Elektrotechnik Spannung und Strom?

8 Antworten

Wechselspannung in unserem Versorgungsnetz ist ja Sinusförmig.
Du kannst dir jetzt also ein Diagramm mit einer Sinuskurve vorstellen, das ist die Spannung in Abhängigkeit von der Zeit.

Ist der Strom "in Phase" zur Spannung, so liegt die Sinuskurve des fließenden Stromes (in Abhängigkeit von der Zeit) im selben Diagramm "auf der Kurve" der Spannung.
Sie haben also zum selben Zeitpunkt Maxima, Minima und den Nulldurchgang.
Dieses Verhalten gibt es zum Beispiel bei ohmscher Last.

Hat man nun eine kapazitive oder induktive Last, so "eilt der Strom vor" bzw. "verspätet sich". Dann ist sozusagen die Sinuskurve des Stroms in diesem Diagramm nach links oder rechts verschoben.

Hier habe ich dir das ganze mal als Simulation aufgebaut: Falstad CircuitJS
Unten sind jeweils die Diagramme zu den jeweils darüber liegenden Schaltungen.

kleine Einführung komplexe Wechselstromrechnung

Ja. Warum heißt es "komplexe Wechselstromrechnung"? Ist es irgendwie komplex? Naja es geht. Es ist wie so oft, wenn man es verstanden hat ist es einfach und wenn nicht, dann ist es eben blöd :D jedoch bedienen wir uns in der Mathematik eines Werkzeugs den wir bis hierher gar nicht kannten und das ist die "Gaußsche Zahlenebene" oder auch "komplexe Zahlenebene" genannt. Jetzt weißt du auch warum komplex.

Stellen wir uns den Strom wie er aus der Steckdose zum Verbraucher fließt vor, oder zumindest die anliegende Spannung erstmal, wir sehen: "AH! Die Spannung wechselt Sinusförmig seine Polarität" ich hoffe du weißt was Sinusförmig bedeutet ansonsten musst du hier nochmal fragen aber dieses Grundverständnis sollte schon sitzen sonst wird es schwer. Wir haben also wenn wir in einem Diagramm die Spannung in Abhängigkeit von der Zeit abtragen folgenden Verlauf:

Bild zum Beitrag

Also wie wir sehen wechselt die Spannung periodisch zwischen +325V und -325V. "Aber wie kommt man auf 230V?" Die 230V ist der sogenannte Effektivwert. Man sagt also bei 230V Gleichspannung würde in gleicher Zeit die gleiche Energie am gleichen Widerstand umgesetzt wie bei der Wechselspannung die wir hier sehen. Dabei ist + und - egal (Wenn Strom und Spannung in Phase sind, da kommen wir gleich zu) denn wenn wir das Produkt aus Spannung und Strom bilden und beide - sind dann ist eh wieder + weil -*-=+ Das heißt die Leistung P ist zunächst immer positiv.

Der Effektivwert lässt sich berechnen, das ganze wird dann auch entsprechend kompliziert, dazu wird der Sinus über einen Intervall also einer Periode Quadriert, der Flächeninhalt unter der Kurve berechnet und daraus die Wurzel gezogen wir haben also eine relativ komplizierte Rechnung mit einem Integral, ich will da jetzt auch nicht näher ins Detail gehen doch wenn wir das konsequent durchziehen bleibt ein Faktor übrig und das ist die Wurzel aus 2. Das heißt wenn wir unsere Spannung 325V also unsere "Dachspannung" durch Wurzel 2 Teilen, erhalten wir den Effektivwert von c.a 230V. Das solltest du dir an der Stelle merken. Die berühmte irrationale Zahl Wurzel 2.

Was bedeutet jetzt in Phase?

Also. Wir stellen uns vor, dass diese Spannung nun an einem "ohmschen Widerstand" anliegt. Dann beginnt damit durch diesen Widerstand ein Strom zu fließen und zwar nach dem ohmschen Gesetz I=U/R und jetzt mach das mal für jeden Zeitpunkt. Da steigt der Sinus ja an also haben wir:

I=1V/R dann I=2V/R ..... I=325V/R und dann geht es wieder runter bis ins negative das heißt die Stromrichtung ändert sich usw. Alle unsere Ergebnisse tragen wir auch in ein Diagramm ein in ein I(t) Diagramm. also Strom in Abhängigkeit von der Zeit.

