Geerbtes Auto mit schwieriger Vergangenheit?
Guten Abend,
ich habe von einem hochbetagten Verwandten ein Auto "geerbt". Er hatte festgehalten, dass er das Auto nach seinem Tod oder bei Fahruntüchtigkeit bei mir wissen möchte und das auch verschriftlicht - ich habe ein Youngtimer-Hobby und selbst neben meinem Alltagsauto tatsächlich einen ca. 40 Jahre alten "Oldie", der nur im Sommer läuft.
Es ist ein ca. 30 Jahre alter Opel in gutem Zustand. Bin mit dem Auto aufgewachsen, es ist super erhalten, sogar die Neuwagenrechnung ist da, das Scheckheft ist gestempelt, es ist rostfrei, dellenfrei, ein super schöner Astra-F, ein Sondermodell, Baujahr 1997, mit einigen Extras. Eigentlich genau mein Ding, ich stehe auf Brot- und Butter-Autos, habe noch einen Audi 80, ich bin technikaffin und Selbstschrauber, der Astra ist echt "top", der hat keine 80.000 Kilometer auf der Uhr.
Ich habe aber an den Mann, der es neu kaufte und bis zuletzt fuhr aus meiner Kindheit nicht die besten Erinnerungen und weiß nicht, ob ich mir mit dem Auto eine emotionale Bürde aufhalse. Ich hatte eine schwierige Kindheit, in der dieser Mensch eine gewisse Rolle gespielt hat und wo viele Fragen, was er genau zu dem wusste, was mit mir gemacht wurde und was wirklich vorgefallen war leider nie geklärt geschweige denn aufgearbeitet werden konnten. Er war kein schlechter Mensch, aber er war jemand, der bezüglich meiner Vergangenheit nicht direkt rehabilitiert werden kann. Ich weiß nur, dass auch eher vieles wusste und geschwiegen bzw. zugesehen hat, anstatt einiges Schlimmes zu verhindern. Ich möchte nicht unbedingt schreiben, was es war, weil ich es nur teilweise verarbeitet habe.
Andererseits will ich das Auto nicht in lieblose Hände geben - und es ist ein Modell, das selbst im guten Zustand nicht viel wert ist - wir reden von einem alten Opel Astra mit kleinem Benziner, bei dem man wohl noch froh sein muss, wenn für ca. 1000 Euro überhaupt jemand Interesse zeigen würde. Das Auto wird nie ein "kultiger" Oldtimer sein (muss es auch nicht, es gefällt mir auch so).
Ich weiß nicht, was ich damit machen soll, vielleicht habt ihr Ideen.
Ich will den Opel auf keinen Fall jeden Tag sehen, aber richtig "loslassen" kann ich ein Auto, das mir bewusst vererbt wurde, auch nicht. Momentan steht er bei einem Freund in einer Garage, die ich vorläufig kostenlos nutzen kann, bis die Sache geklärt ist.
Danke & Grüße!
2 Antworten
Es ist nicht nur ein Auto. Es ist das was du damit verbindest. Und das solltest du entscheiden lassen: die Emotionen zu diesem Auto bzw Mensch.
Als kleiner Denkanstoß: meine Schwester erbte unser Elternhaus. Ein Haus voll leidvoller Schicksalsschläge und schweren Erinnerungen. Sie hat 8 Jahre alleine darin gelebt.
Dann kam ein Mann ins Spiel und eben die Planung, wie man das Haus neu und lebendig gestalten könnte.
Umbau, Kernsanierung, ein Stockwerk abtragen etc etc
Sie hat mich und unseren Bruder immer in ihre Gedanken mit einbezogen auch wenn es definitiv ihr Haus war. Es war dennoch unser Elternhaus.
Irgendwann hab ich und unser bruder völlig unabhängig voneinander gesagt: reiß die hütte ab und bau neu. Egal wie und was du machst, es ist und bleibt das Haus mit so vielen schweren Erinnerungen die wir alle hatten.
(Die Kosten für neu- und kompletten Umbau hoben sich ziemlich auf)
Es kam dann auch so. Die Bagger rollten an. Als das Treppenhaus abgerissen wurde (an das wir alle drei einschneidende Erinnerungen hatten) standen wir drei da und haben geweint. Weil da dann endlich ein großes Kapitel unseres Lebens einen Abschluss gefunden hat.
Es hat uns auch allen dreien irgendwie und auf eine nicht zu beschreibende Art gut getan, das das Haus mit all seinen Erinnerungen nicht mehr stand und nun eben ein neues in dem auch neue Erinnerungen wachsen dürfen
Verkauf das Auto. An jemanden der keine emotionale Verbindung daran hat aber einen jungen Oldtimer zu schätzen weiß. Ich bin mir sicher, du findest da jemand
Wenn ich den Opel sehe, sehe ich diesen Mann und mich als ca. Acht- bis Zwölfjährigen, ernst, eingeschüchtert, weinend, ängstlich und auf der Suche nach Halt und Hilfe, die ich nicht bekommen habe, im Gegenteil ... und viele traurige Momente, die ich keinem Kind und überhaupt keinem Menschen wünsche.
