Braucht man eine gewisse Intelligenz mit einem Mathematikstudium?

9 Antworten

Hallo,

Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die hohe Abbrecherquote nur zu einem Teil aus der recht hohen Schwierigkeit resultiert. Ich denke, dass die meisten, die Mathe studieren schon mit schweren Klausuren gerechnet haben (wenn auch vermutlich meist nicht so schwer wie's dann tatsächlich ist). Ein viel größerer Punkt sind meiner Meinung nach die Themen, die man behandelt und die Art, wie man diese behandelt.

Ein Mathestudium ist sehr theoretisch und sehr trocken. Man untersucht in unglaublicher Tiefe komplett theoretische Strukturen, meist ohne eine Anwendung davon kennenzulernen.

Die Vorlesungen laufen meist so ab, dass man irgendein Objekt definiert (z.B. was ein Untervektorraum ist), dann einen Satz dazu aufstellt und diesen dann beweist. Mit diesen Resultaten gehts weiter und man stellt weitere Sätze auf und beweist sie. Das KANN enorm faszinierend sein, kann auf Dauer aber auch recht frustrierend werden, da man die Anwendungen davon kaum kennenlernt. Man muss ein spezieller Typ Mensch sein um Spaß daran zu haben, nur an der Intelligenz liegts nicht.

Insgesamt kann ich dir nicht sagen wies in den späteren Vorlesungne aussieht, da ich als Physiker nur die Grundvorlesungen gehört habe (AnaIysis 1-3, Lineare Algebra 1+2, Funktionentheorie) und nicht weiß, wie schwer es später noch wird. Diese Klausuren kann man aber (mit entsprechendem Aufwand) durchaus bestehen (den Stoff voll zu verstehen ist wieder was anderes...).

In aller Kürze:

Ist ein Mathestudium einfach?
Nein.

Ist ein Mathestudium unschaffbar schwer?
Nein.

Braucht man eine gewisse Begabung und Fähigkeit zum logischen Denken?
Meiner Meinung nach ja. Aber vor allem braucht man Spaß am Thema, eine Affinität zu sehr theoretischen Sachen und jede Menge Ausdauer und Willenskraft (nach mehreren Stunden endlich eine Beweisidee für eine Aufgabe zu finden ist durchaus keine allzu große Seltenheit).

mfg
Ennte

De1994  24.01.2014, 22:32

Stimme ich komplett zu, Ana, Lineare Algebra, muss man nur Aussagen beweisen, das ist nicht das was jemand von einem Mathematik-studium erwartet. Wenn man das "rechnen" liebt, und die Beweise einem eigentlich kaum interessieren, dann ist meiner Meinung nach Physikstudium das beste, Physik ist ja eigentlich auch nur angewandte Mathematik. Im Studium merkt man das dann um ein großes Stück mehr, wenn man merkt, dass man nicht nur Formeln einsetzen muss, wie in der Schule

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dongodongo  05.02.2014, 18:05
@De1994

Sehe ich ähnlich. Deswegen studiere ich Physik!

Einige Beweise sind interessant, aber rechnen ist mir prinzipiell lieber, auch wenn ich manchmal meinen frustrierten Wunsch (mathematik) doch in einem Ausbruch der Kreativität auslebe und einige Beweise aufstelle.

Physik ist letzten Endes angewandte Mathematik und das finde ich echt toll. Hat mir sehr über meine anfängliche Frustration im Physik-Studium (fast nur einsetzen) hinweggeholfen.

VG, dongodongo.

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Also das hängt jetzt mal ganz provokativ formuliert davon ab wie man das - neurowissenschaftlich gesehen - Mysterium "Intelligenz" definiert.

Prinzipiell sind natürlich für GRUNDSÄTZLICH ALLE Tätigkeiten, die man jeden Tag macht zu einem gewissen Grad an kognitive Leistung gebunden! Und psychologisch ist es erstmal recht sinnvoll geistige Fähigkeiten als "Intelligenz" zu definieren.

Ich bin der Auffassung, dass bei diesem Thema zu einem wirklichen hohen Grad subjektive Aussagen und Kommentare gemacht werden und KEINER (!) wirklich genau wissen kann was Intelligenz wirklich ist. Ich bin zwar psychologisch interessiert, wirklichen wissen tu ich es aber auch bei weitem nicht, alles Mutmaßungen! Bitte sei also allen (auch mir!) skeptisch gegenüber, die über das Wesen der Intelligenz sprechen und ihre Kommentare dazu abgeben! Tu es dir zuliebe! :-)

Ich finde, man sollte unterscheiden zwischen reiner geistiger Leistungsfähigkeit und 'wahren' Intelligenzleistungen. Reine geistige Leistungsfähigkeit wäre etwa das bloße Erinnern und direkt analoge anwenden eines Rechenschematas im Sinne der Schulmathematik. Oder auch das bloße Ausführen von Rechnungen im Kopf könnte man als reine geistige Leistung sehen. Wenn man etwas ambitionierter ist, kann man es sich auch noch erlauben, das "bloße" formale Umgehen mit Rechenregeln (sowie es in der Hochschulmathematik recht oft verlangt wird) als reine geistige Leistung sehen die mit wahrer Intelligenz noch nicht viel zu tun hat, kommt dem aber trotzdem näher. Meine Vermutung bestätigt sich, wenn man bedenkt, dass formales Schließen ja auch Computer können, die ja von vornherein schon wissen (da es einprogrammiert wurde) wie man mit einem Problem umzugehen hat.

