BLW Methode Baby?

3 Antworten

Milch (Muttermilch oder Pre) ist im kompletten ersten Lebensjahr das Hauptnahrungsmittel für einen Säugling.

Es heißt ja auch BEIkost und nicht ANSTATTkost.

Wenn du, egal was du deinem Kind sonst noch so anbietest, nach Bedarf weiter die Flasche gibst, machst du jedenfalls nichts falsch.

Man sagt mir ich solle ab dem 6. Monat anfangen, um Übergewicht zu vermeiden und mein Kind nicht zu überfüttern.

Ja, es gibt tatsächlich Hinweise, dass BLW-Kinder seltener an Übergewicht leiden. Begründet wird das damit, dass der Fütternde beim Breifüttern das natürliche Sättigungsgefühl des Babys nicht beachtet ("ein Löffelchen für Papa") und das Baby deshalb verlernt, selbst darauf zu achten.

Ich sehe das eigentlich kritisch. Es gibt so viele Faktoren, die zu Übergewicht führen können (zB. wird ja auch Stillen genau deswegen empfohlen), dass man schwer sagen kann, dieses oder jenes ist genau der ausschlaggebende Faktor.

Sollte ich das erstmal mit der Kinderärztin absprechen?

Kannst du tun, aber die Kinderärztin wird dir ziemlich sicher abraten, weil die meisten Kinderärzte mit ihren Empfehlungen immer noch an das längst veraltete "Schema" mit den drei Breien mittags, nachmittags und abends halten.

Lies gerne mal diesen Artikel des Kinderarztes Herbert Renz-Polster zum Thema:

https://www.kinder-verstehen.de/mein-werk/blog/zoff-ums-beifuettern/

In diesem Artikel wird sehr schön aufgezeigt, wo dieser Breifahrplan und die Empfehlungen eigentlich herkommen.

Mir ging es so wie dir. Ich wollte alles richtig machen und mein Kind vor Allergien bewahren und so weiter. Dummerweise hat sich die Literatur mit ihren Empfehlungen total widersprochen. Und ich hab mich (sinnlos) unter Druck gesetzt, weil ich nach neun Monaten vormittags in die Arbeit gehen wollte, dieser Breifahrplan aber nicht das Ersetzen der Morgenmahlzeit vorsieht. Stillen wäre vormittags aber ja nicht mehr möglich gewesen.

Als mein Kind 6 Monate alt war, hatte ich deshalb meine Hebamme angerufen und gebeten, sie möge mir jetzt sagen, wie man das alles richtig angeht.

Und sie hat mich sehr beruhigt und geraten, alles so zu machen, wie es für mich passt. Wenn ich morgens und vormittags Brei anbiete, dann ist das halt so. Und es ist völlig egal, ob das dann der Milchbrei oder der Getreidebrei oder der Obst-Getreidebrei ist oder etwas ganz anderes.

Das hab ich dann gemacht. Ich habe das Grundlagenbuch zu BLW gelesen und dann mein eigenes Ding gemacht. Und ja, auch wenn in dem Buch sehr dogmatisch steht, dass man entweder nur Brei oder nur BLW machen kann, habe ich mich daran nicht gehalten. Schließlich essen ja wohl auch Erwachsene gerne Grießbrei, also warum sollte ich meinem Baby das plötzlich nicht mehr geben?

An sich ist BLW toll und supereinfach. Du musst keinen Brei mehr kochen und sparst dir den ganzen Aufwand. Du gibst deinem Kind einfach das, was du auch isst (nur ohne Salz, das ist wichtig). Und vorausgesetzt, ihr ernährt euch selbst einigermaßen vollwertig und gesund.

Unterwegs musste ich nie wieder mit Breigläschen auf der Suche nach einer Aufwärmmöglichkeit durch die Gegend laufen.

Meine eigene Erfahrung ist jedenfalls super.

Mit Brei konnte mein Kind recht wenig anfangen und hat absolut nie die "empfohlene Menge" gegessen. Fingerfood hat er aber sofort angenommen und begeistert probiert. Zusätzlich habe ich weiterhin nach Bedarf gestillt.

Als ich wieder zu arbeiten begonnen habe, war es absolut kein Problem, dass mein Mann ihm vormittags "richtiges" Frühstück serviert. Joghurt, Brei, Brot mit Aufstrich, zuckerfreies Selbstgebackenes, Pancakes, gekochte Eier usw. Außerdem habe ich weiterhin morgens und mittags nach der Arbeit und nach Bedarf gestillt.

Ich habe heute einen absolut kompetenten Esser (21 Monate alt), der sehr selbstständig essen kann und grundsätzlich alles probiert. In der Kita bekomme ich immer wieder die Rückmeldung, dass er ein sehr guter Esser ist und im Vergleich zu den anderen Kindern nur wenig Hilfe braucht.

Er hat erst relativ spät die ersten Zähne bekommen, hat aber schon vorher fleißig alles mögliche probiert - auch Fleisch und Fisch.

