Bewertung Buddhismus?

10 Antworten

Ich bin ordinierter Soto-Zen-Buddhist.

Meiner Meinung nach gibt es viele Missverständnisse über den Buddhismus und seine Konzepte, wie etwa das Karma. Außerdem wird er nach meiner Einschätzung häufig immer noch zu idealisiert und unkritisch gesehen.

Schattenseiten

Auch in buddhistischen Gemeinschaften gibt es Fälle von Machtmissbrauch und Lehrer, die Drogenprobleme haben, sexuellen Missbrauch begehen, psychische Abhängigkeiten ausnutzen oder ihre Anhängerschaft finanziell ausbeuten.

Das ist natürlich nicht die Regel, aber ich persönlich betone diese Dinge - und den Umstand, dass z.B. ein Lehrer, der sich fremdenfeindlich, homophob oder islamfeindlich geäußert hat, sogar juristisch gegen Kritik im Internet vorgeht.

Verständnisprobleme

Häufig werden christliche Konzepte wie "Seele", "Sünde" und "göttliche Vergebung" einfach auf den Buddhismus übertragen. Dabei gibt es keiner dieser Vorstellungen im Buddhismus. Das führt manchmal zu seltsamen Konstellationen.

Ein Christ kann z.B. bei einem moralischen Fehler seinen Herrn um Vergebung der Sünden bitten, so dass eine spätere Strafe abgewendet wird.

Im Buddhismus gibt es diese göttliche Gnade nicht und man trägt die Verantwortung zu 100%, kann also den Konsequenzen der Handlung nicht entgehen.

Auch ist "Karma" kein "unabwendbares Schicksal" und es hat auch nichts mit moralischer Bewertung und Belohnung "schlechter" oder "guter" Taten zu tun.

Wer also einfach einen Begriff wie "Schicksal" oder "ausgleichende Gerechtigkeit" durch "Karma" ersetzt, geht zumindest am buddhistischen Verständnis vorbei.

Sonstiges

Natürlich bin ich persönlich sehr zufrieden mit dem Buddhismus, sonst hätte ich mich nicht mehrere Jahre durch Lehrer schulen und schließlich ordinieren lassen. Aber das bedeutet nicht, dass es die "einzig wahre" Lehre ist, oder alle Buddhisten edelmütig.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist

Neben den diversen neopaganen Glaubensrichtungen (Asatru, Kemetismus, Druidentum, Wicca usw.) eine der sympathischsten Religionen. Buddhisten missionieren i.d.R. nicht, sie drohen Andersgläubigen nicht mit "ewiger Verdammnis", sie treten nicht so dogmatisch auf wie etwa "Christen" oder "Muslime"...

Da mache ich als nicht-"religiöser" Atheist durchaus Unterschiede.

Von der Grundlehre ist sie für mich noch die sympathischste Religion (Weltanschaung) von allen.

Leider liest man auch hier immer wieder von Gewaltbereitschaft und Kindsmissbrauch wie bei den anderen Religionen.

Mittlerweilen stehe ich allen Religionen negativ gegenüber. In dem Moment, wo sie etwas Macht bekommen, wird diese Macht missbraucht. Sie stiften auf der Welt Unfrieden, drohen den Menschen mit jüngstem Gericht, Hölle Teufel und Dämonen um sie zu unterdrücken und abzuzocken.

Respektiere alle Religionen. An sich sind die Mitglieder einer Religion sowas wie Lernende. Einfach in verschiedenen Schulen. Das ist ok. Irgendwie sind wir ja alle Lernende, auf die eine oder andere Weise.

Ich bewerte den Buddhismus mit 9 von 10 möglichen Punkten. 10 Punkte gäbe es, wenn ich den Begriff nicht automatisch auch mit Richtungen des Buddhismus in Verbindung bringen würde, mit denen ich selbst nicht ganz so viel anfangen kann.

mfg