HEP 2. Praxisübung mein Lernzuwachs?

1 Antwort

Das ganz sicher!

Musst du nicht auch den Klienten beobachten, einstufen etc.? Das könntest du daran auch lernen. Also sehen, ob er motorische Defizite hat und überlegen, wie du die demnächst berücksichtigst.

Möglicherweise auch den Klienten motivieren, diese Tätigkeiten alleine auszuüben und den Sinn dahinter (in seinem eigenen Leben, also alleine mit diesen Tätigkeiten zurechtzukommen) zu verstehen. Das könnte man durch Lob und ein Gespräch über den Einbezug des Gelernten in seine Freizeit erreichen. Also fragen, ob er das Gelernte zu Hause anwendet und wenn ja, wie, ob er oder seine Eltern stolz darauf sind, dass er das jetzt alleine kann usw.

Und überlege dir genau, was er im Einzelnen tun muss, also welche Handgriffe und welches Vorwissen wichtig ist und liste das auch als etwas auf, das du ihm vermittelst. Also bspw. bei Wäschepflege muss man auch Buchstaben und Zahlen auf der Waschmaschine lesen und kann so dem Klienten nebenbei dieses Wissen etwas festigen, falls er sonst im Alltag wenig oder gar nicht liest/ lesen muss.

Dem Klienten die Aufgaben nicht abzunehmen wäre schon etwas weit gegriffen. Das wird vorausgesetzt.

Deine Aufgabe ist mMn ja eher, das Umfeld so zu gestalten, dass der Klient seine Aufgabe bewältigen kann, ihn entsprechend vorbereitet zu haben und dann zu beobachten, was er tut und zu überlegen, was du daraus für Schlüsse ziehst bezogen auf seine motorischen und geistigen Fähigkeiten (hat er es verstanden und kann er es umsetzen), seinen Lernfortschritt (wie ging es letztes Mal, woran muss noch gearbeitet werden), ggf. seinen Einsatz in bestimmten Bereichen einer Arbeit (kann er z.B. im Bereich Wäschepflege arbeiten, über- oder unterfordert ihn das), seiner Organisation (braucht er Anleitung oder weiß er alleine, wie, in welcher Reihenfolge vorzugehen ist, räumt er alleine die Schmutzwäsche wieder aus dem Zimmer usw.) und Ähnlichem.

Überlege auch, was du durch die Vorbereitung eventuell gelernt hast, also mit welchen Vorüberlegungen du an diese Aufgabe gehst, was du bedacht hast, was du über den Klienten weißt und einbeziehst oder durch die Beobachtung lernst. Also was du aus deiner theoretischen Vorbereitung gelernt hast.

Persönliche Notiz: Motivation finde ich ganz wichtig! Mein Bruder war in einer betreuten Werkstatt für Menschen mit Behinderung und ihm wurde vermittelt, dass er stupide, immer gleiche Aufgaben halt zu erledigen hat. Was fehlte, war die Motivation dazu, eventuell die Vermittlung von Stolz, etwas zu schaffen, irgendeine Art Anreiz, jeden Morgen zur Arbeit zu kommen. So etwas könntest du auch in die Überlegungen einfließen lassen. Wie sieht der Klient die Arbeit, wie kann man sie für ihn bedeutsam und interessant vermitteln/ gestalten?

Selkiade 
Fragesteller
 04.01.2021, 16:06

Danke für die ausführliche Antwort. Einige Gedanken brauche ich gar nicht weiter beachten, weil sie nicht relevant sind.

Natürlich muss ich den Klienten beobachten. Dies ist aber nicht die Hauptaufgabe bei dieser Praxisübung - muss also nicht mit in den Bericht, denn was soll ich denn beobachten, wenn er hauswirtschaftliche Tätigkeiten macht? Er macht alles selbstständig, kann sogar die Waschmaschine bedienen, braucht nur pausenlose Motivation, dies auch zu tun.

Die Beobachtung wäre also: Der Klient braucht pausenlose Motivation, da er keine Lust auf hauswirtschaftliche Tätigkeiten hat, diese aber gemacht werden müssen.

