Divergenz und Laplacian Intuition?
Das lernen hat bisher gut funktioniert, allerdings fehlt mir noch ein wenig die intuition. Bei der Divergenz hat es beim lernen sehr geholfen, sich positive Divergenz als eine "Source" und negative Divergenz als ein "Sink" vorzustellen.
Physikalisch gesehen fällt es mir sehr schwer sich das vorzustellen. Etwas kann nicht einfach aus dem nichts erschaffen werden, wir reden hier nicht von der QED, wie soll also an einem Ort eines feldes etwas erschaffen werden (source, positive divergenz) und an einer anderen verschwinden (sink, negative divergenz)
Später beim laplacian dachte ich dann, dass die Divergenz, ähnlich wie bei der Ableitung mit einer Variable, die "Rate der Veränderung der Vektorenmagnitude" darstellt. Jedoch ist dem nicht so, denn der Logik nach müsste folgendes Feld eine Divergenz haben, jedoch ist diese 0
Was genau ist dann Divergenz? Wie bekomme ich eine bessere Intuition, auch eine physikalische?
2 Antworten
Nach dem Satz von Gauß gilt für ein stetig differenzierbares Vektorfeld f(x) auf einem zusammenhängenden Volumen V mit Rand/Oberfläche O:
int[O]{ f * n dA } = int[V]{ div(f) dV}
Damit folgt für hinreichend kleines Volumen V (man stelle sich einen Ball mit Radius r und Mittelpunkt a vor):
div(f(a)) ~ int[O(a)]{ f*n dA} / V(a) "Summenfluss pro Volumen aus V(a) hinaus"
Dabei ist int[O(a)]{ f*n dA} = J(a) der Gesamtfluss der aus dem Volumen V(a) austritt. Fließt mehr aus dem Volumen V(a) hinaus als hinein, dann ist die Divergenz an der Stelle x = a entsprechend positiv. Fließt mehr in das Volumen hinein, so ist die Divergenz negativ.
Für einen physikalischen Zusammenhang gilt es die allgemeine Kontinuitätsgleichung zu erwähnen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kontinuit%C3%A4tsgleichung
Diese stellt einen Zusammenhang zwischen der zeitlichen Änderungsrate einer Erhaltungsgröße wie z.B. einer Masse und der zugehörigen Stromdichte her. Aufgrund der Erhaltungsvermutung gilt z.B. im Fall einer Masseverteilung:
int[0]{ J_m * n dA} = - d/dt( int[V]{ rho_m dV} ) = - d/dt ( m(V) )
(Massestrom aus dem Volumen hinaus entspricht der zeitlichen Änderung der eingeschlossenen Masse). Nach dem Satz von Gauß lässt sich die linke Seite mit hilfe der Divergenz ausdrücken:
int[V]{ div(J_m) dV} = - d/dt( int[V]{ rho_m dV} )
Und da gültig für beliebiges Volumen:
div(J_m) = - d/dt ( rho_m )
Sodass die Divergenz des Massestroms eine direkte Interpretation mittels der zeitlichen Änderung der Massendichte erhält.
Also sind die begriffe "source" und "sink" eher umgangsprachlich und wir reden eigentlich von der summe der Veränderung der Dichte der sich im Feld bewegenden Substanz an einem Punkt?
Guten Tag
positive Divergenz als eine "Source" und negative Divergenz als ein "Sink" vorzustellen.
Gern darfst du auch beim deutschen Sprachgebrauch bleiben und dir positive Divergenz als Quelle und negative als Senke vorstellen.
Deine ausgeführten Gedankengänge weisen einige Miskonzeptionen auf, die ich hier gerne ausräumen werde:
Etwas kann nicht einfach aus dem nichts [sic] erschaffen werden, wir reden hier nicht von der QED, wie soll also an einem Ort eines feldes [sic] etwas erschaffen werden
Hierzu muss gesagt werden, dass die mathematische Beschreibung der Realität oft nur eine (teils sehr, sehr gute) Näherung der Realität ist. In dieser kann dann, je nach beschriebener Größe, sehr wohl etwas "aus dem Nichts erschaffen" werden. Beispielsweise gilt nach den Maxwellschen Gleichungen:
div E = rho/epsilon_0
Die Divergenz des elektrischen Feldes ist also gleich der elektrischen Ladungsdichte. Somit wird (insbesondere bei Punktladungen) an bestimmten Stellen im Raum "aus dem Nichts" ein elektrisches Feld erzeugt. Wobei das "aus dem Nichts" natürlich nicht zutreffend ist. Das Feld wird von der Ladung erzeugt. Die Divergenz beschreibt genau eine Quelle, also per Definition einen Ort, an dem etwas hinzukommt. Dieses Hinzukommen ist allerdings kein "Entstehen aus dem Nichts", sondern physikalisches Wirken der mathematisch beschriebenen Quelle.
Bei der Berechnung von Fluidströmungen verhält es sich ähnlich. Natürlich wird keine Flüssigkeit aus dem Nichts erschaffen. Wenn man aber einen Zufluss nicht weiter modelliert, dann erscheint er ab einem gewissen Punkt als Quellterm.
Später [...] dachte ich dann, dass die Divergenz [...] die "Rate der Veränderung der Vektorenmagnitude" darstellt.
Das ist falsch. Diese Größe wird durch den Gradienten eines Feldes gegeben. Die Vektorenmagnitude bildet ein Skalarfeld. Nach korrekter Dimensionsanalyse muss also die Änderung dieses Skalars (die ja in jede Richtung anders sein kann) als Vektorfeld ausgedrückt werden. Schon daher kann die Divergenz dies nicht beschreiben.
Jedoch ist dem nicht so, denn der Logik nach müsste folgendes Feld eine Divergenz haben, jedoch ist diese 0
Auch das ist falsch. Es gibt Felder, deren Divergenz überall null ist. Es gibt auch Felder, deren Gradient überall null ist. Aber ich sehe nicht, dass aus deinen Ausführungen folgt, dass der Gradient stets null sein müsste.
Was genau ist dann Divergenz?
Ein Maß für die Quelldichte bzw. -Stärke.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen. Beste Grüße
Hans Dieter