Dann bekommen wir auch so eine wunderschöne Sinuskurve und wenn wir das jetzt mit der Spannung vergleichen werden wir sehen, dass im gleichen Zeitpunkt der Strom mit der Spannung steigt und wieder abfällt und negativ wird usw. und das passiert gleichzeitig. Das bedeutet Strom und Spannung sind in Phase ;)

Das heißt die Phasenlage, das ist die Amplitude zum Zeitpunkt t und die ist von der Lage her bei beiden gleich. Der Betrag unterscheidet sich natürlich. Jetzt kann es passieren, dass die Lage sich verschiebt. Dann währen Strom und Spannung nicht mehr in Phase sondern um eine entsprechende Zeit verschoben. Die Spannung ist also früher oder später da als der Strom.

Das ist ein Problem, denn die Leistung P ist ja das Produkt aus Spannung und Strom und wir haben gesagt, das die ja immer positiv ist gemäß der mathematischen Regeln. Aber jetzt kann es eben sein, dass in dem Moment indem die Spannung positiv ist, der Strom schon negativ ist und umgekehrt. Wir haben also:

+*-=-

Wir haben eine negative Leistung? Leistung ist Energieumsetzung pro Zeit und dieses - bedeutet der ENERGIEFLUSS hat sich gewissermaßen gedreht also nicht einfach nur ein Strom hat sich gedreht, das währe uns ja egal aber der ENERGIEFLUSS hat sich gedreht, die Energie wird nicht bei uns in Form von Licht oder sonst was umgewandelt sondern geht wieder zurück zum Erzeuger. Die Energie wandert gewissermaßen zwischen Verbraucher und Erzeuger hin und her. Also das kannst du dir wirklich so vorstellen, das ist exakt das was hier periodisch passiert.

Bild zum Beitrag

Also die Rote Kurve ist der Strom, die Blaue die Spannung und die Grüne die Leistung. Wir bilden also das Produkt aus Spannung und Strom für jeden Zeitpunkt und geben das ebenfalls in das Diagramm ein und erhalten diesen verlauf und sehen wie die Leistung mal positiv und mal negativ wird. In diesem Fall haben wir 90° Verschiebung und das heißt die effektive Leistung die umgesetzt wird über einen Intervall ist 0. Also obwohl ein Strom fließt wird nichts warm, keine Lampe leuchtet usw.

Was hat das mit komplexen Zahlen zu tun?

Jetzt werden wir etwas mathematischer Es gibt mehrere Möglichkeiten einen Sinus mathematisch darzustellen. Entweder wir machen es über die allgemeine Funktionsgleichung für trigonometrische Funktion (Der Sinus ist ja so eine Funktion):

U(t)=(U^)*sin(ω*t)

oder wir machen es noch ein bisschen abstrakter :D und stellen uns den Sinusverlauf vor wie eine Kreisbewegung. Den Radius des Kreises stellen wir jetzt als einen Pfeil da und diese Pfeil geht jetzt jeden Punkt am Umfang des Kreises entlang wo wir an diesem Punkt immer die Spannung ablesen können. dieser Pfeil ist hier unsere komplexe Zahl sie hat einen Betrag die der Länge des Pfeils und damit dem Radius entspricht und einen Winkel und der Winkel ändert sich mit der Zeit. die Schreibweise würde dann also so aussehen:

U(t)=U^*e^(ω*t)

das ist die sogenannte Polarschreibweise. Wir haben es jetzt also mit einen sich drehenden komplexen Zeiger zutun. (ich weiß, das ist nicht ganz einfach vor allem wenn man noch nie mit komplexen Zahlen zutun hatte).

wenn wir jetzt mal schauen zu zu welcher Zeit welche Spannung anliegt, dann erhalten wir ein rechtwinkliges Dreieck bei der die Hypotenuse den Betrag der komplexen Zahl entspricht.

Bild zum Beitrag

das machen wir jetzt auch mit dem Strom so. und dann werden wir sehen wenn die Phasen gleich sind, dann sind die Winkel bei beiden Zeigern auch gleich, das ist das entscheidende. Wenn sie nicht gleich sind, also der Winkel sich unterscheidet, dann haben wir eine Phasenverschiebung entsprechend dem Winkel.

Mithilfe von Pythagoras und den Winkelfunktionen können wir nun auch entsprechend die Beträge von Real und Imaginärteil berechnen.

Was sich hier jetzt kompliziert anhört soll in Wahrheit sogar die Rechnerei vereinfachen, denn bei einer Multiplikation werden jetzt einfach nur die Beträge ganz normal multipliziert also der Betrag der komplexen Zahl und die Winkel werden Addiert. Somit bekommen wir einen Komplexen Zeiger für die Leistung mit ebenfalls Betrag und Winkel.

