Fristlose Kündigung, fehlerhafte Abmahnung?
Guten Tag liebe Community, ich wurde vor 3 Tagen fristlos gekündigt, habe mich arbeitslos gemeldet und bereits einen Anwalt beauftragt. Ich will trotzdem eure Meinung hören.
Ich arbeitete fast ein Jahr lang in der Arztpraxis. Von Anfang an wurde ein hoher Druck auf mich ausgeübt- ich war die einzige MFA im Betrieb- die langjährige Mitarbeiterin berentnert. Chef war oft arrogant und ich hatte immer Bauchschmerzen wenn ich mit ihm arbeiten musste. Er war oft wegen priv. Angelegenheiten verärgert und hat seine Frust an Team/mir abgelassen. Ich wollte bereits 3 Monate nach dem Beginn kündigen und habe es dem Chef offen + meine Pläne für die Zukunft erzählt. Ich habe mich später trotzdem entschlossen zu bleiben, die Arbeitszeiten habe ich reduziert auf 32 Stunden. Ich habe mir die Chefs Laune gefallen lassen bis auf letzten Sonntag. Chef hat mich erneut an einem Ruhetag angeschrieben. Chef schrieb mich immer dann an, wenn er schlecht gelaunt war und mir nichts nettes zu sagen hatte. Am letzten Sonntag "schrieb er Pläne" und wollte meine sofortige Antwort erhalten zum Thema wie ich nächste Woche arbeite (ich habe ihm bereits gesagt dass bei mir nächste Woche Prüfung gibt und ich erst später kommen kõnnte, was ich abarbeiten konnte) Zudem meinte er, ich sei undankbar weil er mir immer frei gibt und dass meine Bitte um Infos bez. Betriebsurlaub ( ich fragte ihn ob er sich danach erkundigen könnte...) absolut unpassend sind...
Ich war bereits sehr gestresst an dem Tag, vor den ganzen Situation mit dem Chef und seinen Chats "über Arbeit" und noch zusätzlichen Themen über meine Undankbarkeit... ich habe angefangen stark zu weinen vor ganzer Familie und war schockiert, dass er es wagt, mich am Sonntag in diesem Ton anzusprechen. Ich habe mich in der Toilette verschlossen und hatte dunkle Gedanken.
Ich konnte es einfach nicht mehr, ich habe ihm geschrieben es sei einfach nicht zulãssig, dass er mit mir so redet... ich habe ihm geschrieben, dass ich mich aufgrund meiner Psyche krankschreiben werde und am Montag nicht kommen. Natürlich kurz danach kam die fristlose Kündigung(schweres Verh.Fehler) mit Zitaten aus Whatsapp. Ich bekenne mich dazu, einen Fehler gemacht zu haben, bin aber erschöpft und verzweifelt gewesen. Ich rechne schon mit Konsequenzen...
Kündigung war mit zwei beigefügten Abmahnungen. Alle mit Datum v. 21.07 und 22.07...Eine Abmahnung betraf etwas, wovon ich keine Ahnung hatte und zweite betraf den 1.7.25 - Chef behauptet es war ein Montag... und dass ich ohne Bescheid zu geben gefehlt habe bzw. es liegt keine Krankmeldung an dem Tag vor und dass ich 4 Tage insgesamt gefehlt habe. ( ich war am Mittwoch und Donnerstag insgesamt nicht arbeiten. am Dienstag fehlte ich 1,5 Stunde - Chef hat nie eine Zeitbescheinigung von mir verlangt...)
1.7.25 war ein Dienstag. Ich war am Montag durchaus arbeiten.
Am Dienstag um 6 Uhr morgens habe ich meinem Chef geschrieben, ich muss wirklich zum Arzt gehen. ich habe dafür die Screenshots. Chef hat mir sogar gute Besserung geantwortet. Die Abmahnung stimmt also meiner Meinung nicht. Ist die Kündigung unwirksam? Oder soll ich es einfach vergessen und lassen? Ich will eure Meinung hõren.
Danke euch!
11 Antworten
Die fristloes Kuendigung koennte unwirksam sein. Das aber nur, wenn das zustaendige Arbeitsgericht auch so entscheidet. Das kann es aber nur, wenn du fristgemaess (innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kuendigung) auch Klage erhebst. Unterlaesst du das oder machst du es erst nach Fristablauf, bleibt die Kuendigung genau so wirksam, wie sie ausgesprochen wurde.
Wenn die Arztpraxis nicht mehr als 10 Vollzeitmitarbeiter beschaeftigt (Teilzeitler zaehlen anteilig), hast du allerdings keinen gesetzlichen Kuendigungsschutz und dein Arbeitgeber kann dir jederzeit fristgemaess kuendigen, ohne das gegenueber irgendjemanden begruenden zu muessen.
Wenn du keine entsprechende Rechtschutzversicherung hast und dir der Anwalt nicht von der Gewerkschaft gestellt wurde (deren Mitglied du dann natuerlich auch sein musst), bezahlst du den uebrigens auch dann selbst, wenn du eine eventuelle Kuendigungsschutzklage gewinnst.
Der Anwalt kann dich da viel besser beraten. An deiner Stelle würde ich dir raten, dich woanders zu bewerben und nicht zu versuchen, den alten Arbeitsplatz wieder einzuklagen. Lieber soll der Anwalt versuchen, Geld vom ehemaligen Arbeitgeber zu erkämpfen.