Aber einstufen - was auch immer du damit meinst - muss ich ihn nicht. Die IHP-Ziele (Individueller Hilfeplan) sind ja schon bekannt und mit denen muss ich arbeiten.

Den Klienten muss ich alle paar Minuten motivieren, damit er weiter arbeitet. Alleine arbeiten funktioniert nicht - dann setzt der sich hin und spielt mit seinem Tablet oder lässt sich von seiner Partnerin ablenken. Ich als Mitarbeiter muss dabei bleiben und ihn immer wieder an seine Aufgabe erinnern. (Wie oben auch schon geschrieben.)

Er soll halt verstehen, dass Zimmerhygiene wichtig ist - aber das steht auch in seinen Zielen drin.

Da wäre dann mein Lernzuwachs nur: Sicherstellen, dass die Ziele des IHP verfolgt werden.

Im Elternhaus (was du wohl mit zu Hause meinst - wir versuchen den Klienten zu vermitteln, das "zu Hause" die WG ist) wendet er das Gelernte nicht an, da die Eltern in dem Punkt gegen die Mitarbeiter arbeiten und ihren Kindern ALLES abnehmen. Also sie räumen ihnen alles hinterher, waschen ihre Wäsche, decken ihnen den Tisch ect.pp. und zwar nicht nur bei diesem Klienten, sondern das ist auch bei seinen 9 Mitbewohnern in der WG so. (Kommentare dazu könnt ihr euch schenken, das wird seid 7 Jahren diskutiert und versucht zu erklären - es stößt auf taube Ohren seitens der Eltern!)

Vorwissen ist alles vorhanden - theoretisch könnte er das komplett ohne fremde Hilfe erledigen - was fehlt ist die Motivation dies dann auch zuverlässig zu tun.

Der Klient sieht die Aufgabe als lästig an - dementsprechend ist er auch manchmal drauf. Weigert sich, wenn ich was sage, ich muss erst einen Kollegen dazu holen; wenn ich ihn frage, ob er die Wäsche aus der Waschmaschiene in den Trockner und Ladung 2 in die Waschmaschiene gepackt hat, sagt er ja mache ich gleich - 3 Stunden später ist dies immer noch nicht getan, wenn ich da nicht hinterher bin.

Genau deswegen weiß ich ja nicht, was mein Lernzuwachs sein sollte...

Das wäre halt nur: Lernen, den Klienten motivieren & daran arbeiten, dass der Klient auch auf mich und nicht nur auf meine Kollegen hört.

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Tasha  04.01.2021, 21:07
@Selkiade

OT Hast du mal probiert, ihn mit der Stoppuhr oder einer To-Do-Liste zu motivieren? Also: Wie schnell bist du bei dieser Aufgaben? Wie viele Aufgaben schaffst du in einer halben Stunde? Routine: Mit was möchtest du dich belohnen, wenn du fertig bist?

Bei meinem Bruder, der das Downsyndrom hatte, habe ich beobachtet, dass er von extrem unordentlich (Zimmer sah aus wie Messieraum) zu extrem penibel gekommen ist, nachdem das Aufräumen für ihn Routine geworden war. Am Ende durfte sich keiner auf sein Bett setzen, weil das Falten auf der Decke gab. Am Anfang lag einfach alles aus den Schränken auf einem Haufen auf jeder freien Fläche.

Den Weg dahin schafften wir mit täglichen, begleiteten Aufgaben, also immer zur gleichen Zeit wurde gemeinsam das gleiche in gleicher Form aufgeräumt und organisiert (bspw. kleine Schälchen in einem Kasten für Medikamente für die Woche). Nach einiger Zeit war es ihm super wichtig, dass abends der Kasten mit den Schälchen voll war und die Medikamente für morgens in einem Schälchen lagen.

