Bezieht sich “Deutsch”-sein auf die ethnische oder auf die bürgerliche Identität?

1 Antwort

Der Begriff "diutisc" (aus dem sich "deutsch" entwickelte) wurde ursprünglich nicht als nationalstaatlichen Identität betrachtet, sondern als "zur Volkssprache dazugehörig".

Bestärkt durch die Reformen von Karl dem Großen, welcher neben Latein als Kirchen- und Verwaltungssprache auch versuchte, eine möglichst einheitliche, germanische Volkssprache stärker zu integrieren.

Daraus entwickelte sich später die Unterscheidung zwischen romanischer und germanischer Sprache. Das ist auch der Grund, weswegen man noch später vom "Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen" spricht.

Deutscher zu sein bedeutet also definitionsgemäß, "eine" deutsche Sprache zu sprechen und damit Teil der deutschen Sprachfamilie zu sein. Oder anders gesagt: kein Römer zu sein.

Die deutsche Nation ist erstmalig 1871 entstanden - also gerade mal erst ca. 150 Jahre alt - und wurde im Grunde durch die Eroberung der baltischen Pruzzen erzwungen. Man spricht deshalb auch von einer "Reichsgründung von oben", also nicht durch einen Volkswillen, sondern durch Willkür einer (militärischen) Obrigkeit.

Daher ist es vollkommen banal, von einer deutschen Zugehörigkeit auf Grundlage einer Historie oder Blutlinie zu argumentieren. Deutscher ist, wer sich dazu entscheidet deutscher zu sein.