Autismus in der Bewerbung angeben?

7 Antworten

In der schriftlichen Bewerbung würde ich das nicht erwähnen. Eine Ausnahme könnte man vielleicht noch machen, wenn ein "Grad der Behinderung" bereits festgestellt wurde UND es sich um Stellen im öffentlichen Dienst handelt. Dann sollte es aber reichen, den GdB anzugeben, ohne die Ursache direkt dazu zu nennen.

Ob du es bereits im Bewerbungsgespräch erzählst oder erst, wenn der Vertrag unterschrieben ist, hängt davon ab, inwiefern dein Verhalten ohne diese Information auf andere Menschen "komisch" wirken kann. Befrag dazu Menschen, die dir nahestehen und von der Diagnose wissen, wie sie dich wahrnehmen würden, wenn sie nichts von dem Autismus wüssten! Je nach deren Antwort kannst du dann entscheiden, ob du es erwähnst und somit dein Verhalten nachvollziehbarer für andere machst oder ob du es nicht erwähnst, um keine unnützen Sorgen beim potentiellen Arbeitgeber zu wecken.

Also wir haben bei mir auch eine Verdachtsdiagnose auf Autismus. Zusätzlich habe ich eine schwere neurologische Behinderung durch eine im Jugendalter aufgetretende Gehirnerkrankung (dadurch u.a. extremste Gedächtnisprobleme). Meine Erfahrungen: Gebe niemals eine Behinderung an. Ich hatte es einige Jahre richtig getestet:

Im ersten Jahr habe ich (immer top 1er Noten, diverse freiwillige Praktika, 0 Fehlstunden...) in einem Satz auf meine Behinderung hingewiesen, welche mich im beruflichen Alltag aber nicht weiter einschränkt (noch nicht einmal namentlich erwähnt was ich genau habe). Ich bewarb mich oft auf Stellen, wo angegeben war das Menschen mit Behinderung bevorzugt genommen werden. Resultat:

0 Rückmeldungen-alles waren sogar zu feige um mir richtig abzusagen. Sie meldeten sich einfach nicht zurück.

Im nächsten Jahr bewarb ich mich BEI DEN GLEICHEN Unternehmen mit den GLEICHEN UNTERLAGEN (Zeugnisnoten waren gleich geblieben). Einziger Unterschied: Ich nutzte auch das gleiche Anschreiben, nahm den Satz mit dem Hinweis auf die Behinderung aber raus.

Resultat: In fast 80 % kam ich jeweils bis in die Endrunden der Bewerbungsverfahren. Lediglich ein Unternehmen sagte mir ab, allerdings auch nur weil die Bewerbungsprozesse schon zu weit waren.

Ich empfehle Dir deshalb solche Themen dringend wenn dann nur persönlich vor Ort zu sprechen. Ansonsten schreckt das in erster Linie nur ab.

Alles Gute wünscht Dir

Sasnrw (26 Jahre, w)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
C22510 
Fragesteller
 12.09.2021, 20:51

Oha, krass. Vielen Dank für den Erfahrungsbericht :) hat mir sehr geholfen. Und es kann auch sicher nicht zu Problemen führen, wenn man es nicht angibt?

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sasnrw  12.09.2021, 21:00
@C22510

Das ist halt die Frage, in wie weit es Dich im Alltag einschränkt. Laut Rechtslage heißt es, dass Du nichts angeben musst, was auf eine Behinderung schließen lässt-aus Diskriminierungsgründen. Ich selber habe wie schon erwähnt durch eine Gehirnerkrankung extremste (!) Probleme mit dem Gedächtnis, habe u.a. alles vor der Erkrankung aus meinem Leben vergessen (Erkrankung im Alter von 12 Jahren) und bis heute Probleme z.B. Texte zu lesen. Trotzdem habe ich es nach den erwähnten Erfahrungen nie angegeben. So muss man nur Behinderungen angeben, wenn sie dich massiv bei der Arbeit einschränken/beeinträchtigen. Sollte je ein Arbeitgeber was sagen, kann ich so sagen, dass ich bisher nie in dem Rahmen so beeinträchtigt gewesen bin, als dass dies notwendig gewesen wäre zu erwähnen. Was soll ein Arbeitgeber denn dann dagegen tun/sagen können?

Meine Erfahrungen beziehen sich im übrigen auf Stellen in der freien Wirtschaft UND im öffentlichen Dienst.

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Ich würde das in einer Bewerbung auch nicht angeben, wenn im Bewerbungsgespräch danach gefragt wird ist das was anderes.

Woher ich das weiß:Hobby – Des Öfteren Umgang damit

Also ich mache es seit dem ich es konkret weiß dass ich ein Autist bin, also nicht durch "Selbstdiagnose" sondern durch eine fachärztliche, ganz einfach deswegen, weil sich dadurch auch Lücken im Lebenslauf usw. erklären lassen können, wenn man dadurch Probleme hatte seine berufliche Karriere zu starten, was bei mir der Fall war. Dazu bin ich auch noch sehr spät diagnostiziert worden, da meine Form von Autismus lange Zeit nicht erkannt worden ist.

Es geht mir nicht darum eine Ausrede für jegliches Unglück im Leben zu haben, aber manche Schwierigkeiten lassen sich dadurch besser erklären. Außerdem weiß das Unternehmen dann auf was man bei der Person achten muss. Da man als Autist diverse Stärken und Schwächen hat, also auch für die jeweilige Firma, kann es sein, dass sie auch gezielt Leute einstellen, die Autisten sind. Kommt eben auf die Bedürfnisse des Unternehmens an.

Autisten sind natürlich nicht alle gleich, sie sind verschiedene Individuen wie alle anderen. Aber wie gesagt, sie haben eben bestimmte Stärken und Schwächen. Ich bspw. mache gerne "trockene Arbeiten" über lange Zeit konzentriert und hab auch ein paar "Spezialinteressen". Außerdem möchte ich nicht in einem Unternehmen arbeiten, dass quasi auf GAR NICHTS Rücksicht nimmt, sondern nur an kapitalistischer Gewinnmaximierung interessiert ist. Mag für manche Personen vielleicht für Spinnerei klingen, aber so sehe ich das eben.

du solltest deinen arzt fragen, in welchem beruf das eine rolle spielen würde. mir fällt da kein beruf ein, wo es eine entsprechende vorschrift gäbe.

erkrankungen muss man dem arbeitgeber nicht mitteilen. selbst wenn man einen GdB hat, muss man den nicht angeben.