Bei ihm ging das tatsächlich mit strengen Vorgaben - "da ist eine Falte auf der Decke, ziehe die mal gerade!" - bei anderen würde es vermutlich eher mit Lob, Eigenmotivation (was ist dem Klienten wichtig, wie bindet man das ein, z.B. im Zuge des Aufräumens stellt er seine Lieblingsfiguren dekorativ auf etc.) und Eigenverantwortung (was möchtest du jetzt machen, wie macht man das noch mal genau) funktionieren.

Mit Beobachtung meinte ich, dass man z.B, sehen kann, ob Grob- oder Feinmotorik Probleme bereiten oder das Befolgen eines Ablaufes oder die Eigenorganisation (was mache ich wann in welcher Reihenfolge) und entsprechende Fördermaßnahmen anbieten könnte. Oder dass man beobachtet, ob es Hilfen für die Aufgaben gibt, z.B. Musik, zu der das Bett bezogen wird oder Ähnliches. Wir haben früher immer als Motivation verbal den "Arenaorden" von Pokemon verteilt. Da wurde sich dann richtig angestrengt, um wieder den Arenaorden zu bekommen, selbst wenn das nur Jubel und das Wort Arenaorden war.

Also Defizite, mögliche Motivation, mögliche Verbesserungen des Ablaufs unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie Tageszeit, Reihenfolge, äußere Motivatoren usw. erkennen bzw. aus den Beobachtungen ableiten.

Bei Menschen in der Werkstatt beobachtete ich oft hängende Schultern nach der Arbeit. Daraus hat dann die Elternvertretung bspw. abgeleitet, dass die Mitarbeiter sich vor der Pause immer mal strecken sollten, um das auszugleichen und Muskelverspannungen oder Fehlhaltunge zu kompensieren.

Mir sind tatsächlich im Bereich Menschen mit geistiger Behinderung (100%ig) nur Menschen begegnet, für die feste Routinen und teilweise starre Abläufe extrem wichtig waren, man durfte nicht davon abweichen, teilweise auch nicht verbal. Das kann man natürlich schön nutzen, um Wichtiges in den Alltag zu integrieren.

Hat man z.B. bei jemandem, dem Essen wichtig ist, die Routine etabliert "erst aufräumen, dann Abendessen zubereiten, dann essen", wird nach einiger Zeit automatisch aufgeräumt, weil man essen möchte.

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Selkiade 
Fragesteller
 06.01.2021, 08:15
@Tasha

Ne, das habe ich tatsächlich noch nicht ausprobiert. Allerdings motiviere ich ihn häufig dazu, dass, wenn er schnell seine Aufgaben erledigt, er danach auch ganz schnell wieder mit seiner Partnerin im Wohnzimmer sitzen kann. (Ich schicke seine Partnerin immer raus, auch wenn andere Kollegen sie im Zimmer dulden, weil sie ihn einfach zu sehr ablenkt.)

Aber das werde ich mal ausprobieren. Danke für den Tipp.

Achso, jetzt habe ich das mit der Beobachtung verstanden. Also bei meinem Klienten ist es z.B. so, dass die Feinmotorik Probleme bereitet, weil er aufgrund starker Sehbeeinträchtigung nicht richtig sehen kann. Aber ansonsten werde ich das mal ausprobieren. Auch vielleicht mal bei seiner Partnerin, die richtig stur sein kann und ihren Freund für sich arbeiten lässt, wenn sie keinen Bock hat, auf mich zu hören...

Aber zum letzten: Das funktioniert bei meinen Klienten nicht. Wir versuchen das immer schon damit, dass erst Essen vorbereitet wird, wenn die Spülmaschine ausgeräumt wurde. Alleine das kann sich 30 Minuten hinziehen. Also wenn ich um 17:30h sage, so kann einer die Spülmaschine ausräumen, ist das mit viel Glück vielleicht erledigt wenn ich um 18 Uhr Abendbrot vorbereiten will. Aber meistens stehe ich dann doch wieder im Wohnzimmer und sage, solange die Maschine nicht ausgeräumt ist, gibts kein Abendbrot... Und das geht jeden Tag aufs Neue so...

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