Viele betrachten das Notensystem als eine einfache Methode, um die Leistungen von Schülern und Studenten zu bewerten. Dabei wird oft argumentiert, dass Konkurrenz ein starker Motivator ist. Ich persönlich teile diese Ansicht jedoch nicht und finde es problematisch, wenn die einzige Motivation, ein Ziel zu erreichen, darin besteht, sich gegenüber anderen zu behaupten.
Mein persönlicher Ansatz war immer zielorientiert. Ich sah Konkurrenz eher als Hindernis, da die gleiche Energie besser darauf verwendet werden könnte, persönliche Ziele und Träume zu erreichen.
Es stimmt, dass Noten eine gewisse Aussagekraft über die Qualität der erworbenen Fähigkeiten haben können. Das Bildungssystem und das Notensystem neigen jedoch dazu, ein zu vereinfachtes Bild vom Lernen zu vermitteln. Es entsteht der Eindruck, als ob sich die Qualität der erworbenen Fähigkeiten nicht ändern würde, wenn man bis zu einem bestimmten Datum nicht genug gelernt hat und nicht die erwartete Note erhält. Dies ist natürlich nicht wahr, aber das System vermittelt das Gefühl, dass es keinen Sinn mehr macht, sich anzustrengen, wenn die Noten einmal feststehen.
Es gibt viele Gründe für schlechte Noten, die nichts mit den genetischen Anlagen oder den Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung zu tun haben. Beispielsweise könnte jemand ein Familienmitglied verloren haben oder sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden, was die Leistung beeinflusst.
Das Notensystem trägt auch zu einer gesellschaftlichen Spaltung bei, indem Menschen zunehmend als Objekte von Bewertungen und Belehrungen behandelt werden, und ihr Wert auf ihren Notendurchschnitt reduziert wird.
Schulnoten können sinnvolle Aussagen über das in einem bestimmten Zeitraum erlernte Wissen und die Fähigkeiten machen. Der Mensch ist jedoch komplexer als das, und es gibt viele Gründe, warum jemand bestimmte Noten nicht erreichen konnte. Diese Gründe haben oft nichts mit den allgemeinen Fähigkeiten der Person zu tun, sondern können durch verschiedene Umstände und Umgebungsbedingungen erklärt werden.
Noten können zur Bewertung des aktuellen Qualitätsstandards von erworbenen Fähigkeiten verwendet werden, aber sie sollten nie als Grundlage für allgemeine Aussagen über den Wert einer Person dienen. Das wäre unfair gegenüber denen, die nicht das Glück hatten, unter privilegierteren Bedingungen aufzuwachsen oder die keine Unterstützungschancen erhalten haben. In dieser Hinsicht sehe ich keine Chancengleichheit.
Was den Erfolg im Leben anbelangt halten gerade ältere Generationen verbissen am "Leistungsprinzip" fest. Das bedeutet, dass nur derjenige Erfolg hat, der Leistung bringt. Dies ist allerdings ein Trugschluss.
Wir neigen dazu zu glauben, dass jeder das bekommt, was er verdient. Jedoch entspricht dies nicht immer der Realität. Tatsächlich hängt viel davon ab, was man aushandelt. Es ist nicht zwingend notwendig, einen akademischen Weg zu beschreiten oder herausragende Leistungen zu erbringen, um Erfolg zu haben. Dies bringt sowohl gute als auch schlechte Neuigkeiten mit sich:
Die gute Nachricht ist, dass schlechte Schulnoten nicht automatisch bedeuten, dass man auf seinen Traumjob verzichten muss. Es gibt alternative Wege, sich für bestimmte Berufe zu qualifizieren, ohne studieren zu müssen, und somit auch ohne akademischen Abschluss eine gefragte Persönlichkeit zu werden.
Die schlechte Nachricht ist, dass alternative Wege Kreativität und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, erfordern. Es kann schwieriger sein, sich auf dem Arbeitsmarkt vorteilhaft zu positionieren. Allerdings wird es in der aktuellen Wirtschaftslage für Quereinsteiger zunehmend einfacher, gute Möglichkeiten zu finden.
Der Grund, warum der traditionelle Bildungsweg oft als erfolgreich angesehen wird, liegt nicht unbedingt in seiner Qualität, sondern eher in seiner gesellschaftlichen Anerkennung. Ein Bachelor- oder Masterabschluss ist gesellschaftlich anerkannt, und sein Wert wird oft durch den Glauben der Menschen daran bestimmt.
In Wirklichkeit spiegelt ein Abschluss nicht unbedingt die tatsächliche Qualität oder Leistung einer Person wider, sondern bietet eine Art von Sicherheit, die oft trügerisch sein kann. Absolventen haben während ihres Studiums sicherlich nützliche Fähigkeiten und Fachwissen erworben, aber ihr wahrer Wert wird oft nur durch den Glauben an die Sicherheit, die das Abschlusszeugnis vermittelt, bestimmt.
Ein hoher Bildungsgrad führt oft zu einer starken Verhandlungsposition und erleichtert es, ein höheres Gehalt auszuhandeln. Menschen sind bereit, viel für die vermeintliche Sicherheit zu bezahlen, auch wenn dies ihre Freiheiten und Innovationen gefährden könnte.
Was man im Leben erreicht, hängt also nicht nur von den Noten ab, sondern davon, wie sehr man an sich selbst und seinen eigenen Weg glaubt und andere dazu bringen kann, ebenfalls daran zu glauben. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, an die eigenen Fähigkeiten zu glauben und andere davon zu überzeugen, an das eigene Produkt oder die eigene Dienstleistung zu glauben.
Auf dem Weg zum Erfolg wird man immer wieder auf Probleme, Rückschläge und Frustrationen stoßen. Doch je mehr Herausforderungen man meistert, desto näher kommt man seinem Ziel. Man sollte seinen Weg als Ziel betrachten und lernen, Probleme zu lösen – auch wenn man dafür um Hilfe bitten muss.
Manchmal bedeutet das auch, psychologische Schwierigkeiten zu überwinden und zu lernen, Emotionen und Ziele klar zu kommunizieren. Erfolg ist viel mehr als nur gute Schulnoten und einen ordentlichen Job zu haben. Diese Sichtweise ist viel zu vereinfacht.