Fernuni Hagen Psychologie

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Ich habe Psychologie zu einem Teil an der Uni Freiburg und zum anderen Teil an der Fernuni Hagen studiert. Daher kann ich ganz gut auf den Vergleich eingehen. Eine Fernuni ist eine gute Sache nur und ausschließlich für Menschen mit großer Selbstdisziplin. Die Lehrbriefe von Hagen sind abstoßend karg, so richtig grau in grau, gnadenlos monoton aufgebaut, und man braucht alle Kraft sich für ihr Durchstudieren zu begeistern. Zudem ist der Stoff gewaltig, weit umfangreicher als an der Präsenzuni. Ganz offensichtlich wollten die 'Macher' der Programme auf alle Fälle vermeiden, dass man ihnen ein zu geringes Niveau bescheinigt. In meinem ersten Studium der Naturwissenschaften in Göttingen habe ich alles mit Auszeichnung bestanden, auch in Psychologie in Freiburg gehörte ich zu den sehr guten Leuten, jedoch in Hagen bin ich durch einige Klausuren durchgefallen, obwohl ich mich gut vorbereitet hatte. Bücher habe ich so auf 60 bis 80 Seiten exzerpiert und die praktisch auswendig gelernt. Und trotzdem kamen dann nur äußerst schlappe Noten dabei heraus. Ich habe immer einen großen Respekt vor Leuten, die in Hagen ein Studium mit guten Noten bestanden haben. Nach diesen Erfahrungen bevorzuge ich das Studium an einer Regeluni ungleich mehr. Man ist überall eingebunden, diskutiert kritisch und angeregt in den Seminaren, trifft immer Leute, mit denen man unklare Fragen noch nachbesprechen kann, kann sich Tutorengruppen anschließen, in denen man genau die Unklarheiten ansprechen kann, die noch geblieben sind. Auch die vielen Hausarbeiten und Klausuren sind weit besser zu bewältigen. Zudem ist die Psychologie ein Fach das sich primär mit Formen der menschlichen Interaktionen befasst. Das im Alleingang zu studieren, sollte man wirklich vermeiden. Gerade die ganzen Therapieverfahren musst du real miterleben. Ich selbst bin ein Anhänger von Gruppentherapie und habe später intensiv das 'Psychodrama' nach Moreno gelernt und praktiziert. Man kommt mit agierenden Therapien viel rascher an die verschütteten Strukturen heran. Gute Erfolge sind manchmal in Stunden zu erreichen. Bilanz: Psychologie ist ein Studienfach, das man im Grunde nur in der täglichen Interaktion studieren sollte. Man braucht die ständige kritische Rückkopplung, sonst droht man zum 'Psychokauz' zu werden, der von anderen nur belächelt wird. Obwohl Hagen auch Begegnungskurse anbietet, bleiben diese doch immer nur die Ausnahme. Und die theoretische Stofffülle in Hagen ist gewaltig, so dass man sich manchmal zu Recht fragt, ob dieses riesige Wissen später einmal gebraucht werden könnte, wenn man als Familientherapeut oder als Schulpsychologe oder Trainer zur Interaktionsverbesserung bei Bankangestellten arbeitet.

Der Studiengang ist gut organisiert, inhaltlich stringent, aber auch recht voll mit Stoff. Die Arbeitszeiten sind daher nicht ganz aus der Luft gegriffen. Ein weiteres Manko ist evtl. die Prüfung zu jedem Modul: Sie ist nach meiner Einschätzung nicht gut im Voraus zu beurteilen und die Prüfungen sind prüfungsdidaktisch ein wenig auf Selektion angelegt und nicht ausschließlich auf Abfrage von Gelerntem. Man muss sich also vom eigenen Gefühl her sehr sicher in einem Thema bewegen um mit gutem Gefühl in die Prüfungen zu gehen.

Ansonsten überwiegen aber meine positiven Eindrücke dieses Studiums, weil eben gerade die Materialien sehr gut aufbereitet sind. Man bekommt sämtliche Literatur als Studienbrief (geleimtes Skript) zugeschickt und weiß daher schon zu Beginn eines Semesters, worum es inhaltlich gehen wird. Gut ist auch die Online-Präsenz der Uni, die sogar Arbeitsgruppen in der eigenen Wohngegend organisieren lässt und viel Austausch mit anderen Fernstudenten ermöglicht.

Auch von den Abschlüssen habe ich schon öfters gehört, dass sie einen sehr guten Ruf genießen, weil das Studium inhaltlich sehr gut ist und man davon ausgeht, dass Fernstudenten, die das Studium auch durchgezogen haben, sehr diszipliniert sein müssen und viel Durchhaltevermögen haben. Hiermit sind wir aber schon bei einem Punkt, den ich zu bedenken geben möchte. So wie das bei dir klingt, planst du ein Doppelstudium (Soziologie und Psychologie). Ich habe vor beiden Studiengängen sehr viel Respekt und würde, glaube ich, im Falle der Psychologie dann erstmal mit einem Teilzeit-Fernstudium anfangen. Das ist an der Fernuni Hagen ebenfalls möglich. Vielleicht solltest du dich einmal in Hagen erkundigen, ob es eine Möglichkeit gibt, dass Module, die du in Soziologie absolviert hast, evtl. auch im Hagener Fachbereich Psychologie anerkannt werden. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass du in Soziologie auch mindestens ein Modul Statistik hast absolvieren müssen. In Hagen in Psychologie ist das auf jeden Fall ein komplettes Modul. So ließe sich evtl. etwas Arbeit reduzieren.

Ansonsten hast du extrem viel Arbeit vor dir. Toi toi toi!!!