Was die Kündigung angeht: Eine fristlose Kündigung kann nur bei schweren Vergehen ausgesprochen werden, also z.B. wenn du jemanden absichtlich verletzt, etwas stiehlst, Firmengeheimnisse verrätst oder so. Deinem Chef sonntags zu schreiben, dass es dir so schlecht geht, dass du montags zum Arzt gehst, ist jedenfalls kein Grund für eine fristlose Kündigung.
Das mit den Abmahnungen funktioniert auch nicht so, wie es sich dein Chef vorstellt. Es gibt zwar die Regel, dass man bei kleineren Verstößen erst zwei Abmahnungen aussprechen muss, bevor eine Kündigung droht, aber damit ist logischerweise nicht gemeint, dass zwei Abmahnungen zusammen mit einer Kündigung verschickt werden, sondern dass der Chef mit der betreffenden Mitarbeiterin über das Problem redet, wenn sie sich danach nicht bessert, eine Abmahnung verschickt, wenn sie sich immer noch nicht bessert, noch eine Abmahnung verschickt und erst, wenn sie dann immer noch nicht bessert, eine Kündigung aussprechen kann. Wichtig ist auch, dass die Abmahnungen wegen gleicher Verstöße erfolgen.
Ich hoffe mal, dein Anwalt kann für dich eine gute Abfindung aushandeln.
Es gibt zwar die Regel, dass man bei kleineren Verstößen erst zwei Abmahnungen aussprechen muss
Eine solche Regel - manche behaupten auch 3 Abmahnungen - gibt es nicht.
Kurz gesagt, "das Tuch ist zerschnitten":
Das Problem besteht in dem beiderseits gelebten Arbeitsverhältnis, das ist dringend für die Zukunft zu ändern.
- Der Abmahnung widersprechen und die Entfernung verlangen. Ist aber irrelevant, da die Funktion der Abmahnung bereits durch die Übermittlung mit der Kündigung zusammen nicht erfüllt war, da die Warn- und Korrekturfunktion nicht greifen konnte und die Kündigung folglich deshalb bereits unwirksam wurde. Auch die Abmahnung ohne direkten zeitlichen Zusammenhang ist nicht statthaft.
- Angekündigte Erkrankungen sind tunlichst zu vermeiden. Empfehlenswert sind Folgebescheinigungen, die ggf. die Erkrankung durch den Terror belegen. Hier könnte u.a. auch weitere Schadensersatzforderungen bestehen.
- Zukünftig auf die rechtlichen Vorgaben achten, Arbeitspläne müssen mindestens vier Tage im Vorhinein angekündigt werden, der Tag der Mitteilung zählt dabei nicht.
- Keine Kommunikation außerhalb der Arbeitszeit. Diese ist nicht geschuldet.
- Arzttermine außer plötzliche Erkrankungen/Krankschreibungen möglichst außerhalb der Arbeitszeit legen.
- Keine Beleidigungen o.ä. auch nicht vom Chef gefallen lassen. Auch hier kann eine Abmahnung, nun gegen ihn ausgesprochen werden.
Arbeitsrechtlich wird er einen schweren Stand haben, die Kündigung aufrechtzuerhalten. Das wird jedoch höchstens für einen kurzen Zeitraum die Lage überbrücken. Es werden nicht mehr Angestellte rechnerisch vorhanden sein, um über einen Kleinstbetrieb rechtlich hinauszukommen oder gar in den Kündigungsschutz hineinzureichen. Folglich könnte es, wenn nicht vor dem Arbeitsgericht richtig taktiert wird, die Wiedereinstellung erreicht werden, welche letztlich keiner von beiden wünscht. Daher ist eine Aufhebung gegen Schadenersatz und Zahlung des Gehaltes bis dorthin zu verlangen. Der Gang zum Arbeitsamt sofort ist obligat.
Zukünftig nicht wie ein Familienmitglied in der Arbeit agieren.
Diese Verfahrensweise gegenüber Mitarbeitern ist in Praxen sehr häufig anzutreffen.
Also ich würde mich wegen psychischer Belastung krankschreiben lassen und mich dann vorab von einem guten Anwalt beraten lassen.Kosten kannst du vorher klären.
Zeitgleich neue Bewerbungen schreiben.Das ist ja Psychoterror.Zum Glück gibt es Regeln und da gibt es bestimmt eine,die besagt,dass Chefs nicht an Sonntagen terrorisieren dürfen.So eine Situation hält man nicht lange aus.
Das klingt für mich,als wäre dein Chef am Sonntag in einem Ausnahmezustand gewesen,mal vorsichtig aussgedrückt.Das ist nicht dein Problem,zieh dich da raus.Wenn er sich entschuldigen sollte,kannst du ja nochmal neu bewerten.
Eine angekündigte Krankschreibung, insbesondere wenn sie als Druckmittel oder Drohung gegenüber dem Arbeitgeber eingesetzt wird, kann unter Umständen eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt oder nicht.
Von daher macht es wenig Sinn dagegen vor zu gehen.
Biete ihm an mit einer 3 Monatigem Abfindung im gegenseitigem Einverständnis zu gehen.