Das dachte ich mir. Es mag zwar ein Liebhaberauto sein aber für dich eine emotionale Belastung und eine wunde, die beim Anblick immer aufreißt. Da sind Wunden, die sich nie wirklich geschlossen haben und das Auto streut bei jedem Anblick ein Päckchen Salz auf ebendiese Wunden
ich müsste aber damit rechnen, dass Leute aus der Familie mir das übel nehmen würden.
Meine Schwester hätten die Menschen am Ort und auch die verbliebene Verwandtschaft meiner Eltern am liebsten geteert, gefedert und mit einem Eimer steinen durch den Ort getrieben... Nicht nur sie sondern auch wir mussten uns echt einiges anhören wie man denn das Haus das euer Vater mit eigenen Händen aufgebaut hat abreißen kann...
Verkauf es. Es geht nicht um den Profit (auch das wirst du die vorhalten lassen müssen) sondern um deine psychische Gesundheit die mit dem Auto leider.
hör auf deine Emotionen aus der Vergangenheit. Du schuldest weder ihm noch sonst jemandem etwas
Vielen Dank, das macht Mut!
Das Auto wäre genau meins, ich finde den Astra-F schon immer total klasse und es ist vom Zustand und der Ausstattung und dem Motor her genau der, den ich selber gewählt hätte, wobei ich eher eine andere Farbe genommen hätte. Zu dem Auto gibt es jede Rechnung seit der Bestellung und das Scheckheft, es ist ein ganzer Ordner da.
Ich habe im Herzen immer noch die Hoffnung, dass ich die Sache doch noch soweit für mich überwinde und Spaß an einem super tollen Opel habe, der genau mein Geschmack ist.
Ich finde, du schuldest dieser Person nicht, dass du das Auto hegst und pflegst, wenn es dir damit nicht gut geht. Und betrachte es doch auch mal so - wenn bei jeder Fahrt dieses Autos die Erinnerungen irgendwie wieder hochkommen oder auch nur dieses üble Gefühl im Magenbereich, wie oft wirst du dieses Auto dann wirklich fahren? Und was bedeutet es für das Auto, wenn es kaum noch gefahren wird? Wird es dadurch besser? Eben.
Von daher, mach mit diesem Auto genau das, was sich für dich richtig anfühlt. Vielleicht findest du ja andere Enthusiasten für solche Youngtimer? Jemanden, der sich über dieses Fahrzeug in diesem Zustand ebenso freut wie du, nur eben ohne deinen emotionalen Ballast dabei? Wäre das nicht vielleicht auch eine schöne Lösung?
Es sind schon jetzt solche Gefühle da. Wenn ich den Opel sehe, sehe ich diesen Mann und mich als ca. Acht- bis Zwölfjährigen, ernst, eingeschüchtert, weinend, ängstlich und auf der Suche nach Halt ... und viele traurige Momente, die ich keinem Kind und überhaupt keinem Menschen wünsche.
Ich habe mit meiner Vergangenheit in großen Teilen ausgesöhnt, nicht komplett, aber der Opel sticht in einen wunden Punkt rein.
Ein Verkauf zu einem ehrlichen Liebhaber, der ihn pflegt und Spaß dran hat, wäre auf Zeit gesehen eine Lösung, ich müsste aber damit rechnen, dass Leute aus der Familie mir das übel nehmen würden.
Im Grunde war es von meinem Verwandten ein Ding der Unmöglichkeit, mir so was aufzubürden. Er wusste doch am meisten, dass er weggeschaut hat und Dinge geleugnet und er wusste auch, dass ich einer bin, der nicht einfach emotionslos eine Sache weggibt, die er erbt.
Wenn ich den Opel sehe, sehe ich diesen Mann und mich als ca. Acht- bis Zwölfjährigen, ernst, eingeschüchtert, weinend, ängstlich und auf der Suche nach Halt und Hilfe, die ich nicht bekommen habe, im Gegenteil ... und viele traurige Momente, die ich keinem Kind und überhaupt keinem Menschen wünsche.
Ich habe mit meiner Vergangenheit in großen Teilen ausgesöhnt, nicht komplett, aber der Opel sticht genau in einen wunden Punkt rein, den ich noch nicht verarbeitet habe. In gewisser Weise spielt Missbrauch eine Rolle.
Ein Verkauf zu einem ehrlichen Liebhaber, der ihn pflegt und Spaß dran hat, wäre auf Zeit gesehen eine Lösung, ich müsste aber damit rechnen, dass Leute aus der Familie mir das übel nehmen würden.
Wenn ich drüber nachdenke: im Grunde war es von meinem Verwandten ein Ding der Unmöglichkeit, mir so was aufzubürden. Er wusste doch am meisten, dass er weggeschaut hat und Dinge geleugnet und er wusste auch, dass ich einer bin, der nicht einfach emotionslos eine Sache weggibt, die er erbt.