Meines Erachtens beginnt die wahre Intelligenz dort, wo es nicht mehr Regeln gibt, die einem sagen wie es weiter geht. Dort wo man erst selbst Regeln SCHAFFEN muss durch *geeignete Abstraktion * von Daten aus beispielhaften Untersuchungen und anschaulichen Skizzen. Schlüssiges Denken alleine reicht hier nicht mehr aus. Langes Probieren welcher Satz oder welche Definition sich anwenden lässt, versagt hier auch. Es muss also eine neue (!!!) IDEE her, die nirgendwo in seinen Unterlagen zu finden ist.

Wahre göttliche Intelligenz ist immer auch ein kreativer Prozess.

IQ - Tests messen vor allem geistige Fähigkeiten und schlüssiges Denken pro Zeiteinheit. Da muss man noch nicht zwangsweise einem Computer in der Denk- und Vorgehensweise überlegen sein. Da reicht ein schnelles Probieren oft aus!

Beispiel: Man bekommt die Zahlenfolge 1,5,2,6,3,7,... präsentiert und ist gefragt sie fortzusetzen. Reine geistgie Fähigkeit würde hier bloß rechnen und dann vermuten, dass es nach dieser Regel weitergeht: 1 + 4 - 3 +4 -3 +4.... Intelligenz in der oben formulierten strengeren Fassung (sowie es die meisten seriösen Mathematiker ihn auffassen) würde hier nicht bloß die Folge fortsetzen sondern auch festhalten, dass es erstens beliebig viele Fortsetzungsmöglichkeiten gibt (da ja a priori nicht feststeht, was eine Zahlenfolge überhaupt ist und es genauso mit der gleichen Folge periodisch wieder von vorne anfangen könnte oder gar lauter Nullen oder irgendetwas beliebig anderes was Regelmäßigkeiten aufweist und mit dem vorigen zusammenpasst) und dann ganz wichtig wie daraus ein allgemeines Bildungsgesetz hergeleitet werden kann. Dazu ist bei schwierigeren Folgen zwangsläufig eine (zumindest!) gewisse Phantasie gefragt. Als Beispiel kannst du hier die Fibonacci-Folge (0,1,1,2,3,5,8,13,21,34,...) hernehmen. Du kann noch so viel IQ haben und wirst nicht in der Lage sein hier ein explizites (!) Bildungsgesetz allgemein aufzuschreiben, wenn du nicht über diese wahre Intelligenz verfügst. Ein "Hochbegabter" (wie er als einer von 50 Personen angeblich schon auftritt) würde hier bloß blitzschnell ein implizit gegebenes Bildungsgesetz erkennen und zwar die berühmte Fibonaccirekursion F_n= F_(n-2)+F_(n-1). Und das war's auch schon. Je höher der IQ desto schneller kann dieses oberflächlich geltende Gesetz erkannt werden. Punkt! Ein wirklich intelligenter Mensch kann aber noch deutlich mehr. Der erfasst nicht bloß das vor ihm stehende blitzschnell sondern findet auch alle möglichen im Hintergrund spielenden Gesetze durch geniale Abstraktion, flexibles und phantasievolles Denken. Kunst, Intelligenz und Kreativität hängen auf dieser Ebene sehr eng miteinander zusammen.

Fazit und Ausblick: Wenn es um diese wirklich anspruchsvolle echte Intelligenz geht (dieser so genannte intellektuelle 'Röntgen'blick) ist wirklich nur eine gewisse (Grund-)Intelligenz vonnöten, da man derartige selbstständige Problemlösung nicht häufig vorzeigen muss. Sehr wohl muss man aber über ein gut entwickeltes 'Zahnrad'denken verfügen und sehen können, wie die Regeln (formal) miteinander in Beziehung stehen. Für ein Vierer ist das ausreichend.

Wieso lässt Du Dich verunsichern ?

Wenn Dir Mathematik Spaß macht, dann los.!!! .. Was gibt es Besseres, als wenn jemand sein Fach liebt.... Damit hast Du die besten Voraussetzungen, um nicht zu den 57% zu gehören...!!!....Denk nicht ans Scheitern, damit behinderst Du Dich

Mit Mathematik wirst Du nachher sehr gefragt sein, eben weil so wenig Menschen ein Talent dafür haben.....Noch mal, lass Dich nicht beirren...Schwierigkeiten gibt es überall mal, aber wenn man Spaß an einer Sache hat, ist das schon die halbe Miete...... Und was den Durchhaltewillen betrifft, den brauchst Du auch in anderen Fächern...Und wo glaubst Du, brauchst Du mehr Power, bei etwas was Dich nicht interessiert, oder bei etwas, was Spaß macht.?

