse in Rahmen der Entwicklung eines Kindes entstehen. Bezogeh auf das topische Modell, sind der größte Teil des Über-Ich dem Unbewussten zuzurechnen.

Letztlich muss dabei berücksichtigt werden, dass es sich hier eben um META-psychologische Konstrukte handelt. Also um Metaphern und Bilder im Rahmen der Psychoanalyse / Tiefenpsychologie, nicht um Modelle und Theorien im Sinne der wissenschaftlichen / akademischen Psychologie oder der Kognitions- und Neurowissenschaften! Insofern lässt sich auch eine "kritische Instanz" nicht eifach als Denken beschreuben. Eine brauchbare Definition ist daher so einfach auch nicht möglich, da es eben ein intensives Studium psychoanalytischen Denkens und der tiefenpsychologischen Theorien und (metapsychologischen) Begriffsbildungen erfordert, das sich alles nicht so einfach reduzieren und herauslösen lässt (daher ist die Lektüre z.B. von "Das Ich und das Es" ohne vertiefte Vorkenntnisse kaum möglich).

Aber vielleicht wird so (a) die Komplexität eines solchen Begriffes erahnbar und (b) eine gewisse theoretische Verortung möglich.