Bekommt man das Abi heute geschenkt?

Es machen mehr Schüler*innen Abitur als früher, die Abiturientenquote steigt, ja. Geschenkt wird es diesen jungen Menschen aber keineswegs, eher im Gegenteil.

Diejenigen, die sich früher mit einer guten mittleren Reife zufriedengegeben und damit auch problemlos einen Ausbildungsplatz bekommen hätten, quälen sich heute dann doch noch bis zum Abi. Das ist meiner Ansicht nach das Gegenteil von "geschenkt"...

Und auch "früher" (ich bin Abijahrgang 2003) war das Bestehen ja jetzt nicht sooo die große Hürde. Durch das Kurssystem und das "Sammeln" der Notenpunkte musste man sich doch auch schon damals regelrecht anstrengen, um nicht genug Punkte in den zwei Jahren zu sammeln, um irgendwie auf die 4,0 bzw. 3,nochwas zu kommen. Die eigentlichen Prüfungen am Ende haben da doch nur bei den Wenigsten noch übers Bestehen entschieden. Und selbst die, wo das so war, sind dann ja doch irgendwie mit ihrer 3,7 oder so am Ende durchgekommen...

Also, eine auffällig sowie sehr stark außergewöhnliche Leistung ist der höchste bzw. höhere (deutsche) Schulabschluss, sprich ein Abitur bzw. Fachabitur heutzutage „leider“ eigentlich nicht unbedingt…

Dennoch bin ich persönlich mehr als überzeugt, dass selbst „heutzutage“ KEIN Mensch auf dieser Welt irgendeinen Schulabschluss ansatzweise geschenkt oder gar hinterhergeworfen bekommt.

Selbstverständlich gibt es somit auch eher sehr viele äußerst ehrgeizige und zusätzlich sehr fleißige Menschen mit einem tollen „Durchhaltevermögen“ sowie Arbeitshaltung, welche trotz ihrer aktiven Bemühung um möglichst gute schulische Leistungen den allermeisten Anforderungen des Abi-Schulstoffes zumindest aufgrund einer angeborenen schweren Konzentrationsstörung, Lernbehinderungen unter Anderem bisher einfach nicht (ausreichend) gerecht werden konnten oder können würden.

Darüber hinaus lernte ich mal in der Vergangenheit ein paar auf den ersten Blick nicht gerade „doofe“ Leute (mit einer teilweise recht schweren Lernschwäche jedoch) kennen, welche bereits mit einem einfachen Haupt- oder gar „Förderschulabschluss“ an sich mehr als nur super zufrieden sein konnten bzw. könnten.

Bekäme man es geschenkt, müsste man nicht zuvor 12 Jahre die Schule besuchen. Wenn es ums Finanzielle geht, dann ist es gewiss geschenkt, abgesehen von einigen Anschaffungen.

Ich habe den Eindruck, dass gute Noten zunehmend öfter vergeben werden. Es ist ja schön und gut, dass heutzutage jeder spielend eine Zwei bekommen kann, aber dann verfehlen Noten ihren Zweck, insofern sie Universitäten oder Betrieben anzeigen sollen, welcher Bewerber sich wirklich von der Masse abhebt.

In die Abiturnoten fließen auch die Noten der mündlichen Mitarbeit ein und da haben die Schulen meiner Meinung nach zu viel Spielraum. Es ist als Schule natürlich verlockend gute Noten zu vergeben um Eltern zufrieden zu stellen und viele neue Schulbewerbungen zu erhalten, aber das ist auf lange Zeit etwa so, als würde man versuchen die Bevölkerung reicher zu machen, indem man einfach mehr Geld druckt.

Das hängt natürlich vom Bundesland ab. In Bayern ist das Abitur nach wie vor anspruchsvoll. Es gibt allerdings einige Bundesländer, die sehr großzügig bei der Vergabe von guten Noten sind. Das zeigt sich dann leider bei manchen Studienanfängern, die den Anforderungen eines Hochschulstudiums trotz guter Abiturnoten nicht gewachsen sind.