Also du siehst schon. Das wird langsam ganz schön abstrakt aber so ist es leider es wird immer abstrakter je tiefer wir eintauchen :D

Vielleicht sollten wir mal erstmal besprechen was komplexe Zahlen überhaupt sind.

Wie kommt man auf komplexe Zahlen?

in der Mathematik kennen wir ja in der Mengenlehre die "Reele Zahlenachse" das ist der Berühmte Zahlenstrahl wo alle Zahlen abgetragen sind und wenn wir addieren, subtrahieren oder irgend eine Operation mit diesen Zahlen durchführen bewegen wir uns entsprechend auf diesem Zahlenstrahl immer hin und her.

Irgendwann hatte man in der Mathematik das Problem die Wurzel aus einer negativen Zahl ziehen zu müssen wobei die Mathematik wie wir es lernen keine Antwort darauf hat also wir haben so etwas wie:

x^2=-1

x=√(-1)

+*+=+ -*-=+ es gibt keine Zahl die mit sich selbst multipliziert eine negative Zahl ergibt und genau das ist das Problem. Also dachte man sich: "Ja dann denken wir uns eine aus." ja so etwas verrücktes kann man in der Mathematik auch machen :D

Die Wurzel aus -1 wird i genannt. und so können wir die Zahl darstellen als i und alle anderen negativen Zahlen sind einfach nur vielfache von i.

2i=2*√(-1)

Aber wo liegt diese Zahl auf dem Zahlenstrahl? Da ist doch gar kein Platz. Ja weil i nämlich außerhalb des Zahlenstrahls liegt und dort werden vielfache von i mit definiert und durch die geometrische Addition (Pythagoras) setzt sich dann eine komplexe Zahl die in der Ebene liegt aus Real und imaginär Teil zusammen. In dem Video von dorfuchs wird das in einem Song wunderbar erklärt ;)

https://www.youtube.com/watch?v=HRzQAnUl1C4&t=106s

Ganz wichtig! Das ist ein großes Thema. Wenn du also Schwierigkeiten dabei hast es zu verstehen ist es völlig ok. Das ist auch nicht mal eben erklärt. Wir haben es wirklich mit relativ komplizierten Berechnungen zutun.

 - (Technik, Physik, Strom)  - (Technik, Physik, Strom)  - (Technik, Physik, Strom)

Das bedeutet, dass zum Beispiel Stromstärke und Spannung gleichzeitig maximal und gleichzeitig minimal sind.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Masterabschluss Theoretische Physik
CCCPtreiber  05.06.2022, 09:29

Hier gehts aber um den Winkel Spannung zu Strom (Cos Phi) Herr Master

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PhotonX  05.06.2022, 09:32
@CCCPtreiber

Ja der ist in dem Fall Null, also sein Kosinus gleich eins. Aber ich denke, der Fragesteller möchte eine anschauliche Erklärung und nicht den Wert der Phasenverschiebung. :)

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Wechselfreund  05.06.2022, 09:37
@CCCPtreiber

Von einem Winkel sehe ich nichts in der Frage. Da steht "in Phase", was ist dann an dieser Antwort nicht in Ordnung?

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PhotonX  05.06.2022, 09:38
@CCCPtreiber

Hab ich gerade. Ich finde, ehrlich gesagt, die Wasserkreislauf-Analogie macht es in dem Kontext fast noch verwirrender...

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Wechselfreund  05.06.2022, 09:43
@CCCPtreiber

Strom und Spannung zeitgleich

Das steht doch in dieser Antwort

cos Phi = 1 -> Winkel 0° keine Phasenverschiebung (nach der auch nicht gefragt wurde)

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Wenn der Scheitelpunkt der Spannung auch gleichzeitig der Scheitelpunkt des Stroms ist.

Strom und Spannung in Phase unterscheidet sich von zwei anderen Fällen, nämlich dass Strom der Spannung nacheilt, oder dass Strom der Spannung vorauseilt (was vielleicht besser vorstellbar ist als "dass Spannung sich nicht so schnell aufbaut wie Strom beginnt zu fließen").

In Phase sind Strom und Spannung, wenn kein induktiver oder kapazitiver Einfluss vorliegt. Sobald aber Spulen oder Kondensatoren mit Wechselspannung zusammen gebracht werden, beginnt Strom sich bissel anders zu verhalten, u.a. damit, dass Spannung und Strom nicht mehr synchron zueinander sind - also nicht mehr in Phase.