Georg Büchner und die Kirche?

3 Antworten

Die Stelle lautet:

MARIE [blättert in der Bibel]: "Und ist kein Betrug in seinem Munde erfunden": …
Herrgott, Herrgott! Sieh mich nicht an! -
[Blättert weiter:] "Aber die Pharisäer brachten ein Weib zu ihm, im Ehebruch begriffen, und stelleten sie ins Mittel dar … Jesus aber sprach: So verdamme ich dich auch nicht. Geh hin und sündige hinfort nicht mehr!" -
[Schlägt die Hände zusammen:] Hergott! Hergott! Ich kann nicht! - Herrgott, gib mir nur so viel, daß ich beten kann. -
...


Marie hat Woyzeck betrogen und hat deswegen ein schlechtes Gewissen. Sie sucht daher Trost in der Bibel.


(Text nach der Version auf dem Gutenberg-Projekt:
http://www.gutenberg.org/cache/epub/5322/pg5322.html)

ytittyfreaki 
Fragesteller
 14.12.2013, 00:43

Danke, aber das habe ich auch verstanden. Nur ist meine Frage was Büchners Intention dahinter steckt? Wieso hat er Marie Bibelstellen vorlesen lassen? Was hielt er persönlich von der Kirche?

0
Sturmwolke  14.12.2013, 01:24
@ytittyfreaki

Was hielt er persönlich von der Kirche?

Das weiß ich nicht. Aber er wohnte in Straßburg bei einem Pfarrer und verlobte sich heimlich mit seiner Tochter.

Wieso hat er Marie Bibelstellen vorlesen lassen?

Da verstehe ich Dein Problem jetzt nicht so ganz. In der damaligen Zeit waren die Menschen allgemein noch viel gläubiger als heute und ein Ehebruch gesellschaftlich eine Katastrophe.

Daß Marie da Trost und Hilfe in der Bibel sucht, scheint mir durchaus verständlich.

Da von Jesus im ersten Text aus 1. Petrus 2:22 gesagt, wird, daß kein Betrug in seinem Munde gefunden wurde, er also nie gelogen hat, hofft sie natürlich, daß seine Worte in dem zweiten zitierten Text, auch auf sie zutreffen.
Sie hofft also, daß Jesus auch sie nicht verdammen wird.

(Daß der zweite Text nicht in allen alten Manuskripten enthalten ist und daher evtl. später eingefügt wurde, spielt in diesem Zusammenhang erst mal keine Rolle)

3
helmutwk  15.12.2013, 22:02
@Sturmwolke

Vom Zusammenhang des Stückes ist es eher so, dass sie Trost sucht, aber keine bekommt. Als Lügnerin und "Ehebrecherin" ist weder die Erwähnung eines, der nie gelogen hat, noch die Ermahnung, nicht mehr zu sündigen, hilfreich, sie kann nicht ihrem Verlobten Woyzek treu sein.

Büchner war revolutionär und sozialkritisch, die Szene scheint mir auch zu zeigen, dass er von Kirche und Bibel nicht viel hielt.

0

Er lebte viel zu kurz, um zu einem Urteil zu kommen. Er hat zwar die Kirche verspottet, z. B. im Woyzeck, aber so richtig gebrochen hat er mit ihr nicht. Als gläubigen Christen kann man ihn nicht bezeichnen. Er hat ganz im Gegenteil zum Umsturz aufgerufen uns so was tun gute Kirchenmitglieder nicht.

Aus neugier an einem Samstag? ??

ytittyfreaki 
Fragesteller
 14.12.2013, 00:43

Ja, wie furchtbar oder?

Übrigens: Sehr hilfreiche Antwort.

0