Er hat sich nie großartig verschluckt, er kaut alles, was er in den Mund nimmt - sogar Nüsse sind überhaupt kein Problem, obwohl die genau deswegen für Kinder unter 3 nicht empfohlen werden. Aber er liebt Erdnüsse absolut.

Sogar Dinge, die viele Kinder ablehnen (Rosenkohl, Blumenkohl, Champignons, Essen mit Chili oder Knoblauch, ...) werden bei uns gerne gegessen.

Klar gibt es Dinge, die er nicht mag - Spinat zum Beispiel. Das biete ich zwar immer wieder an, aber zwinge ihn nicht dazu, es zu essen.

Zu der Sache mit den Mangelerscheinungen: ehrlich gesagt erscheint mir das hanebüchen. Denn am Anfang gibts ja nur Gemüsebrei. Wenn man Erwachsenen statt dem gewohnten Mittagessen gedünstete Karotten hinstellt, geht das definitiv als Diätessen durch. Der Nährstoffgehalt ist jedenfalls in den Breis, die ja schon komplett durcherhitzt wurden, nicht so prall.

Menschenbabys haben die allermeiste Zeit überlebt ohne pürierte Gemüsebreis, wieso sollte das jetzt auf einmal nicht mehr gelten?

Wenn du dich mit dem Breifüttern wohlfühlst, dann kannst du es aber freilich beibehalten. Bei Gelegenheit kannst du ja auch mal Fingerfood anbieten, gekochte Kartoffeln zum Beispiel, und sehen, was passiert.

Jede Mutter findet für sich den Weg, der funktioniert. Wenn es für deine Freundinnen BLW ist, dann fein. Wenn es für dich was anderes ist, auch fein. Und natürlich sind auch Mischwege völlig in Ordnung.


verreisterNutzer  09.03.2022, 21:31

Vielen, vielen Dank für deine tolle, hilfreiche und detaillierte Antwort! Ich bin noch jung und mit dem ersten Baby möchte man natürlich nichts falsch machen (auch wenn es keine perfekten Mütter gibt). Ich lasse mich dabei dann natürlich auch schnell mal verunsichern und unter Druck setzen. Ich werde mich mal ausführlich über BLW informieren. Dankeschön!!!

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verreisterNutzer  09.03.2022, 21:33

Und jetzt wo ich gerade so antworte, hast du zufällig ein Tipp wie ich meiner kleinen Früchte näher bringen kann? Sie lehnt alles ab was mit Früchten zu tun hat. Ich möchte sie natürlich auch zu nichts zwingen. Habe schon gefühlt jeden Trick versucht den man hierbei wohl nehmen kann. Mir wurde auch empfohlen Schmelzflocken mit pürierten Früchten zu probieren. Hast du damit Erfahrung?

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Elli113  09.03.2022, 21:53
@verreisterNutzer

Vielleicht war das richtige noch nicht dabei?

Stress dich nicht, die Kleine ist doch erst sechs Monate alt.

Wenn du magst, biete ihr mal Banane an. Also nicht püriert, sondern am Stück. Mango oder Avocado kam hier auch gut an, in Sticks geschnitten, die Baby gut packen kann.

Einfach nur anbieten, und wenn sie nicht will, dann halt nicht. Dann bietest du es eben nächste Woche wieder an.

Ganz allgemein: lass dich nicht verunsichern. Jede Mutter will nur das Beste für ihr Kind, egal wie alt sie ist. Und ist genauso verunsichert.

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verreisterNutzer  09.03.2022, 23:49
@Elli113

Danke! Banane verträgt meine kleine leider nicht aber ich werde es mal mit Mango und Avocado probieren! :)

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Elli113  10.03.2022, 11:14
@verreisterNutzer

Genau, probiers einfach mal. Falls du Inspiration brauchst, kann ich dir den Insta-Kanal "@breifreibaby" sehr empfehlen. Dort wird auch informiert über Nahrungsmittel, die du gut geben kannst und welche, die eher gemieden werden sollten.

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Man muss nicht jeden Trend mitmachen.

Dein Baby ist erst 6 Monate alt und noch ein richtiges Baby.

Bald kann es alleine sitzen fängt an zu krabbeln und bewegt sich immer mehr je älter es wird.

Deswegen brauchst du dir um Übergewicht sicher keine Sorgen zu machen.


Elli113  09.03.2022, 18:34

Lesenswert vielleicht, leider aber bemerkenswert schlecht recherchiert.

Zum Beispiel wird zwar aus der "Studie der Universität Glasgow" zitiert, aber falsch.

Denn diese Studie kommt NICHT zu dem Ergebnis, dass BLW generell zu "Mangelerscheinungen führen könnte", sondern dass es wahrscheinlich für die meisten Babys eine geeignete Ernährungsmöglichkeit ist, aber dass möglicherweise Babys, die in ihrer Entwicklung verzögert sind, Mangelerscheinungen bekommen könnten.

Zitat: Baby-led weaning is probably feasible for amajority of infants, but could lead to nutritional problems for infants who are relatively developmentally delayed

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/pdf/10.1111/j.1740-8709.2010.00274.x

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