Ich studiere Mathematik und kann bestätigen, dass der IQ ziemlich irrelevant ist(ich habe irgendwas mit 130, bin jedoch einer der Besten im Studium, das sagt einerseits meine Arroganz, vor allem aber die Noten).

Was aber absolut nicht egal ist, ist was Ennte gesagt hat. Es ist effektiv sehr trocken und du musst Freude an Dingen haben, die es eben nicht in der Realität gibt, sondern nur erfunden worden sind um die Beschreibung der Realität einfacher zu machen. Ein einfaches Beispiel sind Dimensionen, du stellst dir den Raum dreidimensional vor, das stimmt soweit auch, mathematisch ist das Konzept leicht zu vereinfachen auf 4, 5 und so weiter Dimensionen. Sogar unendlich viele Dimensionen sind möglich, es ist sogar so, dass ich momentan häufiger mit unendlich dimensionalen Räumen zu tun habe, als mit endlichen. Die Abbrecherquote ist also eher ein Index dafür, dass es den Leuten zu langweilig wird, als zu schwer.

Ein weiteres Problem ist, dass Mathematiker Sachen beweisen, die vollkommen offensichtlich sind, dennoch wird das minuitös bewiesen, bevor es akzeptiert wird. Ein gutes Beispiel dafür ist der Jordansche Kurvensatz. Er besagt(vereinfacht), dass wenn du eine geschlossene Linie aufs Blatt zeichnest, die sich nicht überkreuzt, dann hast du damit das Blatt in 2 Gebiete unterteilt. Der Beweis dafür ist je nach dem ca 3 Seiten lang, obwohl das jeder 7 Jährige weiss.

Das zieht sich, wohl je nach Uni durch, bis du den Bachelor hast, danach kannst du versuchen Fächer zu wählen, die effektiv auch angewandt werden (in der realen Welt). Wenn du also nicht das totale flair für das abstrakte hast, musst du ca 3 Jahre durchhalten.

Was du also vor allem brauchst fürs Mathematik Studium ist: Eine Begeisterung fürs abstrakte und eine Freude an genauen Beweisen(aus dem Bauch heraus geht eben nicht).

Du kannst einiges überbrücken mit viel lernen, aber das wird dann weniger Spass machen. Wenn du nicht so viel Freude am Abstrakten hast, dann ist Physik eine relativ gute Alternative(denk ich mal, habe schliesslich nicht Physik studiert) oder Informatik.

Du musst dir zuerst darüber bewusst sein, dass ein Mathestudium nur wenig damit zu tun hat, was in der Schule gelehrt wird. Ich bin jetzt im dritten Studienjahr, allerdings erst im zweiten Jahr der reinen Mathematik. Und ich kann dir sagen, einfach ist es nicht.

Ich schmeiße einfach mal die Zahlen in den Raum, die in etwa in meiner Uni gelten: 1/3 bricht bis Weihnachten ab, 1/3 fällt durch, 1/3 macht weiter. Und das kommt in etwa so hin - in jedem ersten Semester. Und diese Zahlen machen erst einmal Angst.

Aber was die meisten Leute nicht bedenken, ist dass Mathe zulassungsfrei ist. Folglich sind unter den Studienanfängern auch viele, die wegen dem Studiticket eingeschrieben sind. Natürlich schreiben die Leute die Klausuren nicht mit (und fallen pro forma durch). Viele unterschätzen Mathe auch. Im Lehramtsstudiengang sind wir noch gute 30 von 120 Studenten - aber es waren auch 50 Leute dabei, die keine Ahnung hatten welches Zweitfach sie wählen sollten. "Nehme ich halt Mathe, hat ja gute Einstellungschancen". Wieder ein paar, bei denen mich nichts wundert.

Mit dem IQ oder Abischnitt hat meiner Meinung nach das Studium nicht so viel zu tun. Ich gehöre in "meiner" Lerngruppe in der Uni zu den schlechtesten - obwohl ich von der Gruppe her das beste Abi hatte. Daran kannst du nicht festmachen, ob du für Mathe geeignet bist. Das Studium hat nicht mehr so viel mit Lernen zu tun - um gut zu bestehen, muss man die Sachen verstanden haben.

Du vermutest richtig, man braucht ein gewisses Maß von Wille und Motivation - sich auch mal 3 Stunden mit einer Aufgabe zu Hause beschäftigen, auch wenn man nicht den kleinsten Ansatz hat - der Moment, in dem man die Aufgabe versteht und lösen kann ist sooooo toll! Ich finde dazu diese Seite hier recht nett: http://halbtagsblog.de/schule/mathematik-ist-wie-dieses-bild/